zum Hauptinhalt

Kultur: Streifzug durch die Stadtkunst

„Potsdamer Kunstszene“ ist der Titel einer neuen Ausstellungsserie in der Sperl Galerie

„Potsdamer Kunstszene“ ist der Titel einer neuen Ausstellungsserie in der Sperl Galerie Sie kannten sich nur flüchtig. Am Tag des offenen Ateliers ist der Galerist den Arbeiten von Susanne Ramolla dann zum ersten Mal richtig begegnet. Bei seinem Besuch in der Werkstatt der Potsdamer Künstlerin hat er ihre filigranen Strukturbilder dann für sich entdeckt, in der sie in enormer Feinstarbeit Striche und Formen durcheinanderpurzeln lässt. Besonders angesprochen hat ihn ein Bild, bei dem die Feinzeichnerin ihre Arbeitsweise bis zum Äußersten getrieben hat: Auf einem Großformat fügte sie unzählbar viele rote Kugelschreiberstriche zu einem wehenden Kornfeld zusammen. In tiefem Rot auf weißem Grund, der durch die Halme hindurchschimmert. Das zieht den Blick auf sich. Unglaublich! Man mag sich kaum vorstellen, wie viele Minen Ramolla für „Feldein, feldaus“ leer gemalt, wie viele Tage, Wochen sie daran gearbeitet hat. Bei seinem Rundgang durch die Potsdamer Kunstwelt stieß Rainer Sperl auch in anderen Ateliers auf Kunst, die ihn ansprach – und die er gerne in seinen Räumen zeigen wollte. So kam er auf die Idee, eine neue Ausstellungsreihe zu konzipieren, die, anders als bisher, nicht seine nationalen und internationalen Stamm- Künstler präsentiert, Arno C. Schmetjen, Matthias Körner oder Hans Hendrik Grimmling. Sondern eben Künstler aus der Stadt. Unter dem Titel „Die Potsdamer Kunstszene“ will Sperl nun renommierten Namen, die aber bisher noch an keine Galerie in Potsdam gebunden sind, einmal im Jahr die Gelegenheit geben, ihre Arbeiten zu zeigen. In der Schau Nummer 1, die heute eröffnet wird, zeigt er Werke der beiden mit dem Förderpreis des Landes ausgezeichneten Künstlerinnen Olga Maslo (Malerei) und Susanne Ramolla (Zeichnungen). Er präsentiert Bilder von Rayk Goetze, einem Maler der Leipziger Schule, der sich in Potsdam spätestens mit der Schau „Eyland“ in der Orangerie des Neuen Gartens einen Namen gemacht hat. Und Skulpturen von dem in der Stadt oft gezeigten Chris Hinze. Seit Sperl 1991 seine Galerie eröffnete, verfolgt er das Kunstleben in der Stadt. „Seit der Wende hat sich viel getan“, sagt er. Eine Reihe früher unbekannter DDR-Künstler habe endlich einen eigenen Stil gefunden: „Sie gehen ihren Weg.“ Bei dem inzwischen reichen Angebot an Kunst sieht er gute Chancen, die Ausstellungsreihe quasi „unendlich lang“ fortzusetzen. Den Anspruch, die Potsdamer Kunstszene zu repräsentieren, erhebt er indes keineswegs. Er wählt vielmehr das aus, was ihm gefällt, ohne dabei Juror sein zu wollen, der allgemein gültig bewertet. Auch soll die Schau frischen Wind in sein Haus bringen, das sich bisher auf Malerei und Skulpturen konzentriert hat. Mit der Serie ist Sperl jetzt auch für Graphik, Installationen und Fotografie offen. In der ersten Schau finden sich spannenderweise eher untypische Arbeiten der gezeigten Künstler. Ramollas Kugelschreiberbilder zum Beispiel sind eine neue Richtung, die in der Kunstwelt einzigartig sein dürfte. Auch für die Künstlerin, die bisher mit Naturmaterialien experimentiert, gemalt und gezeichnet hat. Neben ihrem roten Großformat zeigt Sperl kleinere „Feldforschungen“, Strohballen, vom Wind verwehtes Halme. Aus dem Repertoire der Goetze-Bilder hat der Galerist Arbeiten ausgewählt, die sich in der Farbigkeit vom Gros seiner Werke unterscheiden. Goetze hat seine ästhetischen wie athletischen Frauen- und Männerkörper in Orangegelb, Weiß und Schwarz auf die Leinwand gestrichen. Chris Hinze steuert zur Ausstellung Skulpturen bei, die ihre Besonderheit erst auf den zweiten Blick erkennen lassen. Der Künstler hat in Holz gefertigte Figuren in Bronze gegossen, so dass die Oberfläche keine glänzende Glätte aufweist, sondern die raue, kantige Maserung einer Holzarbeit. Von Olga Maslo sind ungewöhnlich ruhig wirkende Werke zu sehen. Die Farben sind weniger aufgewühlt, wärmer, heller. Sie spielt mit Wörtern, skizzenhafter Figürlichkeit und weißen nutzlosen, weil bodenlosen Vogelkäfigen. Die Ausstellung ist ein spannender, auch weil ungewöhnlicher Spiegel der Potsdamer Kunstwelt. Marion Hartig

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false