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Ein Teil des Rechenzentrums wird bald von Künstlern genutzt.

© Andreas Klaer

Offener Brief der Kulturlobby Potsdam: Stadtpolitiker kritisieren Kreative

Mehrere Stadtverordnete haben einen offenen Brief der Nutzer des Rechenzentrums gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche kritisiert. Die Kreativen hätten sich einen "Bärendienst" erwiesen, sagte SPD-Fraktionschef Pete Heuer.

Innenstadt - Mit deutlichen Worten haben Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und andere Stadtpolitiker einen offenen Brief der mehr als 150 Künstler und Kreativen im Rechenzentrum gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche kritisiert. Das an Kulturministerin Monika Grütters (CDU) gerichtete Schreiben sei kein kluger Schritt gewesen, sagte Jakobs am Mittwochabend im Hauptausschuss. Janny Armbruster von den Grünen, die Vorsitzende des Beirats für das Rechenzentrum, nannte das Schreiben „kontraproduktiv“. Tags zuvor hatte bereits SPD-Fraktionschef Pete Heuer im Bauausschuss von einem „Bärendienst“ gesprochen, den sich die Nutzer des Rechenzentrums erwiesen hätten, wenn sie dem benachbarten Garnisonkirchen-Projekt „Stöcke zwischen die Beine werfen“.

In dem Brief hatten die Nutzer erklärt, ihre Arbeit sei „existenziell gefährdet“, wenn nebenan im nächsten Oktober voraussichtlich die Arbeiten für den Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche beginnen (PNN berichteten). Grütters muss mitentscheiden, ob der Bund die zugesagten zwölf Millionen Euro für das als Bauprojekt von nationaler Bedeutung eingestufte Vorhaben auch in der zunächst abgespeckten Variante zahlt. Wie berichtet will die Aufbaustiftung den Turm zunächst ohne Haube und Schmuckfassade aufbauen, um die Kosten von 40 auf 26 Millionen Euro zu senken. Die Künstler hatten unter anderem kritisiert, dass der Eindruck einer Bauruine entstehen könnte – weil der „charakteristische Teil der historischen Architektur“ fehlt. Zudem müssten einige Fenster aus Brandschutzgründen zugemauert werden.

Hintergrund sind laufende Verhandlungen zwischen Stadt und Stiftung Garnisonkirche

Die Kritik steht vor dem Hintergrund laufender Verhandlungen der Stadt mit der Stiftung Garnisonkirche, ob und wie lange das Rechenzentrum auch nach Mitte 2018 als Kreativzentrum genutzt werden kann. Denn sollte auch ein Kirchenschiff errichtet werden, müsste das Rechenzentrum weggerissen werden – dafür hat die Wiederaufbau-Stiftung seit Jahren die Garantie der Stadt. Oberbürgermeister Jakobs hatte das Rechenzentrum 2015 als temporäres Ausweichquartier für die Kreativszene vorgeschlagen.

André Tomczak vom Kulturlobby-Netzwerk, der den Brief mit unterschrieben hatte, ging bereits am Dienstag im Bauausschuss auf die Kritik ein. Das Schreiben solle vor allem deutlich machen, „dass das Vorhaben Garnisonkirche nicht im luftleeren Raum entstehen soll, sondern die Zeit über den Ort hinweggegangen ist, hier eine neue Nutzung mit erheblicher Strahlkraft entsteht“. Der offene Brief lade Frau Grütters dazu ein, sich vor Ort ein Bild der komplexen Lage zu machen. Im Hauptausschuss wiederum sagte Tomczak, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt das Potenzial besitze, neben dem Rechenzentrum auch die Garde-Husarenkaserne an der Schiffbauergasse zu füllen. Diese ist von der Stadt bisher als Ausweichobjekt vorgesehen, müsste aber dem Bund abgekauft werden. Tomczak sagte auch, das Haus verfüge nicht über die nötige Kleinteiligkeit. Gleichzeitig lobte er das von der Stadt angestrebte Konzept einer Mischnutzung mit Proberäumen, Ateliers, Start-ups und einem Depot für das Potsdam Museum, Bibliothek und Stadtarchiv. Nächste Woche werde die Kulturlobby im Internet eine Bedarfsanalyse zur Lage der Kreativszene starten.

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