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Potsdam: Klage-Welle gegen Hartz-IV-Bescheide ebbt ab

Jobcenter gibt weniger Geld für Gerichtsverfahren aus. Zahl der Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher sinkt

Das Potsdamer Jobcenter hat 2017 deutlich weniger öffentliche Gelder für Gerichtsverfahren gegen Hartz-IV-Empfänger aufwenden müssen. Das hat die Behörde jetzt auf PNN-Anfrage bekannt gegeben. Zahlte die Behörde in dem Bereich im Jahr 2016 noch 457 000 Euro, waren es ein Jahr später nur noch knapp 364 000 Euro – ein Rückgang um 20 Prozent.

Den Trend begründete Behördensprecherin Isabel Wolling mit einem allgemeinen Rückgang der verlorenen Widersprüche und Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide und anderen Entscheidungen des Jobcenters. Zudem habe sich die Rechtsprechung der Gerichte zuletzt eher zu Gunsten der Behörde entwickelt.

So geht auch die Klagewelle von Hartz-IV-Empfängern gegen das Jobcenter weiter zurück, auch weil aus Sicht der Behörde die Bescheide weniger fehlerhaft sind. Aktuell sind 850 Verfahren bei Sozialgerichten anhängig, vor einem Jahr waren es 50 mehr. Dabei verliert das Jobcenter noch rund die Hälfte der Klagen ganz oder teilweise, die Quote liegt aktuell bei 54,3 Prozent. Und von rund 2300 einfachen Widersprüchen seien im vergangenen Jahr rund 30 Prozent als teilweise oder vollständig begründet anerkannt worden. Zugleich sagte Wolling, sei die Zahl der Widersprüche in den vergangenen Jahren leicht gesunken. Durch stetige Schulungsmaßnahmen versuche man, die Qualifikation der Mitarbeiter zu steigern und die Fehlerhäufigkeit zu vermindern.

Weniger Sanktionen - auch wegen positiver Arbeitsmarktentwicklung in Potsdam

Strafanzeigen wegen Sozialbetrugs hat das Jobcenter in 30 Fällen gestellt: Das sind elf Fälle mehr als 2016 und drei Anzeigen mehr als 2015. Angesichts der hohen Zahl von Jobcenter-Kunden seien diese Werte aber nicht auffällig, sagte Wolling. Das Potsdamer Jobcenter sei nicht „in besonderem Maße von organisiertem Leistungsmissbrauch betroffen“.

Insgesamt ist das Jobcenter – Stand Dezember 2017 – für 13 765 Hartz-IV-Bezieher in Potsdam zuständig, rund 200 weniger als ein Jahr zuvor. Auch dadurch kommt es, dass das Jobcenter inzwischen wieder weniger Sanktionen gegen aus Behördensicht offenbar arbeitsunwillige Hartz-IV-Empfänger ausspricht. So sind laut einer vorläufigen Statistik von September 2016 bis August 2017 knapp 2200 Strafen verhängt worden – im Vorjahreszeitraum waren es noch rund 400 mehr. Auch von 2015 zu 2016 waren die Zahlen schon leicht rückläufig. Zuvor hatte das Jobcenter hingegen seit 2011 von Jahr zu Jahr jeweils mehr Strafen gegen Hartz-IV-Bezieher vermeldet. Der Grund sei der positive Arbeitsmarkt in Potsdam, dadurch seien weniger Sanktionen nötig, hieß es aus der Behörde.

Die mit Abstand meisten Strafen hat es einmal mehr für Meldeversäumnisse gegeben, wenn Jobcenter-Kunden ohne triftigen Grund nicht zum Treffen mit dem Arbeitsvermittler kamen. Bis August 2015 zählte das Jobcenter rund 1800 solcher Fälle – im Vergleich zum Vorjahr 300 weniger. Etwa gleichbleibend waren die Zahlen bei Verweigerungen der Aufnahme einer Arbeit, Ausbildung oder die Teilnahme an Fördermaßnahmen. Bis August verhängte das Jobcenter dazu knapp 240 Sanktionen.

Jobcenter bekommt die Note "voll befriedigend"

Für die Betroffenen – es geht im Schnitt um knapp vier Prozent der arbeitslosen Hartz-IV-Bezieher – hat das Konsequenzen: Im Schnitt sei die Leistung bei einer Sanktion um 100 Euro pro Person gekürzt worden. Die Betroffenen wehren sich gegen solche Maßnahmen relativ selten. 2017 gab es lediglich 126 Widersprüche, 12 weniger als im Jahr zuvor. Erfolg mit ihrem Einspruch hatten die angezählten Hartz-IV-Bezieher in 49 Fällen, das entspricht rund 39 Prozent. Unter den von Sanktionen betroffenen Leistungsbeziehern liege der Anteil der Unter-25-Jährigen mit rund sechs Prozent überdurchschnittlich hoch, hieß es weiter. Sprecherin Wolling sagte, bei Sanktionen habe das Jobcenter gesetzlich keinerlei Ermessensspielraum.

Etwa gleichbleibend haben sich die Zufriedenheitswerte der Nutzer mit der Arbeit der Hartz-IV-Behörde entwickelt. 2017 lag dieser Wert, den das Jobcenter mit Hilfe von Befragungen ermittelt, bei der Schulnote 3+ – also ein gutes „befriedigend“. Ähnlich waren die Werte in den Vorjahren. Auch Gewaltausbrüche, die anderswo schon für Schlagzeilen gesorgt haben, sind in Potsdam nicht verzeichnet worden. Insgesamt sei dreimal der Einsatz der Polizei erforderlich gewesen, sagte Behördensprecherin Wolling. Jedoch habe zumindest kein Kunde aggressiv randaliert, hieß es.

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