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Das Kama Orchestra ist am Samstag an der Reihe.

© Joachim Gessinger

Jazzfestival in der fabrik Potsdam: Sounds aus der Zukunft

Inspiration durch Star Trek: Die diesjährige Jazzoffensive hat sich bewusst weiblich und international aufgestellt.

Potsdam - Hat Jazz etwas mit der Zukunft zu tun? Allgemein leidet Jazz ja ähnlich wie Klassik an dem Vorurteil, eine verstaubte Musikrichtung für ein überaltertes Publikum zu sein. Pianist Nicolas Schulze sieht das natürlich anders: „Für mich ist Jazz immer etwas, was nach vorne geht und sich weiterentwickelt“, so der Leiter des Potsdamer Jazz Labs. 

Gleichzeitig sei er sich bewusst, dass Jazz nicht so divers und progressiv ist, wie man manchmal denkt: „Wenn man sich die Besetzungen auf Jazzfestivals ansieht, stehen da hauptsächlich Männer auf der Bühne“, so Schulze. Nach wie vor seien Musikerinnen im Jazz unterrepräsentiert und noch mehr gelte dies für Musikerinnen mit Migrationshintergrund.

Weiblich, divers und weltbürgerlich

„Jazzoffensive goes future“ lautet daher das Motto des diesjährigen Jazzfestivals, das am Freitag (26.8.) und Samstag (27.8.) in der Schiffbauergasse stattfindet: Die Veranstaltung, die gemeinsam von Schulze und Musikagentin Constanze Schliebs organisiert wird, soll eine positive Zukunftsvision vermitteln: Weiblich, divers und weltbürgerlich. Die Musiker:innen der insgesamt sechs Bands kommen unter anderem aus Norwegen, dem Iran, den USA, Indien und Deutschland, der Frauenanteil liegt bei knapp 40 Prozent.

Wie von der Jazzoffensive gewohnt, verharrt auch der Sound nicht in alten Strukturen: „Noise-Jazz-Spokenword“ umschreibt das genreübergreifende Kollektiv Anarchist Republic Of Bzzz seinen Sound, das am Freitag in der fabrik auftritt. Das US-amerikanisch-französische Trio kultviert die stilistische Staatenlosigkeit, irgendwo in den Grenzgebieten von Hip Hop, Elektronik, No Wave, Punk und Jazz. Ebenfalls am Freitag spielt der experimentierfreudige Blues-Gitarrist Jean-Paul Bourelly, der nicht nur von der haitianischen Community der South Side von Chicago geprägt ist, sondern auch vom Gitarrensound eines Jimi Hendrix.

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Zu den bekanntesten Namen am Freitag gehört der norwegische Gitarrist Stian Westerhus von Jaga Jazzist, der zusammen mit der ebenfalls aus Norwegen stammenden Sängerin und visuellen Künstlerin Maja Ratkje die Räume zwischen Neuer Musik, Electro, Noise und Jazz ausloten wird.

Kama Orchestra aus Potsdam spielt zum Abschluss

Am Samstag startet mit Paul Brody‘s Sadawi eine Kollaboration des New Yorker Trompeters Brody mit Musiker:innen aus Berlin: Jüdische Kultur mischt sich hier mit Free Jazz und Punk. Ebenfalls Richtung Weltmusik geht das Projekt Soniq, in dem Musiker:innen aus Indien, dem Iran und Deutschland gemeinsam die Schnittstellen ihrer jeweiligen Musikkulturen miteinander verknüpfen. Den Abschluss am Samstag bildet das Kama Orchestra aus Potsdam: Über ein Dutzend Musiker:innen aller Altersstufen an Trompeten, Posaunen und Saxophonen, die mittels Big Band-Instrumentariums Dubstep spielen – „Groove Brass“ nennt Orchesterleiter und Saxophonist Kai Mader diesen überaus tanzbaren Sound.

Experimentierfreudig und bunt besetzt – seinem Motto „… goes future“ wird die Jazzoffensive durchaus gerecht. Die Idee dazu kam von einer allseits bekannten Science-Fiction-Serie: „Eigentlich sollte es zuerst ‚Jazzoffensive goes Star Trek‘ heißen“, sagt Schulze. Er und Constanze Schliebs waren fasziniert von der fortschrittlichen Gesellschaft aus Star Trek, in der Menschen aller Nationen und Geschlechter friedlich zusammenarbeiten. „Das ist eine total inspirierende Utopie“, so Schulze.

Am Ende musste das Festival dann aber doch auf „… goes future“ umsatteln: „Die Rechte für den Namen ‚Star Trek‘ waren absolut nicht zu bekommen“, sagt Schulze. Auch auf das Star-Trek-Emblem musste man verzichten. Dafür ziert nun ein – urheberrechtlich unproblematisches – Raumschiff die Plakate der Jazzoffensive.

Jazzoffensive in der fabrik Potsdam: 26. und 27. August, 19.30 Uhr bis 23 Uhr. Tagesticket: 30 Euro (ermäßigt 15 Euro). Ticket für beide Tage: 45 Euro (ermäßigt 25 Euro).

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