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PNN-Serie "Das neue Potsdam": Bertiniweg: Villenvielfalt am Bertiniweg

Oberhalb der Villa Jacobs ist ein modernes Villenviertel entstanden. Der Stilmix ist beachtlich. Und einer sticht besonders hervor.

Von Katharina Wiechers

Potsdam wächst rasant, überall in der Stadt schießen neue Wohnviertel empor. Doch wie lebt es sich dort eigentlich? Die PNN besuchen die Quartiere und stellen sie in der Serie „Das neue Potsdam“ vor. 

Heute: Der Bertiniweg

Innenstadt - Für Liebhaber moderner Architektur dürfte es ein interessanter Spaziergang sein, die Runde durch die neue Villensiedlung am Bertiniweg. Denn in den vergangenen Jahren sind hier zahlreiche Häuser verschiedenster Stilrichtungen entstanden: Bauhausartige Blöcke mit Fenstern bis zum Boden stehen hier neben mediterranen Villen samt Patio und Pool, dazwischen die wenigen aus DDR-Zeiten übrig gebliebenen Häuschen und mittendrin ein Holzgebäude, das es 2015 zu einiger Berühmtheit brachte. Doch dazu später mehr.

Streng genommen sind es drei Straßen, die das moderne Villenviertel umfassen: Das östliche Ende der Fritz-von-der-Lancken-Straße, die Eichbergstraße und eben der Bertiniweg, der kurz vor der von Schauspielerin Nadja Uhl bewohnten Villa Gutmann aus dem 18. Jahrhundert zur Bertinistraße wird. Fritz von der Lancken, Namensgeber der Straße, die an der Bundesstraße 2 beginnt, durch die Roten Kasernen führt und später zum Bertiniweg wird, war ein Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. In der heutigen Gregor-Mendel-Straße leitete er ein Internat für Jungen aus Adels- und Gutsbesitzerfamilien in der Villa Rohn, die auch als Ort konspirativer Treffen und als Versteck für den Sprengstoff diente, den Graf von Stauffenberg beim Hitler-Attentat verwendete. Noch älter ist die Geschichte von Bertiniweg beziehungsweise -straße. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts führte entlang des Jungfernsees ein Weg, der die Potsdamer zum Kaffeehaus von Giovanni Alberto Bertini führte, einem Gastronomen aus dem fernen Lucca, dessen Haus auf dem Grundstück der Villa Jacobs stand. Aus dem „Weg nach Bertini“ wurden irgendwann die Bertinistraße und der Bertiniweg.

Wohnviertel für die Reichen und Schönen

Während die Bertinistraße entlang des Ufers schon vor 150 Jahren zum beliebten Wohnort für Menschen aus gehobenen Kreisen wurde und dort elegante Villen entstanden, entwickelt sich der Bereich oberhalb der Villa Jacobs erst jetzt zum Wohnviertel für die Reichen und Schönen. Die Lage zwischen Roten Kasernen und Jungfernsee ist traumhaft: Durch die leichte Erhöhung haben fast alle Häuser Seeblick und durch das viele Grün wirkt es hier richtig ländlich – obwohl zum Beispiel die Alexandrowka gerade einmal eineinhalb Kilometer Luftlinie entfernt ist. Mit dem Auto ist man schnell vorne an der B2 – von der aber kein Lärm zu hören ist.

Überhaupt ist hier wenig zu hören, zumindest an einem Wochentag um die Mittagszeit bei grauem Himmel und minus drei Grad. Nicht ein einziger Mensch ist auf den Straßen unterwegs, weder zu Fuß, noch mit dem Auto. Die Bewohner sind wohl auf der Arbeit, die Kinder in der Schule oder der Kita. Nur einmal ist aus der Ferne eine ältere Dame zu entdecken, die ein Schafsfell am Fenster ausschüttelt, und hinter der Glasfront eines sehr modernen Baus ist ein Herr an einem Schreibtisch zu erkennen. Das war’s an menschlichem Leben – abgesehen von den Männern auf der Baustelle, die fleißig an der nächsten Villa arbeiten.

Nach einer Stunde Spaziergang auf menschenleeren Straßen und entlang der großen Gärten kommt der Gedanke auf, dass Absicht dahinter steckt und größtmögliche Ungestörtheit das Ziel ist. Vielleicht haben deshalb so viele hier die Garage ins Erdgeschoss bauen lassen, damit sie mit dem Auto quasi direkt ins Haus fahren und ungesehen von den Nachbarn ein- und ausgehen können? Und sind die Gärten etwa deshalb so weitläufig, damit der Abstand zum nächsten möglichst groß ist?

Zu DDR-Zeiten habe es hier nur ein paar Wochenendhäuschen gegeben

Der Eindruck täuscht, sagt eine, die hier aufgewachsen ist und deren Eltern bis heute am Bertiniweg leben. Zu DDR-Zeiten habe es hier nur ein paar Wochenendhäuschen gegeben, von denen einige wenige die Wende überlebten. Die überwiegende Mehrheit der heutigen Bewohner sind die neu Zugezogenen – doch das Verhältnis untereinander sei sehr gut. „Die Nachbarn verabreden sich zum Kaffeetrinken, die Kinder spielen zusammen in den Gärten und auf den Straßen. Es ist die Idylle pur“, sagt sie. Dass die Gärten so groß sind, sei extra so von der Stadt festgelegt worden – schließlich sollte der großzügige Charakter der alten Villengegend am Seeufer aufgegriffen werden.

Dass dann ausgerechnet der Potsdamer Baudezernent größer baute als erlaubt und den Abstand zu den beiden Nachbarn damit sichtlich verringerte, gehört zu den absurdesten Potsdamer Possen überhaupt. Doch Matthias Klipp musste dafür teuer bezahlen, der Grünen-Politiker verlor wegen dieser Affäre seinen Posten. Wohnen tut er immer noch hier, in einem Stichweg, der vom eigentlichen Bertiniweg den Hang nach oben führt. Klipps Haus fällt nicht nur wegen des geringen Abstands zu den Nachbarn aus dem Rahmen. Es ist auch das einzige Holzhaus weit und breit, noch dazu sehr schlicht, fast hat es Ähnlichkeit mit einer einfachen Scheune. Immerhin vermittelt es zwischen all dem Beton und Glas eine Spur Gemütlichkeit, passend dazu die Schaukel, die an einem krummen Obstbaum im Garten baumelt und der Sandkasten mit allerlei Buddelzeug. Vor dem Haus stehen Fahrräder – gegenüber ist es ein Porsche.

Große architektonische Vielfalt rund um den Bertiniweg

Ein paar Ecken weiter hat sich jemand offenbar den Traum seines eigenen römischen Palasts verwirklicht: Ein zweiflügeliger Prunkbau mit antik anmutendem Fries unter dem Dach steht hier inmitten eines Parks mit verschiedenen Baumarten. Direkt daneben quasi die deutsche Entsprechung: ein geradezu geschlecktes, riesiges, weiß-graues Haus, umgeben von perfektem Rasen, der wohl mit jedem Golfplatz mithalten könnte. Auch mehrere sehr flache weiße Bungalows mit freizügigem Einblick in Küche oder Schlafzimmer sind zu entdecken, ebenso fällt ein schwarz-grauer Kubus mit grünlich getönten Scheiben auf. Die architektonische Vielfalt ist groß hier, rund um den Bertiniweg. Und weil die Bäume jetzt keine Blätter tragen und die meisten Hecken um die neuen Gärten noch keine Zeit zum Wachsen hatten, ist diese Vielfalt umso besser zu sehen. Noch.

Die nächste Folge lesen Sie am Freitag.

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