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Die Brache für das zukünftige "Kreativquartier" Potsdam.

© Andreas Klaer

Pläne für den Standort an der Plantage: Wer zieht ins künftige Kreativquartier?

Projektentwickler Glockenweiß hat bereits zahlreiche Anfragen erhalten. Auch ein Teil der Nutzer:innen des Rechenzentrums hat Interesse. 

Potsdam - Die Planungen für das neue Kreativquartier an der Plantage gehen in die heiße Phase: Ende des Jahres ist Baubeginn, Anfang 2022 folgen Pfahlgründungen und Rohbau, im Herbst 2023 sollen die ersten Mieter:innen einziehen. Darunter werden auch einige der jetzigen Nutzer:innen des Rechenzentrums sein. Bereits jetzt gebe es Anfragen von dort, so Christopher Weiß: „Die genaue Anzahl der Kreativen aus dem Rechenzentrum wird sich vermutlich erst 2022, Anfang 2023 herauskristallisieren“, sagt der Geschäftsführer von Glockenweiß, dem Projektentwickler für das Kreativquartier.

Dass möglichst viele Nutzer:innen des Rechenzentrums in das Kreativquartier einziehen, ist von der Stadt so geplant: Da das Rechenzentrum offiziell nur noch bis Ende 2023 betrieben werden soll, hat Glockenweiß 4300 Quadratmeter seiner künftigen Nutzfläche für Kreative aus dem alten DDR-Gebäude reserviert, so Weiß.

Kreative befürchten Verlust von Mitspracherecht

Im Rechenzentrum ist die Stimmung gemischt: „Ja, es gibt einige Kreative hier, die unbedingt in das neue Kreativquartier reinwollen“, sagt Bildhauer Stefan Pietryga, der seit 2015 im Rechenzentrum ist. Das gelte vor allem für bildende Künstler:innen, für deren Bedürfnisse die Büroräume des Rechenzentrums oft zu klein sind und die sich größere und höhere Ateliers erhoffen. Viele wollen aber erst einmal abwarten. Denn für ihn und viele andere sei nach wie vor unklar, was für Räume mit welcher Ausstattung im Kreativquartier angeboten werden, so Pietryga. „Da gibt es viele offene Fragen, wir haben bis heute keine Pläne gesehen“, sagt er. Viele Kreative aus dem Rechenzentrum befürchteten zudem einen Verlust an Autonomie und Mitspracherecht.

Künstler Stefan Pietryga. 
Künstler Stefan Pietryga. 

© Sebastian Gabsch PNN

Abgesehen davon glaubt Pietryga nicht, dass das Rechenzentrum leerstehen würde, sollte man es nach 2023 weiternutzen. Denn der Kreativstandort Potsdam wachse: „Es tut sich gerade unglaublich viel rund um den Filmpark und die Ufa, da gibt es viele neue Unternehmen aus der Kreativwirtschaft.“ Zudem sei das Rechenzentrum gerade für kleine universitäre Startups ein idealer Standort. „Potsdam braucht diesen Ort“, so Pietryga.

Beirat soll entscheiden, wer die mietpreisgebundenen Räume bekommt

Insgesamt wird das neue Kreativquartier rund 24.000 Quadratmeter Nutzfläche umfassen. 9000 Quadratmeter davon sind für das „nicht-kreative“ Gewerbe wie Gastronomie, Dienstleistungen oder Veranstaltungen vorgesehen. 15.000 Quadratmeter sind für die Kunst- und Kreativwirtschaft reserviert, genau gesagt für die elf Teilbranchen. Diese umfassen Musik-, Film-, Rundfunk- und Designwirtschaft, Buch-, Architektur- und Kunstmarkt, darstellende Künste, Software- und Spiele-Industrie. „Wir achten auf einen möglichst breit gefächerten Mietermix aus der Kreativwirtschaft“, sagt Weiß.

Christopher Weiß vom Projektentwickler Glockenweiß. 
Christopher Weiß vom Projektentwickler Glockenweiß. 

© Ottmar Winter PNN

8000 Quadratmeter davon sind „preisgedämpfte“ Flächen für neun Euro pro Quadratmeter, der Rest ist frei finanziert. Anspruch auf die günstigen Flächen haben zunächst alle bisherigen Nutzer:innen des Rechenzentrums, so Weiß. Doch wer noch? „Es wird unter anderem hierzu einen Beirat geben aus Eigentümer, Kurator, Stadt Potsdam und Nutzerschaft, der in den nicht eindeutigen Fällen anhand einer Checkliste entscheidet, wer anspruchsberechtigt für die preisgedämpften Flächen ist“, sagt Weiß. 

Dabei soll der Flächenbedarf eine Rolle spielen. Wer beispielsweise nur 15 Quadratmeter für seine Werkstatt oder sein Studio benötigt, hat relativ gute Chancen. Aber es gibt auch inhaltliche Kriterien: „Wir würden schon schauen, ob ein gewisser Mehrwert vorhanden ist“, sagt Weiß. Die genauen Punkte der Checkliste müssen aber erst noch ausgearbeitet werden.

Glockenweiß will Kunstbedarf-Großhändler weiter dabei haben

Interessenten gibt es viele: „Wir haben viele Anfragen von kleinteiligen Flächen unter 200 Quadratmetern und auch circa 15 Anfragen für größere Kunst- und Kreativwirtschafts-Flächen bis hin zu Flächenanfragen mit rund 1500 bis 2500 Quadratmeter“, sagt Weiß. Interesse bekundet hat auch die Boesner Unternehmensgruppe, ein Großhändler für Künstler:innen-Bedarf mit einem Jahresumsatz von 60 Millionen Euro (PNN berichteten). „Wir sind aktiv auf Boesner zugegangen, daher haben wir weiterhin Interesse, dass es im Kreativquartier eine Potsdamer Niederlassung des Unternehmens gibt“, sagt Weiß.

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Das Problem: Laut Vertrag ist im Potsdamer Zentrum keine Ladenfläche von über 100 Quadratmetern zulässig, Boesner will jedoch 400 Quadratmeter Verkaufsfläche beziehen. Die Ansiedlung des Unternehmens müsste von der Stadtpolitik gewollt sein, dann könnte ein entsprechender Änderungsantrag gemacht werden. Danach sieht es derzeit jedoch nicht aus: „Das Kreativquartier ist kein Einzelhandelsstandort“, sagt Stadtsprecherin Christine Homann. „Das war seit Beginn des Verfahrens klar und wurde auch mit dem Entwickler erörtert und abgestimmt.“ 

Angesichts der Nähe zur Innenstadt stünden dem Ansinnen die „fein austarierten Einzelhandelsfestlegungen“ der Landeshauptstadt Potsdam entgegen, so Homann. Auch Stefan Pietryga lehnt die Ansiedlung von Boesner im Kreativquartier ab: „Wir haben vor Ort genügend eigene Leute, die mit Kunstbedarf handeln, wir brauchen keinen Großversand, der den Markt beherrscht“, so der Bildhauer.

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