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Potsdam: Geburtstagsgrüße und Geschichten

Zum 1025. Jubiläum gab es für die Stadt eine dicke Torte Rund 4500 Potsdamer genossen am Sonntag die Feier auf dem Alten Markt

Potsdam - Wilhelmine Gräfin von Lichtenau, die berühmte Mätresse des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II., wollte das Stück Geburtstagstorte, das sie in die Hand gedrückt bekommt, nicht als Erste probieren. Der rbb-Moderator Tim Jaeger übernahm am gestrigen Sonntag gerne. „Die Torte schmeckt wirklich ausgezeichnet. Vor allem nicht zu süß“, sagt er noch mit vollem Mund.

Gut 4500 Potsdamer haben am Alten Markt den 1025. Geburtstag der Landeshauptstadt gefeiert. In den Museen am Platz, der Nikolaikirche und dem Landtag Brandenburg gab es kostenlose Führungen. Wer lieber entspannen wollte, konnte das in gepolsterten Sitzecken und unter Sonnenschirmen auf dem Platz. „Das sieht super aus. Das würde ich mir öfter wünschen“, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beim Anblick des Alten Markts von der Bühne aus.

Wie jedes Geburtstagskind hat auch Potsdam eine ordentliche Torte geschenkt bekommen, von der Bäckerei Fahland. „Da ist alles drin, was sich ein Geburtstagskind nur wünscht“, erklärt Wiebke Theuer, Marketingchefin der Bäckerei Fahland, den Tortentraum, der in der hauseigenen Backstube in Babelsberg kreiert wurde. Feinster fluffig-lockerer Wiener Biskuitboden, darauf dicke Schichten aus Buttercreme mit süß-fruchtigem Schoko- und Himbeergeschmack und eine Marzipanhaube. Seit Freitag haben die Konditoren daran gearbeitet, wie Theuer erzählt. Auch das Motto der diesjährigen Feierlichkeiten – „Mitte(n) im Leben – 1000 Jahre und ein Vierteljahrhundert“ durfte obenauf nicht fehlen.

Jakobs hat die Torte gemeinsam mit Kerstin Hoppe (CDU), Bürgermeisterin der Gemeinde Schwielowsee, angeschnitten. Auch der Schwielowseer Ortsteil Geltow feiert in diesem Jahr 1025. Geburtstag, beide Orte wurden erstmals in der gleichen Urkunde erwähnt.

3000 Taler für die Sanssouci-Inschrift 

Jakobs, Theuer und Hoppe mussten die Torte im Akkord schneiden, denn gegen eine kleine Spende konnten alle Festbesucher die Köstlichkeit probieren. Die Einnahmen gehen an den Verein Kultür, der sozial schwächer gestellte Menschen den kostenfreien Besuch in Museen, Konzerten oder anderen Sport- und Kulturveranstaltungen ermöglicht. „Eine ganz schöne Bombe. Aber sehr, sehr lecker“, sagt eine Potsdamerin, die sich ein Stückchen an einem der Tische unter einem aufgespannten Sonnenschirm gönnt.

Beim Essen bekamen die Gäste noch Anekdoten und Einblicke in die Stadtgeschichte: Die Gräfin von Lichtenau flanierte gemeinsam mit dem Oberhofbaumeister Heinrich Ludwig Manger, der unter anderem am Bau des Neuen Palais mitgearbeitet hat, in barockem Outfit über den Alten Markt. „Alleine die Inschrift von Sanssouci kostete damals 3000 Taler“, erzählt Manger, der einst die Baugeschichte Preußens schriftlich verewigte. Umgerechnet wären das heute etwa 300 000 Euro. Im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts sah zudem die Nikolaikirche ganz anders als heute aus, als eine verkleinerte Kopie der Schaufassade von der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom vorgebaut war.

„Was Lebensqualität und Schönheit angeht, haben wir hier doch richtig Glück gehabt“

Sven Till, künstlerischer Leiter der fabrik, bezog sich in seinen Geburtstagsgrüßen eher auf die jüngere Stadtgeschichte: Er erinnerte an die Zeit, als die fabrik noch im besetzten Haus in der Gutenbergstraße 105 saß, das 1993 von der Polizei geräumt wurde. Danach, vor 25 Jahren, zog das das Zentrum für Tanz und Bewegungskunst in die Schiffbauergasse um. Neben Till gratulierte der Fanfarenzug Potsdam mit einer Videobotschaft und einem Geburtstagsständchen. Der Fanfarenzug feiert selbst in diesem Jahr 55-jähriges Bestehen. Weitere Geburtstagsgrüße kamen unter anderem vom Bildungsforum Potsdam und den Partnerstädten Bonn, Opole und Perugia.

Und was wünscht man dem Geburtstagskind? „Wenn ich mir etwas für Potsdam wünschen würde, dann, dass die jetzige positive Entwicklung noch möglichst lange anhält“, so Jann Jakobs. Zudem hoffe er, dass die erst begonnene Neugestaltung der Potsdamer Mitte weiter mit Nachdruck verfolgt werde. Auch die Potsdamer auf dem Fest wünschen ihrer Stadt nur das Beste, wie etwa Gudrun Zehlker. Klar gebe es in der Stadt auch mal Streitereien und nicht alles sei immer toll. „Aber was die Lebensqualität und Schönheit angeht, haben wir hier doch richtig Glück gehabt.“

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Hintergrund: Termine rund ums Stadtjubiläum

Das ganze Jahr über gibt es zahlreiche Veranstaltungen rund um den Geburtstag von Potsdam. Am 2. September fährt ein Straßenbahnkorso mit historischen Wagen bei dem Fest „111 Jahre Elektrische“ vom Platz der Einheit aus durch Potsdam. Bereits vor 111 Jahren löste die elektrische Straßenbahn die bis dahin eingesetzte Pferdebahn ab. Auf Erkundungstour durch die Geschichte Potsdams geht es bei den extra für den Geburtstag konzipierten Führungen „Unterwegs in Potsdam“. Am 21. Juli führt eine Tour um 15 Uhr durch den Luftschiffhafen, dem einstigen Start- und Landeplatz von Zeppelinen und heutigem Olympia-Stützpunkt. Am gleichen Tag auch um 15 Uhr geht es durch die Potsdamer Mitte – vom Alten Markt entlang der Alten Fahrt hinauf bis in die 17. Etage des Hotel Mercure. Für die Stadtführungen gibt es in den kommenden Monaten noch weitere Termine.

Gefeiert wird in diesem Jahr auch der 25. Geburtstag des Internationalen Theaterfestivals Unidram. Vom 30. Oktober bis 3. November zeigen 15 internationale Ensembles auf verschiedenen Bühnen in der Schiffbauergasse Tanz, Theater, Performances und Musik. Daneben präsentiert eine Ausstellung von Göran Gnaudschun im Kunstraum Fotos von den Theaterinszenierungen der vergangenen Jahre. Am 2. November werden bei „Filmuni meets Filmorchester“ Werke von Studenten der Filmuniversität Konrad Wolf und Filmmusik der vergangenen 25 Jahre auf die Bühne gebracht. Das renommierte Deutsche Filmorchester Babelsberg spielt dazu Live-Interpretationen.

In der bereits laufenden Veranstaltungsreihe „Wegmarken Potsdamer Demokratie“ werden demokratiefördernde Meilensteine von 1808 bis zur Gegenwart in den Fokus gerückt. Am 12. August gibt es dazu um 14 Uhr eine Führung durch die sowjetische Geheimdienststadt „Militärstädtchen Nr. 7“ und am 1. Oktober wird bei der Konferenz „Zukunft aktiv mitgestalten!“ in der Wissenschaftsetage im Bildungsforum Potsdam über Zuwanderung, Integration und Partizipation von Migranten diskutiert. Weitere Infos und alle Veranstaltungen unter www.potsdam.de/1025jahre.

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„Die Urkunde zur Schenkung gibt Rätsel auf“

Am 3. Juli 993 wird Potsdam erstmals erwähnt - in einer Urkunde, laut der ein damals 13-Jähriger die Ortschaften Potsdam und Geltow an eine Äbtissin verschenkt. Doch die Urkunde gibt Historikern Rätsel auf, wie Archivar Klaus Neitmann im PNN-Interview erklärt.

Sarah Stoffers

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