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Potsdam: Hohe Hürden für Behinderte im Sport

Potsdams Behindertenbeauftragter fordert ein Barrierefrei-Internetportal und mehr Angebote der Vereine

Potsdam - Genügend Sportstätten für Menschen mit Behinderung gibt es in Potsdam. Dies ist gesetzlich geregelt: Schulsporthallen müssen behindertengerecht sein. Auch stehen viele Potsdamer Sportvereine der Inklusion von Menschen mit Behinderung positiv gegenüber, wie eine aktuelle Umfrage der Stadt ergeben hat. Dennoch gibt es ein Problem. „Fast 42 Prozent der Potsdamer Vereine bieten kein Angebot für Menschen mit Behinderung an. Viele Vereine haben diese Zielgruppe bisher nicht im Blick“, sagte am Montag Christoph Richter, Potsdams Beauftragter für Menschen mit Behinderung. Bei einer Pressekonferenz stellte Richter die Ergebnisse zweier Umfragen zum Thema Behinderte und Sport vor.

Die Vereine machten den Menschen mit Behinderung wenige Angebote, weil es zu wenig qualifizierte Trainer gebe, so Richter. Die Menschen wollten sich sicher und akzeptiert fühlen, deshalb müsse es „geeignete Trainer geben, die ihnen auf Augenhöhe begegnen“. Besonders problematisch sei zudem das Informationsdefizit. Obwohl 80 Prozent der Menschen mit Behinderung in der Umfrage angegeben hätten, Sport zu treiben, habe nur etwa ein Viertel von ihnen einen Sportverein kontaktiert. „Viele kennen keine Vereine, trauen sich nicht zu fragen“, nannte Richter als Grund. Es fehle eine zentrale Anlaufstelle, einen Wegweiser. „Es muss eine Plattform auf die Beine gestellt werden, die das Angebot gebündelt darstellt“, forderte Richter.

Er stellt sich ein barrierefreies Internet-Portal wie es die Stadt Bremen bietet vor, das verschiedene Aspekte des barrierefreien Lebens vereint. Die Entwicklung einer solchen Plattform brauche jedoch Zeit. Zudem werde eine Ansprechperson benötigt, die Informationen sammeln, Vereine beraten und sensibilisieren kann sowie die Koordination des Sportangebots übernimmt.

Um die Situation im Sport zu verändern, will der Beauftragte für Menschen mit Behinderung ein Netzwerk gründen.

Ein erstes Treffen soll voraussichtlich am 9. Oktober im Potsdam Museum stattfinden. Sportvereine, Selbsthilfeverbände, Förderschulen und Vertreter der Universität Potsdam sind zur Diskussion eingeladen. Er ist zuversichtlich: „Die Ergebnisse der Umfrage bieten eine gute Basis für einen gemeinsamen Weg.“

Die Umfragen zum Potsdamer Sportangebot für Menschen mit Behinderung initiierte die Grünen-Fraktion im Stadtparlament. Sie wurden im Jahr 2017 durchgeführt. Die erste Umfrage richtete sich an Betroffene. Um Kommunikationsbarrieren zu überwinden, wurde die Umfrage, an der 239 Menschen teilnahmen, in einfacher Sprache verfasst. Eine zweite Umfrage ging an die Potsdamer Sportvereine. Von insgesamt 150 Sportvereinen beteiligten sich jedoch nur 60 daran. Aufgrund der geringen Beteiligung seien die Umfragen nicht repräsentativ, zeigten aber einen Handlungsbedarf auf, so Richter. Sport schaffe Gemeinschaft und fördere das Zusammengehörigkeitsgefühl – für Menschen mit Behinderung sei er besonders wichtig, um „das Selbstbewusstsein zu stärken und mehr Akzeptanz in der Gesellschaft zu erleben“, sagte Richter. Er will sich dafür einsetzen, dass behinderte Menschen sich mit finanzieller Unterstützung als Trainer ausbilden lassen können. Zudem soll es für Sportvereine Anreize zur Inklusion geben. Einen Inklusionszwang hält Richter dagegen nicht für sinnvoll: „Man muss sich zusammen an den Tisch setzen.“

Anna Köhler, Sophie Skeisgerski

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