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Ahmet Erol fuhr persönlich Hilfsgüter über die ukrainische Grenze.

© Andreas Klaer

Potsdam hilft der Ukraine: Hilfsgüter abladen bei Fliegeralarm

Etliche Spenden aus Potsdam sind in der Ukraine angekommen, zum Teil auf abenteuerlichem Wege und unter persönlichem Risiko.

Potsdam - Ahmet Erol hat eine anstrengende Woche hinter sich: Zwei Tage lang hatte der Chef einer Potsdamer KfZ-Werkstatt Hilfsgüter für die Ukraine bei sich im Betrieb gesammelt und diese dann am Mittwoch zusammen mit seinem Team in die Ukraine gebracht. „Wir sind am Dienstag in der Nacht losgefahren und waren am Nachmittag an der polnisch-ukrainischen Grenze“, sagt Erol.

Rund 900 Kilometer legten die Potsdamer mit ihrem Sattelschlepper plus Anhänger zurück, doch Erol legte Wert darauf, die Hilfsgüter nicht nur an der Grenze abzuladen: „Ich habe den Potsdamern, die gespendet haben, versprochen: Ich bringe die Sachen persönlich in die Ukraine.“ Er wollte sichergehen, dass die Lieferung auch dort ankomme, wo sie gebraucht würde.

Ausladen unter Zeitdruck

Sechs Stunden musste der Transport an der Grenze warten, für die Potsdamer mussten kurzfristige Einreisedokumente erstellt werden. Gegen 20 Uhr durften sie rüberfahren, vorbei an dem langen Stau auf der Gegenspur. Zuvor hatten sie Kontakt zu einem der Zollbeamten geknüpft, der den Sattelschlepper zu einer Gemeinde führte, die etwa 20 Kilometer von Lwiw entfernt liegt. „Während wir abgeladen haben, gab es in Lwiw Fliegeralarm, aber wir haben gesagt: Wir machen weiter, wenn es herkommt, kommt es sowieso“, sagt Erol. Die Menschen vor Ort seien sehr dankbar gewesen: „Du hast die Freude in den Gesichtern gesehen, es gab nur noch wenig Lebensmittel dort.“

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Das Ausladen musste jedoch sehr schnell gehen, denn ab 22 Uhr gilt in der Ukraine Ausgangssperre: Laut Kriegsrecht wird dann jeder, der noch auf der Straße ist, vom ukrainischen Militär als potenzieller Feind betrachtet. „Wir hatten nur noch etwa eine Viertelstunde, haben es aber geschafft“, sagt Erol. „Allerdings mussten wir dazu mit Tempo 100 fahren.“

Elf Lkw aus Potsdam in der Ukraine angekommen

Auch die wahrscheinlich größte Hilfslieferung ist in den vergangenen Tagen in der Ukraine angekommen: Von der Sammelstelle am Silbergraben in Drewitz waren am Mittwoch elf Lkw ins ukrainische Uschgorod aufgebrochen, das direkt an der slowakischen Grenze liegt. „Ich dachte am Anfang der Woche, dass es nur ein Lkw wird, aber dann waren es elf“, sagt Inna Strütt, die die Aktion mitorganisierte und diese Woche nur wenig Schlaf hatte. „Ich habe drei Tage lang von neun bis 21 Uhr gearbeitet, ich bin komplett fertig.“

Die Fahrer der Lkw sind alle selbst Ukrainer, die zuvor beruflich in Deutschland Waren abgeliefert hatten und nun eigentlich eine Leerfahrt nach Hause gemacht hätten. Obwohl sie wussten, dass sie ihr Land nach der Einreise nicht mehr verlassen dürfen und zum Militär eingezogen werden können, haben sich alle auf den Weg in ihre Heimat gemacht: „Die haben dort alle Familien, Kinder, Häuser“, sagt Strütt.

Erschöpft. Drei Tage lang hatte Inna Strütt von früh bis spät Hilfslieferungen mitorganisiert.
Erschöpft. Drei Tage lang hatte Inna Strütt von früh bis spät Hilfslieferungen mitorganisiert.

© Andreas Klaer

Zu viele Kleiderspenden erschweren die Arbeit der Helfer:innen

Die Hilfsgüter – vor allem Lebensmittel, warme Kleidung und Hygieneartikel – seien gut an der Grenze angekommen und wurden von einer zentralen Sammelstelle aus ins Land verteilt. „Es gibt viele Freiwillige, die mithelfen“, so Strütt, die ursprünglich aus Uschgorod stammt. Die Situation an der Grenze indessen sei schwierig: Über tausend Menschen stünden dort bei Schnee und Kälte und warteten auf die Einreise in die Slowakei. „Der slowakische Zoll ist überfordert“, sagt Strütt.

Eine weitere Lieferung mit Hilfsgütern ist am Donnerstag an der ukrainisch-polnischen Grenze in Przemysl angekommen: Die Arbeiterwohlfahrt Potsdam (AWO) hatte vier Transporter organisiert, zwei davon stammen vom Potsdamer Floßverleih Huckleberrys. „Wir haben die Hilfsgüter gleich ausgeladen, hat alles bestens geklappt“, schrieb ein AWO-Mitarbeiter auf der Facebook-Seite der AWO. In Przemysl sei ein großer alter Tesco-Markt zur zentralen Anlaufstation für Hilfsgüter und Geflüchtete umfunktioniert worden. „Es sind dort sehr viele Helfer, die einen wirklich anstrengenden Job machen“, sagt der AWO-Mitarbeiter.

Allerdings gebe es viel zu viele Kleiderspenden, was die Arbeit vor Ort erschwere. Gebraucht werden vor allem Konserven, haltbare Lebensmittel, Medikamente und medizinisches Material für die Versorgung von Verwundeten. Der Kontakt zur Stadtverwaltung von Przemysl war über den Ukraine-Hilfe Berlin e.V. hergestellt worden.

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