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Musik aus Potsdams Kiez Am Stern: Auf der Suche nach dem richtigen Rhythmus

In der JamMBoxX der Musikschule Am Stern können Fünft- und Siebtklässler eigene Songs komponieren und aufnehmen. Was sich das Projekt für die Zukunft wünscht.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Der Gitarrenbass gibt den Rhythmus vor. Schwer ist er und von Beginn an so faszinierend, dass automatisch der Kopf mitwippt. Ob der ein oder andere Ton noch ein bisschen schief sitzt, ist nicht so wichtig. Schließlich sind die sieben jungen Musiker, die in der Musikschule Johann Sebastian Bach Am Stern proben, noch in der Findungsphase.

Die Probe ist Teil eines neuen Projektes der Musikschule: die sogenannte JamMBoxX, die seit Anfang des Schuljahres in Betrieb ist. Gemeint ist damit ein extra für Bandproben hergerichteter Raum in der Musikschule – inklusive eines Tonstudios und einer Sitzecke zum Entspannen. Finanziert wird das Equipment durch den Freundeskreis der Musikschule Potsdam e. V., die zusätzlichen Personalkosten trägt die Stadt Potsdam.

Mehr als nur Musikunterricht

Nutzen können die JamMBoxX derzeit die siebten Klassen des Leibnitz-Gymnasiums sowie die fünften Klassen der Grundschule „Am Pappelhain“. „Die JamMBoxX ist vor allem eine Ergänzung zum Musikunterricht an den Schulen“, erklärt Musikschuldirektorin Heike Lupuleak. Immer ein halbes Jahr bildet ein Viertel einer Klasse eine temporäre Band, während der Rest der Schüler regulär an den Musikstunden teilnimmt. Nach den sechs Monaten bildet sich jeweils eine neue Band, sodass nach zwei Schuljahren alle Schüler der fünften und siebten Klassen die JamMBoxX durchlaufen haben.

Das Ziel: Jede Band schreibt und komponiert ihren eigenen Song, der auch aufgenommen und auf eine CD gepresst wird. Um das zu schaffen, ist vor allem Teamarbeit gefragt, wie Bandcoach und Schlagzeuger Christoph Hillmann betont. „Wir erarbeiten grundsätzlich alles zusammen: die Musikrichtung, die Melodie, den Songtext“, sagt er.

Wer nicht singen will, schreibt den Text

„Jeder kann sich dabei mit seinen Stärken einbringen.“ Wer also lieber schreibt als musiziert, legt seinen Schwerpunkt auf Text. Darüber hinaus gibt es Aufgaben beim Ton, den Aufnahmen oder auch beim Sammeln von Geräuschen, wie Hillmann erzählt. „Wir haben jemanden, der Klangideen sammelt. Etwa das Rattern eines Zuges oder solche Dinge.“ Wer kein Instrument spielen kann, aber es trotzdem probieren möchte, darf das in dem Projekt auch tun. Instrumente wie E-Gitarren, Keyboards und ein Schlagzeug sind vorhanden, die Grundgriffe werden den Schülern beigebracht.

Einige Schüler der Siebte-Klasse-Band, die am Dienstagvormittag probt – Namen dürfen nicht genannt werden – haben allerdings schon musikalische Erfahrung. Ein Zwölfjähriger lernt im Lindenpark Potsdam Akustikgitarre und versucht sich in der JamMBoxX nun an der E-Gitarre. „Es macht total viel Spaß“, sagt er. Vor allem auch deswegen, weil der Rock-Pop-Stil des noch entstehenden Songs auch seiner privaten Musikvorliebe entspricht. „Ich höre aber auch viel Elektro“, fügt er hinzu.

Teamarbeit kommt bei Schülern gut an

Die intensive Zusammenarbeit mit den Mitschülern finde er super, er sei aber froh, nicht selbst singen zu müssen. „Ich habe nicht gerade eine gute Gesangsstimme“, sagt er lachend. Seine ebenfalls zwölfjährige Bandkollegin und Leadsängerin dafür umso mehr. Gesangsunterricht habe sie nicht gehabt, erzählt sie, aber letztes Jahr im Chor mitgesungen.

Der Text für den Song, den sie singt, ist zwar noch nicht ganz fertig, doch schon jetzt klingen aktuelle Themen durch: Es geht um Mauern und Familien, die in der ganzen Welt verteilt sind. „Aber auch um Liebe und Freundschaft“, ergänzt Tobias Christl, freier Musiker und gleichzeitig der Bandcoach bei der JamMBoxX. Thematisch seien die Songs ganz unterschiedlich, wie er sagt. „Aber aktuelle Themen spielen eigentlich immer eine Rolle.“ Oft ginge es dabei auch um gesellschaftlichen Druck oder um das Verlassenwerden, wie Christls Kollege Martin Hagen hinzufügt. Ein Dogma gebe es aber grundsätzlich nicht – jede Band soll ihren eigenen kreativen Weg finden.

Es wird auch gerappt

So auch die Band, die sich abgelöst von dem schulgekoppelten Projekt gebildet hat. Wie Schlagzeuger Hillmann erzählt, habe er einige Jugendliche angesprochen, die auffällig häufig vor der Musikschule „rumgehangen“ hätten und sie für die Musik begeistern können. „Die kamen natürlich erst mal mit Sätzen wie ,Alter, was willst du denn’, aber die Möglichkeit, rappen zu können, hat sie dann doch begeistert.“ Auch diese Band – bestehend aus fünf Jugendlichen von 15 bis 18 Jahren – besteht erst mal nur ein halbes Jahr. Hillmann hofft, dass sie sich auch danach weiterhin der Musik widmen.

Langfristig soll sich das Projekt allgemein für interessierte Jugendliche öffnen – vornehmlich für solche aus dem Kiez Am Stern, eventuell auch potsdamweit. „Ehrlich gesagt bin ich überrascht, wie gut das Projekt überhaupt angenommen wurde“, sagt Musikschuldirektorin Heike Lupuleak. Für das nächste Jahr seien Vergrößerungen des Projektes geplant. Wie genau die aussehen werden, stünde allerdings noch nicht fest. Wenn sich auch weiterhin Interessierte aus dem Kiez melden, könne auch nach Ablauf des ersten halben Jahres – also im Februar 2018 – wieder eine vom Schulalltag abgelöste Band gegründet werden.

Bis dahin werden aber noch ein paar Monate mit intensiven Bandproben und vielen geraden oder schiefen Tönen vergehen.

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