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Murillo Basso vor der Installation in der Bibliothek.

© Andreas Klaer,PNN,Tsp / Andreas Klaer

Made in Potsdam & Sao Paulo : Ein Duo ertanzt sich die Bibliothek

„Here we are“ ist der Titel einer Videoskulptur von Anita Twaroska und Murillo Basso im Foyer der SLB. Sie kommentieren die technoide, digitale Welt.

Von Alicia Rust

Eine Hand, die sanft eine andere berührt. Ein Körper, der sein Gegenüber streift. Eine Kamerafahrt über Arme, Beine, Rücken. Geschlossene Augen. Details von menschlichen Körpern, von denen man nicht weiß, wo genau sie anfangen oder enden. Die Bilder und Sequenzen sind derzeit auf sieben Monitoren im Foyer der Stadt- und Landesbibliothek, Am Kanal 47, in Endlosschleife zu sehen. Sie strahlen Ruhe aus. Sie zeigen Nähe. Nähe zwischen Mann und Frau.

„Here we are“ heißt die Videoskulptur. Sie stammt von der Performancekünstlerin Anita Twaroska, die in Polen geboren wurde und in Potsdam lebt, und dem brasilianischen Tänzer, Choreografen und Schauspieler Murillo Basso. Die Installation ist der krönende Abschluss einer vielschichtigen Trilogie. 2018 hatte alles mit dem Bühnenstück „For The Two Of Us / For Us All“ in der fabrik begonnen. 2020 folgte die Performance „Let Us Stay“. Die Idee zu „Here we are“ entstand während der Pandemiezeit, wie der 32-jährige Murillo Basso im Rahmen des Aufbaus erzählt. Als man nur noch virtuell miteinander in Kontakt treten konnte.

Symbol für eine technoide Welt

Gemeinsam mit einem multidisziplinären Team haben Anita Twaroska und Murillo Basso zwei Formate für ihre Arbeit gefunden: die Kunstinstallation im Foyer und eine Live-Tanzperformance, die dort stattfinden wird. Konkret geht es in beidem um die Erinnerung und Aufzeichnung der persönlichen und künstlerischen Begegnung zwischen den beiden. Und um die Frage: Wie unterscheiden sich echte Begegnungen von virtuellen in einer zunehmend digitalisierten Welt? Was hebt tatsächliche Berührungen vom Grundrauschen der Anonymität ab?

Der Ort der Performance in der Potsdamer Bibliothek.

© Andreas Klaer

„Es geht um zwischenmenschliche Begegnungen als übergeordnetes Thema“, sagt Basso. 2017 ist er mit seiner Tanzpartnerin erstmals in der fabrik als Duo aufgetreten. Seit 2018 arbeiten sie fortlaufend zusammen. Einen Namen für ihr kleines Ensemble haben sie noch nicht.

Die Installation wurde in der Stadt- und Landesbibliothek während des laufenden Betriebs angefertigt. Die Performance ist als Schnittstelle von Tanz und visueller Kunst gedacht. In dem multidisziplinären Team befindet sich auch das Video-Künstlerduo avk4, wie das Kryptonym des Tüftlerduos Oskar Loeser und Clemens Kowalski heißt. Abgerundet durch die Ton- und Klangwelt des Sounddesigners Nicolas Schulze.

Während der Performance zur Soundcollage werden wir uns durch die gesamte Bibliothek bewegen.

Murillo Basso, Tänzer, Choreograf und Schauspieler.

Im Kontrast zu den Videoaufnahmen von geschmeidigen Bewegungen steht der kantige Rahmen, in den sie eingebettet sind: Die Installation mit sieben Monitoren, die die Ausschnitte aus einer Performance von Basso und Twaroska zeigen. Die fließenden Bewegungen werden durch die scharfen Ecken und Kanten der Dreiecke konterkariert, die wie Puzzleteile zu einer Skulptur zusammengefügt wurden. Manche Teile sind aus schwarzem Karton gefertigt, andere Dreiecke bestehen aus weißem Pergamentpapier, das semitransparent die selbst gezimmerten Rahmen aus Kantholz überspannt. Ein Symbol für eine technoide Welt.

Virtuelle Begegnungen bleiben meist vage

„Wir finden es spannend, dass so etwas Ungewöhnliches wie Sound-, Tanz und Videokunst in Kooperation mit der fabrik inmitten unserer Räumlichkeiten und bei laufendem Betrieb passiert!“, freut sich Sybille Weber von der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam. Die Bibliothek als „Ort des Wissens“ wurde bewusst von den Künstlern für das interdisziplinäre Projekt ausgesucht.

Und was dürfen die Zuschauer von der Uraufführung erwarten? „Während der Performance werden wir uns durch die gesamte Bibliothek bewegen“, sagt Basso. Dabei wolle das Künstlerduo die verschiedenen Ebenen behutsam betreten. Ertanzen. Bewegungen als Versuch, körperliche Schichten hinzuzufügen. Ein Kontrast zu den vielen virtuellen Begegnungen unserer Zeit, die doch meist recht vage bleiben. Selbst wenn zahlreiche Besucher zur Uraufführung in den Potsdamer Büchertempel strömen sollten, dürfte dennoch jeder einen Blick auf die Performance Made in Potsdam & Sao Paulo erhaschen. Was bleibt, ist dann – im besten Falle – der Eindruck einer sehr persönlichen Begegnung.

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