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Die Ausstellung im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ geht noch bis zum 25. Juni.

© Andreas Klaer

Rotkäppchen auf ironische Art: Frauenkollektiv „Krume 1“ stellt im „Güldenen Arm“ aus

Die Ausstellung lese Märchen gegen den Strich, so Potsdamer Kulturmanagerin Katja Dietrich-Kröck. Zu sehen sind Fotografien und Ölbilder, aber auch Assemblagen.

Von Richard Rabensaat

Fotografien, Ölbilder, Assemblagen: Dicht an dicht hängen Werke zwischen gut sichtbaren Konstruktionsbalken an weiß gekalkten Wänden, in die wegen Denkmalschutzes kein Nagel geschlagen werden darf. Und dicht an dicht stehen auch die zahlreichen Besucher am Sonntag Im Güldenen Arm. Nadine Conrad, Florentine Joop, Elisabeth Dishur und Anna Bauer, das Frauenkollektiv mit dem Namen „Krume“, hat dem Museumshaus zur Vernissage ihrer Ausstellung „Krume 1+1“ ein volles Haus beschert.

Eine derart vielfältige und abwechslungsreiche Ausstellung habe ich hier noch nicht gesehen.

Hinrich Enderlein, Vorsitzender des Brandenburgischen Kulturbundes e.V.

„Eine derart vielfältige und abwechslungsreiche Ausstellung habe ich hier noch nicht gesehen“, schwärmt Hinrich Enderlein, der Vorsitzende des Brandenburgischen Kulturbundes e.V., Trägerverein des Hauses, bei der Begrüßung. Und: „Frauen sind in der Kunstwelt, in den Museen und Galerien immer noch unterrepräsentiert, auch wenn sich einiges gebessert hat“, stellt die Potsdamer Kulturmanagerin Katja Dietrich-Kröck fest.

Nach der Begrüßung erklingt ein Lied von Eric Fish und Johanna Kris, die sich dann aber schnell wieder verabschieden. Erst am Abend setzt Fish, Sänger der legendären Mittelalterrockgruppe Subway to Sally, seine Gesangseinlage fort.

Tiefblau spannt sich der Himmel auf der Leinwand von Nadine Conrad. Ränder einer Wolke glänzen golden, von einer unsichtbaren Sonne erleuchtet. „Ja, da sind schon Anklänge an Caspar David Friedrich zu finden“, gesteht die Künstlerin. Gerne sinne sie über die melancholische Bilderwelt des Romantikers nach. Menschenleere Landschaften, nebelverhangene Wälder, vorbeiziehende Wolken lassen auch auf Conrads Bildern eine wehmütige Stimmung aufkommen.

Die Ausstellung im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ geht noch bis zum 25. Juni.

© Andreas Klaer

Hochschwanger hat es sich die Künstlerin dennoch nicht nehmen lassen, die Ausstellung mit ihren Gefährtinnen zu eröffnen. Im Café Matschke hängen derzeit ebenfalls Bilder der 40-jährigen Künstlerin, die nach einem Multimediastudium seit 20 Jahren selbständig in Potsdam tätig ist.

Gleich neben den Wolken von Conrad finden sich zwei Bilder von Florentine Joop. Unbekleidete Frauenfiguren, mit leichter Hand lasierend auf die Leinwand gebracht, schauen dem Betrachter mit ambivalentem Blick entgegen. „So weiss wie rot wie schwarz“ lautet der Titel des mit Öl gemalten Bildes, der sich am Märchen vom Rotkäppchen orientiert. Ungeschützt und entkleidet steht die Dargestellte vor Bäumen und einem Hintergrund, dessen Farbigkeit irgendwo zwischen softem Pink und aggressivem Rot laviert.

Eine ambivalente Stimmung zwischen Sinnlichkeit, märchenhaftem Narrativ und poetisch Assoziiertem entsteht auf den Bildern von Joop. Aus Erzählungen entsprungen und dann doch ins Heute gerückt sind Figuren der Künstlerin, die auch als Illustratorin und mit der Bearbeitung und Vermittlung von Märchen an Schulen aktiv ist. Die Ausstellung lese Märchen gegen den Strich und eröffne „neue, absolut aktuelle Blickwinkel auf vermeintlich Altbekanntes“, erklärt Dietrich-Kröck, „neue Erzählebenen werden eröffnet durch die Dechiffrierung von Rätseln, die Umdeutung von Symbolik oder Fragmentierungen“. 

Die Künstlerinnen Elisabeth Dishut, Florentine Joop, Anna Bauer, Nadine Conrad (v.l.)

© Manfred Thomas Tsp/MANFRED THOMAS TSP

„Der süsse Brei“, „Der Fremde“ sind Titel der Assemblagen von Elisabeth Dishur. Geschickt arrangiert sie in kleinteiligen Setzkästen ausgeschnittene Papierfiguren, Klötzchen und Geometrien und erschafft so eine poetische Welt im Miniformat. „Boys in the woods“, so der Titel der Fotoserie von Anna Bauer, klingt zwar auch märchenhaft, entstammt aber der ganz realen Welt. Die Fotografin hat lange in New York gelebt, die Bilderserie aber zumeist in Deutschland aufgenommen. In eher dunklen Räumen, mit kontraststarker Beleuchtung entstehen stimmungsstarke Porträts.

Schon mehrfach hat das Frauenkollektiv „Krume“ ausgestellt. Hergeleitet von Ackerkrume vermittelt die Bezeichnung eine Bodenständigkeit, die sich auch in den Werken wiederfindet. Geheimnisse zeigen sich im mit geschickter Hand Dargestellten und Arrangierten und müssen nicht mittels verquastem Überbau herbeifantasiert werden.

In bäuerlicher Arbeitskleidung präsentieren sich die Künstlerinnen auf Porträtfotos. „Natürlich ist das provokativ gemeint“, gesteht Florentine Joop. Die beteiligten Künstlerinnen seien, wie nicht unüblich in der Kreativszene, auf zweifache Weise gefordert: beruflich und als Mutter. Denn immer noch liege der Schwerpunkt von Kindererziehung und Haushalt meist bei der Frau, die so doch wieder klischeehaft zur Hausfrau und Mutter würden. Diese Sichtweise habe man mit den Porträtfotos auf die Spitze treiben wollen. Das sei gelungen. Gelegentlich werde bei der Rezeption der Werke gemutmaßt, dass es sich bei dem Frauenkollektiv um bereits historische Künstlerinnen handele.

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