zum Hauptinhalt
Das Asylbewerberheim nach der Tat. In einem der Zimmer wurde eine Matratze angesteckt, in einem anderen ein Vorhang. Die Feuerwehr verhinderte damals, dass es zu größeren Sachschäden kam.

© Andreas Klaer

Prozess um Brand in Asylbewerberheim in Beelitz: Auf der Flucht vor sich selbst?

Wer steckt hinter der Brandstiftung des Asylbewerberheims in Beelitz Heilstätten? Eine Zeugin belastet den Angeklagten, der aber bestreitet die Tat. Allerdings nicht besonders überzeugend.

Potsdam / Beelitz - Während die Brandstifter von Tröglitz (Sachsen-Anhalt) noch gesucht werden, muss sich Jan L. derzeit vor dem Potsdamer Amtsgericht verantworten. Dem 30-Jährigen wird vorgeworfen, in der Silvesternacht 2012/2013 ein leerstehendes Erntehelferlager in Beelitz-Heilstätten angesteckt zu haben, in dem Asylbewerber untergebracht werden sollten. Er bestreitet die Tat, gibt dabei aber kein ausgesprochen überzeugendes Bild ab. Vor allem gibt es mit Manuela K.* eine Zeugin, die ihn schwer belastet. Am Donnerstag will das Schöffengericht die Zeugenvernehmung abschließen und ein Urteil verkünden.

Jan. L.* war in jener Nacht Gast einer Silvesterparty. Manuela K. erzählte, wie er getönt habe: Niemand wolle das neue Asylbewerberheim, aber einer müsse ja mal aktiv werden. Tatsächlich hatten sich einige Anwohner damals über die Pläne, die kurzfristig bekannt gemacht wurden, aufgeregt und an den Landrat und den Heimbesitzer, Spargelbauer Jürgen Jakobs geschrieben. Es gab Hausversammlungen und Unterschriftensammlungen.

Der Angeklagte sei über ein Fenster ins Heim gelangt, dann brannte es

Manuela K. erzählte, wie die angeheiterte Partygesellschaft nach Mitternacht auf den Wäscheplatz gegangen war, um ein paar Raketen zu starten. Da habe sie Jan. L in ein Fenster des nahe gelegenen Heimes einsteigen sehen, kurz darauf habe das Gebäude gebrannt. Zum Glück konnte die blitzschnell eintreffende Feuerwehr den Sachschaden auf etwa 25 000 Euro begrenzen, Josef Jakobs will zumindest einen Teil der Summe im Verfahren einklagen. Die 40 Asylbewerber konnten nach dem Hausumbau trotzdem im Frühjahr 2013 einziehen.

Manuela K. war der junge Tatverdächtige, der im Sommer zuvor mit ihrem Freund mehrfach zu Angelausflügen aufgebrochen war, immer unsympathisch gewesen – auch weil er schon mal im Gefängnis war. Die Tagesmutter war eine der wenigen Zeugen, die einen souveränen Eindruck hinterließen. Andere Partygäste hatten sich schon bei den Vernehmungen vergaloppiert, es laufen einige Verfahren wegen Strafvereitlung. Um sich nicht selbst zu belasten, verweigerten gestern mehrere Zeugen die Aussage. Die damalige Freundin von Jan L., die nach dem Brand völlig verweint gewesen sein soll, wurde gar nicht erst geladen.

Jan L. war monatelang untergetaucht

Der Verdacht war seinerzeit schnell auf den vielfach Vorbestraften gefallen, gegen den Bewährungsstrafen liefen und der offenbar schon vor Silvester gegenüber Bekannten von der Möglichkeit eines Brandanschlags gewettert hatte. Nach einer Hausdurchsuchung bei seiner Freundin in Falkensee, wo er lebte, und der Vernehmung war er untergetaucht, die Staatsanwaltschaft ließ den schlanken kurzhaarigen Mann mit prägnantem Gesichtspiercing monatelang per Haftbefehl suchen. Erst letzten Sommer war er zufällig bei einem Verkehrsunfall aufgegriffen worden und wurde inhaftiert.

Bei der Verhandlung am Dienstag schwärmte Jan L. fast von den Haftbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten im Gefängnis, die ihm bislang verwehrt geblieben seien. Auf dem Arbeitsmarkt habe er bislang wenig Erfolg gehabt, zumal er bei jeder Bewerbung sein Führungszeugnis vorlegen müsse. Zum Ärger, den es wegen Punkten in Flensburg und Führerscheinsperren gegeben hat, wollte er sich nicht weiter einlassen.

Vom Vorwurf der Brandstiftung total überrascht

Vom Vorwurf, Silvester das Heim in Beelitz-Heilstätten angezündet zu haben, sei er total überrascht gewesen, sagte Jan. L.. Gegen Ausländer habe er nichts, alle gemeinsam würden wir auf dieser schönen Erde leben. Während der Tatzeit habe er allein in der Küche seiner Gastgeber gesessen, versicherte L.. Und auf der Flucht sei er nach der Vernehmung doch nur vor sich selbst gewesen.

Brandstiftern drohen Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Doch lässt sich der Tatvorgang zweifelsfrei belegen? Die fremdenfeindliche Haltung von Jan. L. wurde zumindest aus dessen Umfeld bestätigt, wie eine Staatsschutzbeamtin sagte. Eine Fußspur, die der Staatsschutz auf einer Matratze an einem unverriegelten Fenster gefunden hatte, könnte von Jan L. gewesen sein, wie es seitens der Kriminaltechnik hieß. Fingerabdrücke vom Fenster wurden nicht genommen, der Grund konnte bei der Verhandlung nicht recht erhellt werden. Was es mit dem gelben Feuerzeug, dass am Tatort gefunden wurde, auf sich hat, wurde auch nicht abschließend geklärt, DNA-Spuren wurden nicht gesichert.

Brandgutachter Hans-Gustav Creydt immerhin ist sich sicher, dass es sich um Brandstiftung handelt, und bedauerte am Dienstag, dass Jan L. die Tat nicht gesteht. Bei einer Begehung am 9. Januar habe er den Tatort vorgefunden, wie er von der Feuerwehr verlassen wurde. In einem der Räume, interpretierte er die Spuren, wurde die Matratze eines Doppelstockbettes angesteckt. Darüber hatte es den Putz von der Wand gesprengt, ein Fenster zerplatzte wegen der Hitze und eine Tür wurde beschädigt. Dass auch in einem zweiten der 24 Zimmer versucht wurde, das Haus anzustecken, sei ein klares Indiz für Mutwilligkeit, so Creydt. Der brennende Vorhang dort ging allerdings von selbst wieder aus. Unklar blieb Creydt, wieso in einem dritten Zimmer – offenbar schon während des Feuerwehreinsatzes – eine Silvesterrakete umhergeflogen war.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false