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Landeshauptstadt: Nächster Arbeitskreis zu Jugendkultur

„Freiland“-Konzept vor Überarbeitung / Heftige Debatte im Kulturausschuss / „Archiv“-Verein wirbt um Unterstützung

Das alternative Jugendprojekt „Freiland“ ist zunächst gestoppt – ein mit Stadtverordneten, Mitarbeitern der Verwaltung, Kulturträgern und Jugendlichen besetzter Arbeitskreis soll klären, ob und wie das Vorhaben verwirklicht werden kann. Darauf haben sich die Mitglieder des Kulturausschusses am Donnerstagabend nach knapp zweistündiger Diskussion geeinigt – gegen die Stimmen der Linken.

Der Beschluss des Gremiums gilt als maßgeblich für das Votum der Stadtverordneten zu einem Dringlichkeitsantrag der Linken zur Umsetzung des Jugendareals, das auf einem Gelände der Stadtwerke in der Friedrich-Engels-Straße entstehen soll. Dort sollen sich der Jugendklub S13 und der Spartacus e.V. ansiedeln, die bis vor anderthalb Jahren ihren Platz in der Schlossstraße 13 hatten. Für „Freiland“ wollen die Stadtwerke 440 000 Euro geben, die Stadt rund eine halbe Million. Als jährliche Betriebskosten werden 125 000 Euro aus dem kommunalen Haushalt veranschlagt.

Die Diskussion im Ausschuss verlief turbulent, weil nicht nur „Freiland“ auf der Tagesordnung stand, sondern auch das von Potsdams alternativer Szene heftig kritisierte Rahmenkonzept Jugendkultur der Verwaltung. Dieses wurde von den Stadtparlamentariern der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, FDP/Familienpartei und Grünen in leicht veränderter Version beschlossen. So verzichtet die Verwaltung auf die Auflistung „subkultureller“ Angebote ohne Fördertauglichkeit und hat gleichzeitig den Spartacus e.V. als „soziokulturell“ tätigen Verein anerkannt. Gleichzeitig ist vom maßgeblichen Fachausschuss nun aber auch ein Kernsatz des Konzepts abgesegnet, der das von Schließung bedrohte alternative Kulturzentrum „Archiv“ und dessen dringend nötige Sanierung betrifft: „Wegen der angespannten finanziellen Lage ist eine städtische Finanzierung derzeit nicht darstellbar.“ Damit existiert nun ein Parallel-Beschluss zu einer Entscheidung im Hauptausschusses vom vergangenen Jahr, das „Archiv“ an seinem Standort zu erhalten.

Das wird schwierig. Und erst nach dem Konzept-Beschluss konnten Vertreter des „Archiv“-Trägervereins für sich werben, sie waren einem Missverständnis in der Tagesordnung aufgesessen. „Wir benötigen endlich einen langfristigen Vertrag, damit wir überhaupt Kredite bekommen“, bat Kay Kersten vom „Archiv“-Verein, der seit mehr als zehn Jahren ohne Förderung soziokulturelle Angebote macht. Doch nun seien „öffentliche“ Gelder nötig, damit das Haus seinen unkommerziellen Charakter bewahren könnte.

Wie berichtet, darf das „Archiv“ nur noch bis zum 31. Dezember zu Konzerten oder Partys einladen, der Betrieb des maroden Hauses muss dann eingestellt werden – wenn der Trägerverein nicht rund 375 000 Euro für Brandschutzmaßnahmen aufbringt. Diese Summe werde aber nicht reichen, erklärte Kersten: „Wenn luftdichte Türen eingebaut sind, droht Schimmel, deswegen entstehen Folgekosten für eine Heizung.“ Diese werden auf bis zu zwei Millionen Euro geschätzt.

Nach diesem Appell war dem Archiv e.V. zumindest verbal die Unterstützung sicher – während das Freiland-Konzept als noch nicht völlig durchdacht kritisiert wurde. „Ich habe Angst, dass hier Geld versenkt wird“, sagte Kevin Lücke (FDP). Tags zuvor hatten schon die Mitglieder im Finanzausschuss erhebliche Bedenken geäußert – etwa Peter Schultheiß (CDU). Auch im Kulturausschuss äußerte er Zweifel: „Werden sich Freiland und Archiv nicht Konkurrenz machen?“ Andere Mitglieder sorgten sich zudem um das Waschhaus in der Schiffbauergasse. Diese Bedenken versuchte Jens Gruschka von den Linken zu zerstreuen: „Das Klientel ist bei allen drei Häusern völlig anders – und sie haben bereits nebeneinander existiert.“ Dazu erinnerte Gruschka an einen Beschluss der Stadtverordneten von vor mehr als einem Jahr, für S13 und Spartacus neue Räume zu schaffen. Die Zweifel überwogen dennoch, ein Antrag von Till Meyer (SPD) zu einem Workshop „zur inhaltlichen Ausgestaltung und Umsetzung von Freiland“ wurde angenommen, der Dringlichkeitsantrag der Linken zur sofortigen Umsetzung abgeschmettert.

Und auch am Freitag ging die Diskussion weiter. Meyer betonte, die neuen Gespräche seien nicht gegen die Interessen der Jugendlichen gerichtet: „Das Ziel vieler Jugendlicher ist auch Ziel der SPD: Die Förderung selbst organisierter Jugendkultur ohne große Reglementierung und Vorgaben.“ Dennoch müsse im größeren Rahmen über die Zukunft von Kultur, Jugendkultur und -arbeit diskutiert werden. Hans-Jürgen Scharfenberg von der Linken sprach dagegen von einer „Verhinderungskooperation“ um die SPD, die Freiland ohne Not weiter hinauszögere. HK

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