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Jeder Handgriff muss sitzen. In der Küche von Jannik König und Erik Müller lernen derzeit 22 Nachwuchsköche. Da steht man sich schnell im Wege. Besonders, wenn ein Großbankett für 180 Gäste bevorsteht.

©  Johanna Bergmann

Oberstufenzentrum Johanna Just: Ein Fest für Frankreich

Das Oberstufenzentrum Johanna Just feiert 15 Jahre Schüleraustausch mit dem französischen Ort Chateau-Chinon – mit einem Festbankett für mehr als 180 Gäste und Unterstützer.

Die Wanne, die vor Sven Tolksdorf auf dem Arbeitstisch steht, ist mit kleinen, runden Perlzwiebeln gefüllt. Fünf Kilogramm sind es insgesamt, und sie alle müssen geschält werden. Angst vor tränenden Augen hat der Berufsschüler jedoch nicht: „Der Trick ist, sie vorher in lauwarmes Wasser zu legen“, verrät er. „Und ein scharfes Messer zu benutzen.“

In der Küche des Oberstufenzentrums Johanna Just herrscht heute Hochbetrieb. An den Arbeitstischen formen weitere angehende Köche hauchdünne Gurkenbänder zu kleinen Türmchen, reiben die Schale von grünen Limetten oder schlagen Mandelmilch zu einer feinen luftigen Creme. Die Schüler bereiten sich auf ein Großereignis vor: An zwei aufeinanderfolgenden Abenden erwarten sie 184 Gäste, die sie mit einem Menü aus drei Gängen und einem Amuse-Bouchet – einem Küchengruß – verwöhnen werden. Die Arbeitsatmosphäre ist ruhig und konzentriert. Jeder des 22-köpfigen Küchenteams kennt seine Aufgabe. Dafür haben die beiden Küchenchefs, Jannik König und Erik Müller, gesorgt. „Das Wichtigste ist, die Ruhe zu behalten“, so Müller. Er weiß, wovon er spricht. Schließlich ist er Hotelfachmann mit zwölfjähriger Berufserfahrung.

Der Schüleraustausch zwischen dem OSZ, an dem rund 1400 Schüler lernen und dem Lycée des Métiers „François Mitterrand“ in Chateau-Chinon, einem Ort im französischen Burgund, ist der Anlass zum bevorstehenden Fest. Seit 15 Jahren verbringen jedes Jahr Schüler aus Deutschland und Frankreich drei Wochen im jeweiligen Gastland. Gemeinsam mit einem Partnerschüler erlernen sie die Sprache des jeweils anderen, gehen mit ihm gemeinsam zur Berufsschule und auch in die ausbildenden Betriebe. „Die Schüler kommen anders zurück, als sie gefahren sind“, sagt Dorothea Wollenberg, Lehrerin für Französisch und Deutsch. Sie begleitet ihre Schüler jährlich beim Austausch, der vom Deutsch-Französischen Sekretariat für den Austausch in der beruflichen Bildung (DFSA) gefördert wird und beobachtet, wie die jungen Menschen Verantwortung für sich und den Partner übernehmen, die andere Kultur kennenlernen und fachlich und menschlich reifen.

Das Fest, das nicht nur mit kulinarischen Genüssen, sondern auch mit einem kulturellen Programm mit Akrobatik und Musik aufwartet, soll auch ein Dank an all jene sein, die diesen Austausch ermöglichen. Am Mittwochabend erwartet die Schule geladene Gäste – darunter französische Schüler und Lehrer sowie Vertreter der Potsdamer Ausbildungsbetriebe. Der Donnerstagabend ist für zahlende Gäste reserviert.

Nicht nur in der Küche arbeiten die Schüler intensiv an den Vorbereitungen. Das Serviceteam poliert nebenan im Übungsrestaurant Gläser und Bestecke, sieht das Geschirr durch, faltet Servietten. „Die Vorarbeiten sind wesentlich aufwendiger als die eigentliche Durchführung“, sagt Sabine Bernius, Lehrerin für Ernährung und Hauswirtschaft. Das Serviceteam plant den Ablauf der Veranstaltung, sorgt dafür, dass Tische gedeckt und dekoriert werden, die richtige Musik ausgewählt wird, jeder Arbeitsschritt vom Anreichen bis zum Abdecken sitzt – die Gäste sollen sich wohlfühlen.

Ein Stockwerk höher ist in der großen Schulaula bereits der Mustertisch gedeckt. Auf dem weißen Tischtuch liegen neben jedem Teller mehrere Messer und Gabeln – jeder Gang erfordert sein eigenes Besteck. „Die Regel ist, immer von außen nach innen“, erklärt Anna Karo, die eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert. Zu jedem Gedeck gehören außerdem vier unterschiedliche Gläser. „Neben Wasser wird zur Vorspeise Weißwein, zum Hauptgang Rotwein und zum Dessert ein süßer Dessertwein gereicht“, sagt Marie Mießler. Die beiden Schülerinnen aus dem dritten Lehrjahr leiten das Serviceteam und begreifen das Ereignis auch als gute Vorbereitung für ihre Abschlussprüfung im kommenden Mai.

In der Aula wird es nun ernst. Die Schüler proben das Einlaufen. An jedem Tisch sorgen zwei Kellner für das Wohl der Gäste. Damit das Personal sich nicht gegenseitig im Weg steht, müssen die Bewegungsabläufe perfekt sitzen. Gastronomielehrer Wolfgang Pfeiffer ist noch nicht zufrieden. Der Einlauf war nicht flüssig genug, am Eingang gab es einen Stau. „Es muss immer angenehm und schön aussehen“, sagt er. „Das i-Tüpfelchen ist der korrekte Service“, schärft auch Lehrerin Daniela Ludwig ihren Schülern ein.

In der Küche werden die Schüler allein an diesem Tag acht Stunden arbeiten. Morgen werden es noch einmal jeweils acht Stunden sein – im Schichtsystem. Das Menü haben sie selbst zusammengestellt und auch die einzelnen Rezepte sind eigene Kreationen oder Abwandlungen. Auf dem Menüplan stehen erlesen klingende Namen wie „Radicchiomousse“ oder „Forellentatar“. Der Hauptgang ist kross gebratener Schweinebauch des Havelländer Apfelschweins, mit geschmorten Schweinebäckchen und Hokkaido-Kürbis. Küchenchef Müller freut sich, mit seinem Team zu zeigen, was er kann. Auch wenn es eine große Herausforderung sei, für so viele Menschen zu kochen. „Wenn Donnerstagabend das letzte Dessert um 22.30 Uhr aus der Küche geht, dann bin ich entspannt.“

Heike Kampe

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