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Malerisch. Perugias Altstadt bietet eine Fülle von Sehenswürdigkeiten, darunter den Palazzo dei Priori (u.).

© privat

Partnerschaft zwischen Potsdam und Perugia: Für ein mediterranes Lebensgefühl

Ein neuer Verein pflegt die Partnerschaft zwischen Potsdam und Perugia. Sein Chef hat selbst italienische Wurzeln.

Bernd Malzanini wohnt als großer Italien-Fan ideal in Potsdam: In Bornstedt befinden sich viele Beispiele italienischer Architektur – etwa das „italienische Dörfchen“ um das Krongut oder die Kirche mit ihrem Campanile, der schon von Weitem sichtbar ist. Verantwortlich hierfür zeichnet Friedrich Wilhelm IV. Der Monarch war ebenfalls Italien-Fan und bemühte sich, die antike Formensprache nach Brandenburg zu holen. Darüber hinaus schwärmt Malzanini für die Römischen Bäder und das Orangerieschloss im Park Sanssouci, ebenfalls Beispiele für den Einfluss italienischer Architektur.

Doch Potsdam ist nicht nur architektonisch durch Italien geprägt. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs sind auf unterschiedlichen Gebieten Beziehungen zwischen der Landeshauptstadt und Italien entstanden. Insbesondere durch die seit 1990 bestehende Partnerschaft mit der Stadt Perugia, Hauptstadt der Provinz Umbrien, haben sich diese Beziehungen intensiviert. Malzanini kann von seinem Garten aus den Turm der Bornstedter Kirche sehen. „Herrlich“ findet er das Bauwerk.

Seit dem 9. März ist Malzanini Erster Vorsitzender des neu gegründeten Vereins „Freundeskreis Potsdam-Perugia“. Schon vorher war der 60-Jährige lange Mitglied des Vereins „Il Ponte“. Der neue Verein verfolgt ähnliche Ziele wie der Vorgängerverein, der sich mit dem Beginn der Städtepartnerschaft im Jahr 1990 bildete und jahrelang von Maria-Luise Döring geleitet wurde. Aus Altersgründen und weil kein Nachfolger gefunden wurde, hatte sie den Verein wie berichtet aufgelöst.

„Potsdam-Perugia versucht, Kontakt zwischen Bürgern beider Städte zu knüpfen, kulturelle Veranstaltungen nach Perugia zu bringen und umgekehrt Künstler hierherzubekommen“, erklärt Malzanini. Eine Veranstaltung gab es schon nach der Gründung am 9. März. Im Mai kam Professor Gabriella Catalano von der Universität Rom nach Potsdam und hielt in der Wissenschaftsetage im Bildungsforum einen Vortrag über Goethes Besuch in Rom. Der Dichterfürst spielt auch die Hauptrolle bei einer Veranstaltung am 25. November: Der Schauspieler Christian Ballhaus will an diesem Kulturabend aus Goethes „Italienischer Reise“ vorlesen. „Perugia ist darin aber nicht gut weggekommen“, sagt Malzanini und lacht.

Am heutigen Freitag will der Verein jedoch erstmals eine größere Veranstaltung präsentieren: Eine Aufführung von „Der Virtuose“ im Palmensaal der Orangerie im Neuen Garten. Der Roman von Margriet de Moor passt inhaltlich perfekt: Erzählt und besungen wird das Schicksal der Contessa Carlotta, die in Neapel auf der Opernbühne ihren Kindheitsfreund Gasparo wiedertrifft. Gasparo ist mittlerweile ein umjubelter Star. Wie dessen Fans kann auch Carlotta seinem Gesang nicht widerstehen und verliebt sich. Das Stück ist eine Produktion des Theaterschiffs Potsdam. Gespielt werden die beiden Protagonisten von der Potsdamer Schauspielerin Andrea Brose und dem syrischen Countertenor Razek-Francois Bitar. Schon vor Beginn des Schauspiels wird ein Film gezeigt. Schüler des Babelsberger Filmgymnasiums und Uwe Fleischer stellen darin „Borgo Bello“, ein Stadtviertel von Perugia, mit seinen Bewohnern aus ganz unterschiedlichen Gesellschaftsklassen vor.

In Zukunft will der Freundeskreis in Kooperation mit dem Filmmuseum auch eine Reihe von italienischen Filmen zeigen. „Zunächst Klassiker, und falls das gut ankommt auch zeitgenössische Filme“, erläutert Malzanini.

Neben kulturellen Veranstaltungen will sich der neu gegründete Verein der Förderung der italienischen Sprache widmen. Ein Schüleraustausch ist in Planung. Malzanini, dessen Großvater aus Italien stammt, beherrscht die Sprache selbst gut. Mit der Potsdamer Volkshochschule soll ebenfalls ein gemeinsames Projekt entstehen: Beim „Lunchpaket“ soll der Bildungshunger italieninteressierter Bürger mit kleinen kulturellen Häppchen aus den Bereichen Musik und Literatur gestillt werden. Zweimal monatlich trifft sich die Runde zur Mittagszeit.

Zehn bis zwölf Mal, so schätzt Malzanini, war er selbst schon in Italien. Fast jeden Urlaub – er arbeitet bei der Geschäftsstelle der Landesmedienanstalten in Berlin und leitet dort die Abteilung „Konzentrationskontrolle“ – verbringen der Potsdamer und seine Frau in dem südeuropäischen Land. Das Essen, die Baustile, die Weine, die Sprache mit ihrem melodischen Klang, das Lebensgefühl – Malzanini mag alles Italienische.

Im vergangenen Jahr war Malzanini sogar für längere Zeit in Perugia: Die Städtepartnerschaft ermöglicht es einmal im Jahr einem Potsdamer, als Gasthörer kostenlos einen Monat lang die Università per Stranieri di Perugia zu besuchen. Das Stipendium der Universität Perugia wird vorrangig an Vereinsmitglieder vergeben. Im vergangenen Jahr kam Malzanini in eben diesen Genuss. „Es ist eine sehr alte, traditionsreiche Uni, die sich auf die Vermittlung der italienischen Sprache für Ausländer spezialisiert hat“, sagt er.

Vor Ort lernte Malzanini den Bürgermeister und andere wichtige Ansprechpartner der Stadt persönlich kennen. Mit ihnen telefonierte Malazanini auch umgehend, als Italien im August von einem Erdbeben erschüttert wurde. Vereinsmitglieder organisierten sofort Spenden für die benachbarte Region Umbriens, die von dem Beben betroffen war.

Noch hat der junge Verein erst 23 Mitglieder. „Wir zehren von dem Potenzial von Il Ponte“, sagt Malzanini. Zu den Veranstaltungen kommen noch immer zahlreiche alte Vereinsmitglieder. Sobald die Mitgliederzahl etwas höher ist, sollen Reisen nach Perugia organisiert werden.

Momentan ist wieder ein Vereinsmitglied als Gasthörer in Perugia. Malzanini will seinen Kollegen bald treffen – nach der vom Verein organisierten Theateraufführung geht es in den Urlaub: Er fährt mit seiner Frau natürlich nach Perugia.

„Der Virtuose“ am heutigen Freitag im Palmensaal der Orangerie im Neuen Garten. Tickets an der Abendkasse für 28 Euro, Beginn ist um 19 Uhr

Anne-Kathrin Fischer

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