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Potsdam im Grünen: Potsdam-Panoptikum zeigt vergessene Stadtansichten

Von Garde-Jägern, einem biblischen Teich und längst verschwundenen Häusern: Der Potsdamer Grafiker Peter Rogge hat auch für 2018 wieder einen Potsdam-Kalender mit historischen Fotos gestaltet.

Potsdam - Dieses Foto war Peter Rogge zunächst ein komplettes Rätsel. Bei Ebay hatte er die historische Fotografie gefunden. Ein Engel ist darauf zu sehen, der mitten in einem Waldstück unter einem Baldachin steht. Daneben sitzt auf einer steinernen Bank ein Herr, fein gekleidet, mit Hut und weißem Hemdkragen.

Als Rogge das Foto zum ersten Mal sah, da wusste er nicht, wo diese Aufnahme entstanden war. Unter dem Bild fand sich lediglich die folgende Beschriftung: „Carl Schatzmann, vorm. Herm. Selle, Hofphotogr. Potsdam, York. Str. 4“. Rogge überlegte: Könnte das irgendwo im Park Babelsberg sein? Oder im Schlosspark Glienicke? Schließlich fragte er Potsdam-Kenner, von denen er hoffte, sie könnten das Geheimnis lüften. Aber zunächst auch da: Fehlanzeige. Niemand wusste, wo es diesen Engel unter dem Baldachin je gegeben haben könnte. Bis sich der Potsdamer Grafikdesigner Peter Rogge an die bei der Schlösserstiftung für Skulpturen zuständige Kustodin Saskia Hüneke wandte. „Ja, den Engel kenne ich“, habe sie ihm gesagt, berichtet Rogge. Das Rätsel war gelöst.

„Potsdam im Grünen“: Spannende Aufnahmen vergessener Kunstwerke 

Das historische Foto zeigt demnach den von Ludwig Ferdinand Hesse gestalteten Quellort der Engelsquelle in den Ravensbergen. Dort ist von Hesses Werk heute zwar nichts mehr zu sehen. Aber in Rogges neuem Potsdam-Kalender für 2018 hat jenes fotografische Zeitzeugnis aus dem Wald hinter der heutigen Waldstadt II Aufnahme gefunden. Die Fotografie ziert das Kalenderblatt für den Monat August. Von wann sie genau stammt, ist nicht klar. Auf die Zeit „um 1900“ hat Rogge die Aufnahme datiert.

Wie schon für seine Potsdam-Kalender der vergangenen Jahre hat der Grafikdesigner auch für sein neues Werk eine thematische Auswahl an historischen Fotos getroffen. Der Reigen der zwölf Monatsbilder und des Titelfotos steht diesmal unter dem Motto „Potsdam im Grünen“. Nicht bei jedem Bild im Kalender drängt sich dieses Motto auf, stehen doch bisweilen die Ansichten von Gebäuden oder Straßenzügen klar im Vordergrund. Aber spannend und bisweilen regelrecht unterhaltsam sind die teils über 100 Jahre alten Aufnahmen allemal.

Die Quelle, die der König bei Spazierfahrten aufsuchte

Und interessant ist freilich auch die jeweilige Geschichte hinter den abgebildeten Motiven. Rogge hat den Kalenderfotos recht umfangreiche Erläuterungen beigestellt. Zu Hesses Gestaltung der Engelsquelle findet sich eine Beschreibung auch in dem von Andreas Kitschke herausgegebenen Band „Ludwig Ferdinand Hesse – Hofarchitekt unter drei preußischen Königen“. Stefan Gehlen, Mitarbeiter der Schlösserstiftung, skizziert darin in einem kurzen Abriss die Historie des Bauwerks. Demnach ist die Quellfassung im Jahre 1846 im Auftrag Friedrich Wilhelms IV. errichtet worden. Der König habe die Quelle bei seinen Spazierfahrten gelegentlich aufgesucht.

Die Anregung zur baulichen Einfassung des kleinen Wasserlaufs sei vom Potsdamer Geografen Berghaus gekommen. Den Forschungen zufolge erhielt Hesse daraufhin die Weisung, ein Bauwerk zu entwerfen, das an den in der Bibel beim Evangelisten Johannes im fünften Kapitel erwähnten Teich Bethesda erinnern sollte. Hesse schuf ein viereckiges Sammelbecken, in das sich das Wasser ergoss. An drei Seiten außen um das Becken herum ließ der Architekt eine steinerne Bank errichten, über der unter einem Baldachin ein Engel wacht.

120 Jahre alte Aufnahme vom Luisenturm auf dem Brauhausberg

Ebenfalls in Rogges Kalender für 2018 enthalten ist eine mehr als 120 Jahre alte Aufnahme, die vom Luisenturm aus entstanden ist, der sich einst auf dem Brauhausberg befand. Benannt wurde das Bauwerk nach Königin Luise, deren Gatte Friedrich Wilhelm III. den Turm 1802/03 in Form einer neogotischen Turmwarte für seine Frau errichten ließ. Die historische Aufnahme aus Rogges Kalender, die hier oben entstand, zeigt ein herrliches Stadtpanorama Potsdams aus dem Jahre 1894. Zentral im Bild: Die Nikolaikirche, davor das Stadtschloss. Weit weniger prominent und deshalb für Potsdam-Liebhaber besonders interessant: Auf dem Foto ist unten links der einstige Schlachthof an der Leipziger Straße zu sehen. Und als besonderes Zeitzeugnis der Industriegeschichte zeigt die Aufnahme auch den ebenfalls nicht mehr vorhandenen halbrunden Lokschuppen nahe der Eisenbahnbrücke über die Havel.

Auf einigen Kalenderblättern hat Rogge – wie schon in den Ausgaben vergangener Jahre – einzelne Bilddetails aus den historischen Aufnahmen stark vergrößert und nachbearbeitet nochmals an den Rand gestellt. So entsteht dann so etwas wie ein Suchbild nach dem Motto: Finde das herangezoomte Detail im Originalfoto! Wem offensichtlich inszenierte Aufnahmen von posierenden Soldaten nicht aus prinzipiellen Gründen ein Graus sind, der dürfte seine Freude am Kalenderbild für September haben. Es zeigt Soldaten des Garde-Jäger-Bataillons bei Aufnahmen für ein Erinnerungsalbum am Heiligen See. Das Foto, auf dem im Hintergrund das Marmorpalais zu sehen ist, entstand im Jahre 1913. Über die abgebildete Szenerie der Männer in Uniform, mit Zeltplane, Gewehr, Feldgeschirr, Fahrrad und Hund, sagt Rogge: „Das ist alles Show“ – also extra für den Fotografen in Stellung gebracht. „Man inszeniert sich halt so ein bisschen.“

So wie auch Potsdam eine Inszenierung ist: Hineinkomponiert in eine Landschaft aus sanften Hügeln und viel Wasser. Eben eine Stadt im Grünen.

Der Kalender „Potsdam im Grünen“ für 2018 im Format 32 mal 48 Zentimeter ist in unserem PNN-Shop in der Wilhelm- Galerie (2. OG), Platz der Einheit 14, und in ausgewählten Potsdamer Buchhandlungen für 18,90 Euro erhältlich oder auch unter www.Potsdamkalender.de; dort fallen zusätzlich Versandkosten an.

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