zum Hauptinhalt
Altes Gemäuer. Das Rote Haus in der Großen Weinmeisterstraße. Fotos, Repro: M. Müller

© Martin Müller

Landeshauptstadt: „Mittlerweile sind wir ein ganzes Dorf“

Die evangelische Grundschule Potsdam feiert heute ihr 20-jähriges Bestehen – eine Erfolgsgeschichte mit Startschwierigkeiten.

Bangen bis zum Schluss: „Noch drei Tage vor der geplanten Einschulung stand alles in der Schwebe“, erinnert sich Stefan Schalinski noch heute. Bis zuletzt habe eine Anmeldung gefehlt, um das Minimum von 62 Schülern zu erreichen, erinnert sich der 53-Jährige. Innerhalb von nur wenigen Monaten stellte er vor 20 Jahren gemeinsam mit zahlreichen anderen Eltern quasi aus dem Nichts in Potsdam eine neue Schule auf die Beine, die erste evangelische Grundschule Brandenburgs. Am heutigen Donnerstag feiert die Einrichtung Geburtstag. Am 28. August 1998 fand in der Großen Weinmeisterstraße auf dem Grundstück der Pfingstkirchengemeinde die erste Einschulung statt. Ehemalige der ersten Stunde werden heute im sogenannten Saal des Roten Hauses von der Gründungsphase erzählen. Auf dem Schulhof wird ebenfalls der Anfangszeit der Schule gedacht.

Und die war laut Schalinski vor allem vom gemeinsamen Anpacken geprägt. Noch vor den Sommerferien sei damals gar nicht zu erkennen gewesen, dass hier mal eine Schule entstehe, erzählt er. „Die Sowjets hatten den Saal des roten Hauses als Kinoraum genutzt und alle Fenster zugemauert. Außerdem mussten wir feststellen, dass der Keller von Schwamm befallen war.“ Gemeinsam habe man das Gebäude erst einmal entkernen müssen, berichtet der engagierte Vater von damals und heutige Leiter des Schulbüros. Seine Tochter gehörte damals zu den ersten Schülern der neuen Grundschule.

Ebenfalls fast von Anfang an dabei ist Holger Utpatel, erst als Lehrer, dann als stellvertretender Direktor und seit August dieses Jahres als Schulleiter. Auf das gemeinsam Erreichte kann er durchaus stolz sein. Aus anfänglich 62 Schülern, zwei Lehrern und einer Erzieherin ist eine Schulgemeinschaft von 300 Schülern und 45 Pädagogen geworden. Die zweizügige Schule hat einen musisch-künstlerischen Schwerpunkt. Die Angebote Chor und Theater können ab der fünften Klasse als zusätzliches Wahlfach belegt werden.

Durch den Neubau des „blauen Hauses“, das 2016 fertiggestellt wurde, wurden weitere Fachräume für Musik und darstellendes Spiel geschaffen. Die Ganztagsschule setze auf ein Lernen ohne Leistungsdruck, sagt Utpatel. Die Schüler bekämen daher erst ab der fünften Klasse Zensuren. Die Schüler der ersten bis dritten Klasse würden zudem gemeinsam unterrichtet.

Natürlich spielt auch der Glaube im Schulalltag eine wichtige Rolle. „Wir kennen den Pastor, der Pastor kennt uns“, betont der Schulleiter. Einmal in der Woche finde eine Schulandacht statt, die von den Kindern mitorganisiert werde. Von den 300 Schülern gehören 80 Prozent einer Glaubensgemeinschaft an, 20 Prozent seien konfessionslos.

Stefan Schalinski selbst ist im Umfeld der Pfingstkirchengemeinde aufgewachsen. Die Gründung der Grundschule war für ihn quasi eine Art Selbsthilfe. „Es gab damals in Potsdam zwar eine evangelische Kita und ein evangelisches Gymnasium, aber kein entsprechendes Angebot für Grundschüler“, erzählt er. Kurzerhand gründete Schalinski gemeinsam mit anderen Eltern im Februar 1997 zur Planung der Grundschule den Evangelischen Schulverein. Dieser übernahm dann während der ersten zwei Jahre die Trägerschaft der Schule. Anschließend übernahm die Hoffbauer-Stiftung.

Zunächst wurde nur eine Etage im roten Haus genutzt. „Später kamen das gelbe Haus und dann das blaue Haus dazu“, erzählt Schalinski. „Mittlerweile sind wir ein ganzes Dorf. Man sagt ja, es braucht es ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“, ergänzt Utpatel und lacht.

Am 14. September gibt es für Absolventen übrigens einen weiteren Anlass, um mal wieder in ihrem alten „Heimatdorf“ zusammenzukommen. Dann steht nämlich wieder das turnusgemäße Ehemaligentreffen an, das alle fünf Jahre stattfindet. 

Anna Köhler, Sophie Skeisgerski

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false