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Protestplakat am Nachbarhaus des Synagogenbaufelds in der Potsdamer Mitte.

© Marion Kaufmann

Plakataktion in der Innenstadt: Schriller Protest gegen Potsdamer Synagogenbau

Mit einem provokativen Plakat kritisierte der Synagogenförderverein am Freitag die aktuelle Ausrichtung des Bauprojekts.

Potsdam - Wer am Freitag über die Friedrich-Ebert-Straße flanierte, konnte es kaum übersehen. Ein knallrotes Plakat mit der Aufschrift: “Nur Juden dürfen ihre Synagoge bauen!”, hing an der Wand hinter der Brachfläche, auf der die umstrittene neue Synagoge entstehen soll. Der Schriftzug war über dem verwitterten Plakat angebracht, das dort seit vielen Jahren hängt. Am Freitagabend war die Aktion aber schon wieder vorbei. Industriekletterer entfernten das Plakat, das auch aus den Fenstern des Landtags zu sehen gewesen sein dürfte. 

Vorwürfe gegen das Land

Verantwortlich für die provokative Aktion war der Synagogenförderverein. In einer Pressemitteilung wirft der Verein dem Land Brandenburg vor, jüdische Interessen bei der Bauplanung zu übergehen: “Wir alle wissen: Das Land baut Landtage, die Städte bauen Rathäuser, Christen bauen Kirchen und Juden bauen ihre Synagogen. Das soll auch in Potsdam so sein!”  

Er selbst habe die Kletterer beauftragt, das Plakat anzubringen, sagt Ulrich Zimmermann, der Vereinsvorsitzende, den PNN. Die hätten es bereits am Donnerstagabend aufgehängt. Zimmermanns Verein steht der Synagogengemeinde nahe, die Mitglieder sind aber zum großen Teil nicht-jüdische Potsdamer. Die Aktion blieb schon am Donnerstag nicht unbemerkt. “Am Abend erhielt ich einen Anruf von der Polizei”, sagt Zimmermann. Jemand habe ihn wegen Sachbeschädigung angezeigt. Er habe aber schnell aufklären können, dass das sowohl alte Plakat als auch die Wand unbeschadet geblieben seien, sagt Zimmermann.

Das Plakat hing an der Brandwand des Kabinetthauses, einem denkmalgeschützten Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Das Haus gehört dem Tourismusforum, einer Tochterfirma der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB). Zimmermann sagt, das Tourismusforum habe ihn eindringlich aufgefordert, das Protestplakat schnellstmöglich zu entfernen. Bisher hätte sein Verein, der auch das alte Plakat aufgehängt hatte, gut mit dem Eigentümer zusammengearbeitet. Zimmerman ist überzeugt: “Die müssen ganz schön Druck bekommen haben”, er meint die Landesregierung. Doch die Staatskanzlei weist diesen Vorwurf zurück: “Von Seiten der Landesregierung wurde kein politischer Druck auf die ILB ausgeübt”, sagt Sprecherin Eva Jobs. 

ILB: Keine Genehmigung für Plakat

Die ILB begründet das Abhängen mit einer Formalität. “Das alte Plakat wurde mit unserer Genehmigung aufgehängt”, sagt Sprecherin Ingrid Mattern. Aber für das neue habe der Verein keine Genehmigung gehabt, also könne es nicht hängen bleiben. „Und zwar ganz unabhängig davon, was darauf steht“, fügt Mattern hinzu. Die ILB möchte offenbar nicht in den Dauerstreit hineingezogen werden. 

Der Vorwurf des Synagogenfördervereins richtet sich vor allem gegen das Kulturministerium, das für das Bauprojekt zuständig ist. Dessen Sprecher Stephan Breiding weist die Kritik aber zurück: „Die Potsdamer Synagoge wird für und mit den Jüdinnen und Juden in unserem Land gebaut.“ Viele Jahre hatte das Projekt wegen des Streits zwischen der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam (JGSP) und der Synagogengemeinde auf Eis gelegen. Im Juni erreichte das Ministerium jedoch einen Durchbruch, statt der Potsdamer Gemeinden sind nun die beiden jüdischen Landesverbände in das Bauvorhaben involviert.  

Das Nachbarhaus des Synagogenbaufelds, nachdem Industriekletterer das Protestplakat entfernt hatten.
Das Nachbarhaus des Synagogenbaufelds, nachdem Industriekletterer das Protestplakat entfernt hatten.

© privat

Die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam, die den Bau schnellstmöglich umsetzen möchte, hat diese Lösung ausdrücklich befürwortet. Auch der neue Rabbiner der JGSP, Ariel Kirson, fordert einen schnellen Baubeginn. Die Synagogengemeinde und deren streitbarer Vorsitzender Ud Joffe haben aber in der aktuellen Konstellation deutlich an Einfluss verloren – und protestieren bei jeder sich bietenden Gelegenheit dagegen.  

Kogan: Plakataktion ist Provokation

Der Potsdamer Alexander Kogan ist beim Landesverband der Jüdischen Gemeinden Land Brandenburg zuständig für das Synagogenbauprojekt. Die Plakataktion bezeichnet Kogan als Provokation, der Synagogenförderverein ist für ihn nur ein “Joffe-Fanclub”. Die Potsdamer Juden seien keineswegs von der Planung ausgeschlossen, schließlich seien beide Gemeinden im Landesverband West organisiert. Nur die Ausführung müsse man nun einmal dem Architekten überlassen. 

Synagogenförderverein tagt bald

Doch Zimmermann und Joffe geben nicht auf. Für den kommenden Donnerstag (8.10.) ist eine Versammlung des Synagogenfördervereins angesetzt. Auf der Tagesordnung steht unter anderem der Punkt: “Ausgrenzung der Juden vom Synagogenbau”. Für den Verein stehe eine “Richtungsfrage” an, heißt es in der Einladung an die Mitglieder. Das erscheint logisch, wurde der Verein doch einst zur Unterstützung des Bauprojekts gegründet, gegen das er jetzt protestiert. 

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