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Kultur: Zwischenraum

Marilyn Green in der Naumann-Stiftung

Die Friedrich-Naumann-Stiftung engagiert sich seit vielen Jahren nicht nur im Bereich politischer Aufklärung, sondern auch kulturell. Seit der Neubau neben dem Truman-Haus in Babelsberg mit dem lichtdurchfluteten gläsernen Treppenhaus erstrahlt, gibt es dort immer mal wieder die Möglichkeit, künstlerische Produktionen zu bestaunen. Eine Richtung ist nicht auszumachen, das Haus scheint offen für alle Spielarten bildnerischer Kunst. So waren im November letzten Jahres Arbeiten von Comic-Zeichnern zu sehen, darunter auch sehr viele des jüngst verstorbenen Manfred Bofinger, die einen gänzlich anderen Charme versprühten als die nun dort hängenden Werke der ehemaligen Friedrich-Naumann-Stipendiatin Marilyn Green.

Die in Berlin wohnende Malerin und Innenarchitektin wurde in den 80er Jahren von der Stiftung gefördert. Unterschiedlich in Format und Wirkung sind ihre Arbeiten, die zunächst aber alle gleich abstrakt anmuten. Vertikale Linien durchziehen die zum Teil trübfarbigen Bilder, denen man eine Chance geben muss, um mit ihnen in einen Dialog zu treten. Sie sind nicht auf den ersten Blick gefällig, nicht auf den ersten Blick deutbar. Grün- und Brauntöne, dunkel gefärbtes Rot und einmalig auch helles Gelb fordern eine gewisse Geduld des Betrachters. Lässt man sich aber darauf ein, dann erhält der Titel der Ausstellung durchaus Sinn: „The Space between“ („Zwischenräume“) hat die in England geborene Künstlerin ihre Schau genannt, und tatsächlich, zwischen den begrenzenden, Düsternis assoziierenden Linien und Flächen entsteht bei der Betrachtung ein Raum, der wiederum eine Möglichkeit der Freiheit offenbart: So könnte es sein, dass bei „abstrakte Landschaft“ ein Wald erscheint, in den man eintreten könnte, dass die Begrenzungen aufgehoben werden, wenn man „In der Ferne“ das Licht erblickt, dass bei „Im Licht“ sogar noch mehr der positiven Weite aufscheint und bei „Licht ins Dunkle“ wenigstens ein Fünkchen Hoffnung keimt.

Titel wie „der Mythos“ lassen erahnen, in welchen geistigen Gefilden sich die Malerin, die Acryl auf Papier oder die Leinwand bringt, aufhält. Es ist eine doppelte Bewegung, die man bei ihr vernimmt: die Verschlossenheit, die Selbstbezogenheit der Schwere seelischer Vorgänge wird von dem Versuch, den Tiefen Leichtigkeit entgegenzusetzen, den selbst beschränkten Raum zu entgrenzen und in verbauten Flächen dennoch Fluchtpunkte zu entdecken, konterkariert. „The Space between“, das Titel gebende Gemälde verdeutlicht diesen Zwiespalt: Da donnern kaskadengleich blaue, braune und graue Linien von einem imaginären Raum, dessen Höhe gleichzeitig verängstigt, aber durch das Liniengewimmel hindurch entsteht ein Weg, ein fragiles geometrisches Etwas, das eine mögliche Klarheit andeutet und in grünen Strichen eventuell sogar eine Realisierung erfährt. Insgesamt fügen sich die Bilder in ihrer aufwärts strebenden Linienhaftigkeit sinnfällig in das nach oben deutende, Offenheit, Licht und die zurzeit so sehr vermisste Aufklärung symbolisierende Foyer der Stiftung ein. Diese fördert übrigens, wie Christian Pückler erklärte, weiterhin Künstler und er warb ausdrücklich um Bewerbungen von Studierenden der Bildenden Künste und der Architektur.

Lore Bardens

Lore Bardens

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