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An der Kundgebung von Die Andere nahmen knapp 50 Personen teil.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Neue Großspende für Garnisonkirche

250 000 Euro für Bibliothek im Kirchturm. Proteste gegen ZDF-Fernsehgottesdienst blieben friedlich

Innenstadt - Die finanzielle Unterstützung für den Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche wächst: Die Stiftung habe eine feste Zusage über eine Spende in Höhe von 250 000 Euro erhalten, sagte am Sonntag Wieland Eschenburg, Kommunikationsvorstand der Wiederaufbau-Stiftung, am Rande des ZDF-Fernsehgottesdienstes zum Garnisonkirchen-Wiederaufbau. Das Geld werde für die im vierten Obergeschoss des Turms geplante Bibliothek gestiftet. Der Spender wolle vorerst anonym bleiben, so Eschenburg gegenüber den PNN. Zudem befinde sich die Stiftung in Gesprächen über eine weitere sechsstellige Spende. Erst im Juli hatte die Stiftung eine anonyme Großspende in Höhe von 1,5 Millionen Euro vermelden können. Insbesondere durch diese sei die Spendenbereitschaft gestiegen, sagte Eschenburg.

Mit der neuen Spende wird die Finanzierungslücke von zuletzt rund 1,5 Millionen Euro erneut kleiner. Der 26,1 Millionen Euro teure Wiederaufbau – errichtet werden soll zunächst der Turm ohne Turmhelm und barocken Zierrat – soll unter anderem mit 2,6 Millionen Euro aus Fördermitteln, 4,75 Millionen Euro aus Kirchendarlehen und mit Spenden bezahlt werden. Zwölf Millionen Euro hat der Bund als Finanzspritze in Aussicht gestellt. Die Auszahlung des Geldes ist allerdings ungewiss: Es wird noch geprüft, ob bei einer abgespeckten Variante die Förderkonditionen erfüllt sind. Um potenzielle Spender weiter zu motivieren, werden in diesen Tagen 4500 Spendenkataloge an regionale Unternehmen und Mitglieder der Fördergesellschaft verschickt, sagte Eschenburg.

Den von Protesten begleiteten Gottesdienst im IHK-Gebäude gegenüber dem früheren Standort der 1968 vom DDR-Regime gesprengten Kirche besuchten knapp 150 Gäste, darunter Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Die Sorge vor Störungen war offenbar groß: Am Eingang wurden Gästelisten abgeglichen – um Proteste während der Live-Übertragung zu vermeiden, aber auch weil viele Plätze reserviert waren, wie Peter Leinemann, Vorstandsmitglied der Wiederaufbau-Stiftung, den PNN sagte. Zu Zwischenfällen kam es nicht.

In dem TV-Gottesdienst – die Sendung sehen allwöchentlich mehrere Hunderttausend Zuschauer – warben unter anderem Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und Altbischof Wolfgang Huber für den Wiederaufbau des Turms – vom Aufbau der gesamten Kirche war keine Rede mehr. Mehrfach wurde von den Rednern die rhetorische Frage gestellt, ob man eine einstige Militärkirche – zumal verbunden mit dem sogenannten Tag von Potsdam 1933 – tatsächlich wiederaufbauen sollte. Doch an diesem Ort sei ein neuer Geist möglich, hieß es immer wieder. Er nehme die Argumente ernst, besonders die Sorge vor wachsendem Nationalismus, sagte Stolpe. „Der Turm soll ein Lernort für Frieden und Verständigung werden“, versicherte er. Wo Soldaten früher in den Krieg geschickt wurden, sollten Menschen nun Frieden lernen, sagte Huber: „Gebäude sind nicht magisch an den Geist der Vergangenheit gekettet.“ Zum Gottesdienst gehörten Rückblicke in die wechselvolle Geschichte der Kirche, aber auch ein Gebet für die Terroropfer des 11. September 2001. Auf das Werben um Spenden zur Finanzierung des Garnisonkirchturms verzichtete man.

Die Gegner der Garnisonkirche hatten den Gottesdienst im Vorfeld als Werbeveranstaltung kritisiert, für die auch die Opfer des 11. September 2001 missbraucht würden. Das an die Garnisonkirche angrenzende neue Künstlerhaus im ehemaligen Rechenzentrum hatte sich der Kritik angeschlossen. Architektur sei immer Ausdruck des Denkens ihrer Zeit, hieß es in einer Mitteilung der Nutzer. „Deshalb ist der Umgang mit Rekonstruktionsarchitektur so schwierig, weil die Intention ihrer ersten Errichtung nicht mehr gegeben ist.“

Schon in der Nacht zum Sonntag hatten Unbekannte Farbbeutel auf die Nagelkreuzkapelle und die Balustrade geschleudert, wie Eschenburg sagte. An die Fassade des IHK-Gebäudes schrieben sie „Baut 10 Kitas statt 1 Militärkirche“. Er sei auch dafür Kitas zu bauen und gegen eine Militärkirche, kommentierte Eschenburg. „Diejenigen wissen nicht, worum es eigentlich geht“, sagte er. An der Protestkundgebung der Fraktion Die Andere gegenüber dem ZDF-Gottesdienst nahmen knapp 50 Personen teil. Um 11 Uhr fand eine satirische „Bauernrevolte“ der Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ statt – nach Organisatorenangaben ein Protestmarsch mit 100 Teilnehmern.

Wie berichtet hatte es im Vorfeld Streit um die polizeilichen Auflagen für die Versammlung von Die Andere gegeben: Die Polizei hatte den Demonstranten wegen möglicher Störungen zunächst untersagt, parallel zum Gottesdienst zu protestieren, und die Kundgebung auf 11 Uhr verschoben. Die Auflage war am Freitag jedoch kurzfristig vom Potsdamer Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt worden. Die-Andere-Fraktionsgeschäftsführer Lutz Boede kündigte gegenüber den PNN an, jetzt Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlungsbehörde stellen zu wollen – wegen grober Störung einer angemeldeten Versammlung.

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