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Obdachloser im Minsk getötet: Gericht schickt Angeklagten in die Psychiatrie

Kein Gefängnis, sondern die Psychiatrie erwartet den Angeklagten im Prozess um einen im Minsk getöteten Obdachlosen. Das Gericht befand, dass der Täter „in vollem Umfang schuldunfähig“ gewesen sei.

Potsdam - Er muss in die Psychiatrie: Am gestrigen Donnerstag endete der Prozess um einen getöteten Obdachlosen im ehemaligen Terrassenrestaurant Minsk. Der Angeklagte im Minsk-Prozess um einen getöteten Obdachlosen muss nicht ins Gefängnis, sondern in ein psychiatrisches Krankenhaus. Mit diesem Urteil hat die erste große Strafkammer des Potsdamer Landgerichts am gestrigen Donnerstag nach insgesamt fünf Verhandlungstagen den Strafprozess gegen den 42 Jahre alten Slawomir M. aus Polen beendet. Der Grund: Das Gericht befand, dass der Pole zur Tatzeit „in vollem Umfang schuldunfähig“ gewesen sei.

Verurteilt wurde Slawomir M., weil er im vergangenen Oktober in dem leer stehenden ehemaligen Terrassenrestaurant am Brauhausberg den Tod eines 43 Jahre alten Obdachlosen verursachte. Zunächst hatte M. seinem Landsmann nach Auffassung des Gerichts mit Schlägen, Tritten und einer Bratpfanne traktiert. Dabei schlug er so heftig zu, dass sogar der Stiel der Pfanne abbrach, führte der Vorsitzende Richter Theodor Horstkötter in der Urteilsbegründung aus. Allein das „gefährdete das Leben des Geschädigten“, sagte Horstkötter. Anschließend hatte Slawomir M. das Opfer über den Boden nach draußen auf die Terrasse des Minsk geschleift und dort liegen gelassen. Dort ist der Mann dann in der Nacht zum 29. Oktober nicht an seinen schweren Verletzungen, sondern an Unterkühlung gestorben.

„Einem normal denkenden Gesunden hätte sich das aufgedrängt“

Deshalb hatte das Gericht unter anderem eine Verurteilung nach dem nur wenig bekannten Straftatbestand der „Aussetzung“ erwogen. Danach macht man sich strafbar, wenn man einen anderen Menschen in eine hilflose Lage versetzt. Verursacht der Täter auf diese Weise auch den Tod des Opfers, gibt es eine Mindeststrafe von drei Jahren. Allerdings nahm das Gericht an, dass Slawomir M. die hilflose Lage des Opfers „nicht in allen Konsequenzen erkennen konnte“. Denn die Richter konnten nicht zweifelsfrei klären, ob Slawomir M. die Schwere der Verletzungen des Opfers in der Dunkelheit sehen konnte. Deshalb entschied das Gericht nach dem im Strafprozess geltenden Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“. Der wohl triftigste Grund aber war, dass bei Slawomir M. eine bipolare Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde. Außerdem hatte er vor der Tat mit den anderen Obdachlosen im Minsk getrunken – er allein nach eigenen Angaben zwei Flaschen Wodka.

Dazu, ob Slawomir M. die Verletzungen erkennen konnte, sagte Richter Horstkötter: „Einem normal denkenden Gesunden hätte sich das aufgedrängt.“ Wer das Krankheitsbild des Polen kenne, der könne das Geschehen aber „lückenlos einordnen“. Slawomir M. hatte sich unter anderem Unter anderem hatte sich der heute 42-Jährige gegenüber den anderen Obdachlosen als Eigentümer des Minsk ausgegeben. Ein Zeuge sagte aus: „Er ist verrückt, wenn er getrunken hat.“

„Alkohol und Drogen sind Ihr größter Feind“

Es war nicht das erste Mal, dass Slawomir M. vor Gericht stand. Nachdem er im Jahr 2000 seine eigene Mutter getötet hatte, musste er sich bereits vor der polnischen Justiz verantworten. Im Rahmen des jetzt beendeten Strafprozesses in Potsdam stellte eine Sachverständige an einem der Verhandlungstage fest: Gegenüber dem Tod der Mutter verhält er sich auch heute noch gleichgültig. Horstkötter sagte in seiner Urteilsbegründung: „Sie können das nicht als Bagatelle vom Tisch wischen.“ Das werde der Sache nicht gerecht.

Auch nach der Verurteilung für die Tötung seiner Mutter war er wegen seiner psychischen Erkrankung nicht ins Gefängnis gekommen und nach fünf Jahren aus der Psychiatrie entlassen worden. Es folgten mehrere Rückschläge, unter anderem weil Slawomir M. seine Medikamente abgesetzt hatte. Mehrfach scheiterten wegen seines Alkohol- und Drogenkonsums Liebesbeziehungen.

Auch wegen dieser früheren ersten Tat bescheinigte der Vorsitzende Richter dem Obdachlosen keine positive Prognose. „Es besteht eine große Rückfallgefahr, wenn Sie Ihre Medikamente wieder absetzen sollten“, sagte Horstkötter. Slawomir M. solle all seine Kraft auf den Erfolg der Therapie verwenden. „Alkohol und Drogen sind Ihr größter Feind“, appellierte der Richter an den Polen.

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