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Das Rechenzentrum in der Potsdamer Innenstadt.

© Ottmar Winter

Neuer Vorstoß bei Wiederaufbau der Garnisonkirche: Schubert erklärt Erhalt des Rechenzentrums zum Ziel

Potsdams Oberbürgermeister will einen Kompromiss verhandeln, der anstelle des Kirchenschiffs ein Gebäude mit architektonischem Bruch vorsieht - und der den DDR-Bau nebenan erhält.

Potsdam - Im Ringen um eine neue Positionierung der Stadtpolitik zum Wiederaufbau der Garnisonkirche hat Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) erstmals den weitestgehenden Erhalt des Rechenzentrums als Ziel ausgegeben. Im Hauptausschuss skizzierte der Rathauschef am Mittwochabend, wie er sich bis 2023 den Weg für ein inhaltliches und architektonisches Gesamtkonzept zum Standort Garnisonkirche und Rechenzentrum vorstellt. Er hoffe auf eine Lösung, mit der eine „größere Mehrheit umgehen kann“, so Schubert. Dabei ist seine Idee eines Jugendbegegnungszentrums neben dem im Bau befindlichen Turm der einstigen Barockkirche nur noch eine Option unter vielen Möglichkeiten.

Schubert bezog sich in seinen Ausführungen unter anderem auf die Sondersitzung des Hauptausschusses zur Garnisonkirche im Januar, bei der Befürworter und Gegner ihre Argumente vorgetragen hatten. Dort seien gleich mehrere Nutzungsideen für die Fläche des ehemaligen Kirchenschiffs genannt worden, zum Beispiel Gedenkstätte, Lernort oder Dokumentationszentrum. Hier könne man anknüpfen und bis 2021 gemeinsam mit der Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche und den Nutzern des Rechenzentrums in einem Konzept eine mögliche Nutzung bestimmen. „Grundlage für die Kompromissfindung ist, dass die verschiedenen Eigentumsverhältnisse und Nutzerinteressen anzuerkennen sind", so Schubert. Zudem sagte er: "Es geht darum, nach einer Bestandslösung für das Rechenzentrum zu suchen." Ferner werde ein externer Moderator für das Verfahren gesucht. Für jeden Schritt wolle er auch ein Votum der Stadtverordneten einholen, um im Kuratorium der Stiftung mit dem Rückhalt der Stadtpolitik für die Planungen werben zu können. Die Stiftung hatte sich zuletzt kompromissbereit für eine Ideensuche gezeigt.

Internationaler Architekturwettbewerb ins Spiel gebracht

Das dürfte auch nötig sein. Denn bisher gilt der Abriss des Rechenzentrums ab 2023 als gesetzt, ein Teil des DDR-Baus steht einem möglichen Kirchenschiff im Weg. Schubert sagte, auf Basis des inhaltlichen Konzepts und wenn klar ist, wie viel Platz dafür benötigt wird, solle es um die architektonische Gestaltung eines Gebäudes auf dem Grundstück des früheren Kirchenschiffs gehen. Grundlage sei für ihn dabei der bereits genehmigte Wiederaufbau des Turms der Kirche, aber auch der weitestgehende Erhalt des derzeit von mehr als 200 Kreativen genutzten Rechenzentrums, so Schubert. Mit diesen Prämissen sei dann auch ein vielleicht internationaler Architekturwettbewerb denkbar, wie dies schon die SPD-Fraktion angeregt hatte. Auch über mögliche Änderungen des dort gültigen Bebauungsplans müsste man dann debattieren.

Beispiele in Dresden und Nürnberg

Seinem Umfeld hat Schubert dabei nach PNN-Informationen schon einige Beispiele vorgestellt: Zum Beispiel das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden. Das frühere Heeresmuseum der Wehrmacht war 2011 wiedereröffnet worden – nach siebenjähriger Umbauzeit war das historische Gebäude mit einem keilförmigen Einbau ergänzt und so buchstäblich gespalten worden, der Entwurf stammt unter anderem von Stararchitekt Daniel Libeskind. So ein Kaliber wolle der Oberbürgermeister auch für Potsdam gewinnen, heißt es aus seinem Umfeld.

Als ein weiteres Beispiel für einen gelungenen, sichtbaren Bruch in einem Bauwerk hat Schubert das Dokumentationszentrum auf dem Reichsparteitagsgelände der Stadt Nürnberg ausgemacht – dort hatte der Architekt Günther Domenig einen Bau aus der NS-Zeit mit einem begehbaren „Pfahl“ aus Glas und Stahl diagonal durchbohren lassen.

Gewollter Bruch. So sieht das militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden heute aus. Stararchitekt Daniel Libeskind hat den historischen Militärbau, einst das Heeresmuseum der Wehrmacht, um einen markanten Einbau ergänzt. So ein radikaler Bruch ist für Oberbürgermeister Schubert auch am Standort Garnisonkirche vorstellbar.
Gewollter Bruch. So sieht das militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden heute aus. Stararchitekt Daniel Libeskind hat den historischen Militärbau, einst das Heeresmuseum der Wehrmacht, um einen markanten Einbau ergänzt. So ein radikaler Bruch ist für Oberbürgermeister Schubert auch am Standort Garnisonkirche vorstellbar.

© Sebastian Kahnert/dpa

Die beiden Städte nannte Schubert auch im Ausschuss. „Es gibt spannende Möglichkeiten, Brüche in der Geschichte deutlich zu machen.“ Ziel müsse ein Gebäude sein, was den Bruch mit der Geschichte des Ortes deutlich mache, so Schuberts Gedanke. In diesem Prozess wolle er Institutionen wie das Potsdam Museum, die Potsdamer Gedenkstätten oder die Schlösserstiftung bitten, sich einzubringen. Auch Expertise von außen wie von den Trägern des "Haus der Weimarer Republik" in Weimar oder vom NS-Dokumentationszentrum in München will Schubert einholen. Zudem solle die Öffentlichkeit einbezogen werden, sagte Schubert im Ausschuss.

Schwierige Suche nach dem Kompromiss

In der folgenden Debatte im Ausschuss signalisierten Vertreter der rot-grün-roten Rathauskooperation Zustimmung zu dem Verfahren. So eine grundsätzliche Auseinandersetzung sei überfällig, sagte Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg. Und weiter: Rechenzentrum und Garnisonkirche müssten gleichberechtigt betrachtet werden. Auch SPD-Fraktionschef Daniel Keller begrüßte den Diskurs – die SPD und auch die Grünen wollen bekanntlich demnächst ihre Position mit ihren Mitgliedern debattieren. Grünen-Fraktionschefin Janny Armbruster sagte, der zu findende Kompromiss werde vielleicht nicht alle glücklich machen. Für die Grünen sei aber entscheidend, dass möglichst große Teile der Stadtgesellschaft einbezogen würden.

CDU zieht Antrag zurück

Lutz Boede von der Fraktion Die Andere, erklärter Gegner der Garnisonkirche, sagte im Hauptausschuss, man müsse in der Debatte auch die Rahmenbedingungen erklären - so etwa, wann das Grundstück der Stiftung an die Stadt zurückfallen könnte. Bedenken kamen von der CDU. So betonte CDU-Oppositionsführer Götz Friederich, dass die Stadt keinen Zugriff auf das Grundstück der Stiftung habe. Schubert entgegnete, er sitze aber im Kuratorium der Stiftung und wolle dort für seine Position werben - für die er jedoch einen Beschluss der Stadtverordneten benötige. Zugleich wolle er die Nutzer des Rechenzentrums bei dem Prozess mitnehmen. Angesichts der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse in der Stadtpolitik zog die CDU schließlich ihren Antrag für ein historisches Kirchenschiff am Turm der Kirche zurück – ihr drohte eine Abstimmungsniederlage. Schubert versprach dennoch, dass auch die CDU-Position im Debatten-Prozess sichtbar bleiben werde. Hingegen nannte Linke-Urgestein Hans-Jürgen Scharfenberg die Haltung der CDU eine "Minderheitenposition".

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