zum Hauptinhalt
Erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass die Fassade der Nikolaikirche aus drei verschiedenen Farbtönen besteht: rötlich, grünlich und ockerfarben. Die Mischungen stammen aus einer Spezialfirma in der Schweiz.

© Andreas Klaer

Nikolaikirche: 2 000 Liter Farbe in der Schweiz gemischt

Das 3. Ortsgespräch des Landesamtes für Denkmalpflege würdigte am Mittwoch in der Kirche selbst die Restaurierung der Nikolaikirche.

Innenstadt - Die im vergangenen Jahr abgeschlossene Restaurierung der Außenhülle der Nikolaikirche war Thema und Ort des gestrigen 3. Ortsgespräches mit über hundert Fachleuten der Denkmalpflege und Architektur. „Ein Ortsgespräch in einem so imposanten Raum hatten wir noch nicht“, bemerkte Thomas Drachenberg vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege. Mit beteiligt waren Vertreter der Brandenburgischen Architektenkammer und der Verband Beratender Ingenieure Berlin-Brandenburg.

Dirk Scheinemann vom Gemeindekirchenrat berichtete über die restauratorischen und finanziellen Klippen des 6-Millionen-Euro-Projektes. „Von oben nach unten“ hätten sich die Handwerker vorgearbeitet, erklärt Scheinemann, der von Beruf Bauingenieur ist. Der Gemeindekirchenrat bestand durchweg auf die denkmalgerechte Ausführung, die in der Farbfassung der 10800 Quadratmeter großen Fassadenfläche ihren Höhepunkt fand.

Was aus der Ferne wie beigefarbener Sandstein aussieht, entpuppt sich aus der Nähe als bunt. Zart Grün, Rot und Ocker sind die Grundfarben, welche die aus Putz bestehenden Fassadenfelder bedecken. Wie Architekt Bernd Redlich erzählt, sei die Reihenfolge der Farbfelder durch Würfeln festgelegt worden. Am Ende entstand ein harmonisches Gesamtbild, welches die verschiedenen Materialien unter einen Hut bringt und das trotzdem nicht eintönig wirkt. Kirchenfachmann Andreas Kitschke, der alle nur denkbaren Archive durchstöberte, hat Briefe von Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius gefunden, in denen die Architekten im 19. Jahrhundert die Farben beschrieben haben. Zusätzlich gaben Untersuchungen an der Bausubstanz wichtige Hinweise.

Auszuführen hatte den Farbanstrich unter anderem die Babelsberger Firma für Malerei und Restaurierung Matthias Boehlke. Der Fachmann berichtet über den geradezu dramatisch anmutenden Vorgang, den richtigen Farbton der Kalkfarben zu treffen. „Kalk ist ein Naturstoff, der sich je nach Temperatur und Witterung unterschiedlich verhält“, sagt Boehlke. Um die großen Farbmengen herzustellen, habe er bei der Firma Sax-Farben in Zürich 2000 Liter gemischt. Beim Rühren erwärme sich das Gemisch und der Farbton ändere sich. „Die Farben springen hin und her“, sagt der Restaurator über seine Eindrücke – wie sie auch beim Trocknen auftreten. Das Ergebnis könne sich am Ende sehen lassen, wenn vielleicht auch nicht haargenau der historische Ton getroffen sein mag.

Historisch getreu ist auf keinen Fall das Aussehen der kupfernen Kuppel. „Aus alten Rechnungen geht hervor, dass die Kuppel stark vergoldet war“, berichtet Kitschke. Redlich zeigt an einem Bild die einst vergoldeten Teile, die bis zum ersten Palmettenkranz reichten.

Um den Zugang zur 40 Meter hohen Aussichtsplattform zu schaffen, waren bauliche Änderungen am nördlichen Turm erforderlich. Wenn eine Rettung notwendig sei, komme rücke die Feuerwehr aus Steglitz an. Die Potsdamer habe laut Redlich keine so lange Leiter.

Günter Schenke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false