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Landeshauptstadt: Multiplikator einer Idee

Prof. Klaus Ziemer warnt vor Geschichts-Revision und wirbt für das Schulthema Polen im 2. Weltkrieg

Eine halbe Seite in einem deutschen Geschichts-Lehrbuch zum Thema “Was der zweite Weltkrieg in Polen angerichtet hat“ würde reichen. „Damit wäre schon viel geholfen“, ist sich Prof. Klaus Ziemer sicher. Ziemer ist Direktor des Deutsches Historisches Institut Warschau und warnte auf einer Tagung deutscher Europaschulen am Wochenende in Potsdam vor einer Revision der Geschichte. Es würde hierzulande immer öfter die Opferrolle der Deutschen entdeckt, dies löse in Polen Irritationen aus. „Wie wird diese Zeit gesehen, wenn die Erleber-Generation weg ist“, fragte Ziemer in die Runde des Helmholtz-Gymnasiums.

Die Beziehungen beider Länder seien im Umbruch. Ziemer warb daher auf der Tagung bei Lehrern von Europaschulen darum, Multiplikator für eine gute deutsch-polnische Beziehung zu sein. Klassenfahrten nach Polen und persönliche Kontakte seien wichtig, um die Beziehungen zu vertiefen. Die Stereotypen müssten aufgebrochen werden, so Ziemer. Das Urteil „faul“ sei von den Nazis geprägt worden, es habe zuletzt aber abgenommen. Vieles sei derzeit im Wandel in den Beziehungen, die Chance für Schulpartnerschaften wie mit Frankreich sei groß. Brandenburg hat sich in der Landesverfassung gute Beziehungen zu Polen festgeschrieben und die Brandenburger Europaschulen müssen laut einer Ministerfestlegung künftig die polnische Sprache anbieten. Jedoch: „Polens Geschichte, innen und außen, ist zu wenig bekannt“, sagte Ziemer vor den 100 Gästen im Helmholtz-Gymnasium. Nicht nur bei Schülern. Das sei der Grund für immer wieder auftretenden politischen Fehltritte. Einen „unglaublichen Mangel an historischer Sensibilität“ warf der Direktor des Warschauer Institutes dem früheren Kanzler Gerhard Schröder und Bundespräsident Horst Köhler im Umgang mit dem Bau der Erdgasleitung von Russland nach Deutschland durch die Ostsee vor. Während Horst Köhler in Danzig erklärt habe, nichts werde mehr ohne ein Votum Polens entschieden, verkündete Schröder einige Tage später den Bau der Trasse an Polen vorbei. Es werde noch einige Zeit brauchen, ehe das gekittet ist, so Ziemer. Er hoffe nach dem Regierungswechsel in Polen auch auf eine andere Kommunikationsebene zwischen den Regierungen.

Für Brandenburger Schulen und Europaschulen insgesamt wünscht er sich, dass der Gedanke von der Idee eines gemeinsamen Europas transportiert wird. Dazu trafen sich die Schulen am Freitag und Samstag in Potsdam, referierten über neue Leitlinien und verabschiedeten die Potsdamer Erklärung – ein Handlungsfaden für die deutschen Europaschulen. Zwei gibt es in der Region, das Potsdamer Helmholtz-Gymnasium und die Eigenherd-Grundschule Kleinmachnow. jab

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