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Kultur: Reisen ins Jenseits

Zehn HFF-Filme über das Leben mit dem Tod

„Die Auseinandersetzung mit dem Sterben ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Wie wir mit Schwerkranken, Sterbenden, Toten umgehen, das können Filme widerspiegeln“, sagt der Filmemacher Jörg Buttgereit in „Sterben wie im Kino“. Dieser Film ist einer von zehn an der Babelsberger Filmhochschule (HFF) entstandenen Kurzfilme, die unter dem Titel „Augen auf: Augen zu – Zehn kurze Filme über das Sterben“ im Rahmen der ARD-Themenwoche „Leben mit dem Tod“ für den RBB entstanden sind. Wer wollte, konnte am Mittwochabend bereits vor der am 17. November beginnenden Ausstrahlung sowohl die HFF-Filme als auch die ebenfalls dafür entstandene 45-minütige Reportage „Reisen ins Jenseits“ vorab im Aktuellen Potsdamer Filmgespräch sehen.

Beinahe kaleidoskopisch spiegeln die zehn Kurzfilme, die von Studenten aller Studienjahre und sämtlicher Studiengänge von Regie, Drehbuch über Animation, Filmmusik, Ton bis zu Produktion gestaltet wurden, Leben, Sterben und Tod: Zehn grundverschiedene Geschichten, die unterschiedlicher nicht erzählt sein könnten. So zeichnet „Tanze!“ in der Regie von Aline Fischer und Maurice Wilkerling ein liebe- und humorvolles Bild eines alten Paares, das nach dem Tod des jeweiligen Partners beim Tanztee zusammengekommen ist: Das Weiterleben nach dem schweren Verlust scheint nicht nur möglich, sondern wünschenswert. Der Film „Augen zu“ von Samo befragt Kinder verschiedenen Alters nach ihren Vorstellungen über Sterben und Tod und setzt diese in Animationen um, die an Kinderzeichnungen erinnern. In „Zeva Adom“ (Alarmstufe Rot) von Daniel Carsenty erzählt der Regisseur die Erfahrung seines Filmteams, das 2011 in Israel während des Drehs für einen Kurzfilm unter Raketenbeschuss gerät. „Zeva Adom“ macht spürbar, wie die existenzielle Bedrohung Gewissheiten des Alltags in kürzester Zeit vernichtet und zutiefst verunsicherte Individuen hinterlässt.

Einen stillen, beobachtenden Film legt Menno Döring mit „26 Stunden Vietnam“ vor. Menno Döring zeigt christliche und buddhistische Trauer- und Beerdigungsrituale – aber auch eine Frau aus einer christlichen Glaubensgemeinschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, abgetriebene Föten zu bestatten. Auch „Reisen ins Jenseits“ von Barbara Etz, Marcus Lenz und Andreas Voigt beschäftigt sich mit Sterbe-, Trauer- und Beisetzungsritualen fremder Kulturen. Die Reportage findet nicht nur all’ ihre Protagonisten im Schmelztiegel Berlin, sondern auch unvermutete Orte, an denen diese Rituale praktiziert werden: ein buddhistisches Kloster und eine Pagode, in der die Laienbuddhistin und Ärztin Frau Do betet; die Markthalle, in der Mario Vazquez sein mexikanisches Totenfest zelebriert oder die Halle, die die ghanaischen Trauerbegleiter Victor und Isaac für die vielen Gäste von Gladys gemietet haben, einem Mitglied der afrikanischen Community, dessen Mutter verstorben ist.

Dieser Blick auf das Fremde vermochte zu trösten: Denn wenn sich Frau Do mit aller Aufmerksamkeit einer sterbenden Frau widmet oder mehrere Hundert Afrikaner Gladys in ihrem Schmerz beistehen, keimt Hoffnung, dass die Furcht vor dem Ende doch wenigstens zu mildern ist. Gabriele Zellmann

„Reise ins Jenseits“ am 20. November um 21 Uhr im RBB; „Augen auf: Augen zu – Zehn kurze Filme über das Sterben“ der HFF am 20. November um 23 Uhr im RBB

Gabriele Zellmann

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