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Mehr als nur Mahnung. Armandos Bronzeskulptur „Der Krieger“ bezieht sich zwar auf den Krieg, lässt aber mehrere Bedeutungsebenen zu.

©  Andreas Klaer

Kultur: Voller Schmerz

Mit „Der Krieger“ von Armando steht ein weiteres Kunstwerk auf Potsdams Skulpturenpfad

Von Sarah Kugler

Grobschlächtig, grotesk, sperrig. Auf den ersten Blick wirkt die Bronzeskulptur „Der Krieger“ vom niederländischen Künstler Armando einfach nur abstoßend. Blickt man jedoch genauer hin, übt sie einen Sog aus, dem man sich nur schwer entziehen kann. Pulsierend, fast lebendig wirkt die grob gehaltene Oberflächenstruktur, sodass es schwerfällt, den Blick abzuwenden. Zu groß wäre die Gefahr, das zu verpassen, was jeden Moment aus ihr herauszubrechen scheint.

Am gestrigen Donnerstag wurde „Der Krieger“ offiziell als Teil des Potsdamer „Walk of Modern Art“ in der Schiffbauergasse auf der Grünfläche vor dem VW Design Center enthüllt. Der Potsdamer Skulpturenpfad für zeitgenössische Art führt an der Havel entlang und soll die die beiden Kulturquartiere Alter Markt und Schiffbauergasse verbinden. Bereits im Sommer 2013 wurden in diesem Rahmen zwei Stahlskulpturen der Bildhauer Jörg Plickat und Rudolf Valenta aufgestellt. Ziel ist es, den Kulturpfad jährlich um eine Skulptur zu erweitern. Insgesamt 13 Stationen sollen so entstehen, wobei die Schiffbauergasse den Ausgangspunkt darstellt.

Somit ist der Betrachter gleich zu Beginn gezwungen, sich auf eine eher unangenehme Reise in die Geschichte einzulassen. Vielleicht sogar eine Reise in das innere Selbst, denn Armandos Skulptur hat nicht den Anspruch, allein Historie darzustellen, wie Jutta Götzmann, Direktorin des Potsdam Museums und Vorsitzende des Beirats Kunst im öffentlichen Raum, am Donnerstag sagte. Vielmehr öffne sie mehrere Bedeutungsebenen und ermögliche dem Betrachter, jeweils seine eigene Folie aufzulegen. Trotzdem liegt die Assoziation mit Gewalt und Krieg natürlich nahe. Denn mit seinem verrenkten Hals, dem wie zum Schrei geöffneten Mund und den roten Farbspritzern erinnert die Skulptur sofort an einen verwundeten Soldaten, wie auch schon im Namen impliziert. Zudem setzt sich Armando nach eigener Aussage intensiv mit dem Zweiten Weltkrieg und der Zeit des Nationalsozialismus auseinander. Der Künstler, 1929 in Amsterdam geboren, studierte Kunstgeschichte und Philosophie und war Mitbegründer der Niederländischen Informellen Gruppe sowie der Gruppe „nul“. Der inzwischen in Potsdam lebende Armando arbeitet sowohl als Maler und Bildhauer als auch als Musiker und Schriftsteller. Sogar als Zauberer sei er ab und an unterwegs gewesen, wie Monique Ruhe, Leiterin der Abteilung Kultur und Kommunikation in der Botschaft des Königreichs der Niederlande, verriet. Wie sie sagte, habe Armando mit „Der Krieger“ eine Skulptur geschaffen, die dafür sorge, dass man sich selbst an einem schönen Ort der Erholung – wie der Schiffbauergasse – damit auseinandersetze, wie sehr der Krieg auf der Welt immer noch präsent ist. Armando selbst lässt den Interpretationsspielraum um seinen Krieger offen. „Ich kann nur sagen, dass er Schmerzen hat“, so der Künstler.

Schmerzen strahlt die Figur tatsächlich übermäßig aus. Ihre grotesk verzerrte Haltung und die nur schemenhaft angedeuteten menschlichen Züge, die weder männlich noch weiblich sind, drücken unermessliches Leid aus. Es staut sich unter der Oberfläche, brodelt darunter und versucht, sich nach außen zu drücken. Auch wenn die Statik der Skulptur das verhindert, schafft der Schmerz es trotzdem, auszubrechen und sich auf den Betrachter zu übertragen. Bei aller Faszination aber bleibt sie verstörend und abstoßend, hinterlässt sie beim Betrachter einen tiefen Eindruck, der sich nicht so leicht abschütteln lässt.Sarah Kugler

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