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"Sing dela Sing" am Samstagabend im Nikolaisaal Potsdam

© Andreas Klaer

Minutenlanger Applaus und mehreren Zugaben: "Sing dela Sing" im Nikolaisaal in Potsdam

700 Besucher aus dem Häuschen: "Sing dela Sing" mit Orchester im Nikolaisaal in Potsdam.

Potsdam - Robert Reimer, so sagt man, sei beim Dirigieren nüchtern und sachlich. An diesem Abend läuft für ihn und das Deutsche Filmorchester Babelsberg aber einiges anders: Spätestens zu den Beats von Peter Fox’ „Alles neu“ kann der Dirigent nicht mehr die Füße stillhalten. Das Publikum im Nikolaisaal steht und jubelt. Und über die Bühne tigert Sänger Cem Arnold Süzer neben Gunter Papperitz am Konzertflügel.

Zur Premiere der Orchester-Version von „Sing dela Sing“ war der Nikolaisaal ausverkauft. Mit Popsongs aus fünf Jahrzehnten machte das von den Musikern erdachte Mitsing-Format an zwei ausverkauften Veranstaltungen am Samstag und Sonntag aus sonst stillen Konzertbesuchern einen leidenschaftlichen Chor.

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Entstanden sei die Idee für das Format, das es seit Oktober 2016 gibt, aus einem „besoffenen Unfall“ heraus, wie Pianist und Arrangeur Papperitz erzählt: „Ich war auf einer Geburtstagsfeier, da stand ein Klavier in der Ecke. Die Leute forderten mich auf, etwas zu spielen und sangen bis 3 Uhr morgens mit.“ Papperitz rief den Sänger Süzer an, wenig später stellten die beiden die ersten Lieder zusammen. Über 500 Popsongs umfasst ihr Repertoire mittlerweile.

Zweieinhalb Stunden tobten sich die Besucher aus und sangen lauthals mit. 
Zweieinhalb Stunden tobten sich die Besucher aus und sangen lauthals mit. 

© Andreas Klaer

Davon erklingt am Wochenende Filmmusik aus Klassikern wie „James Bond“, „Dirty Dancing“ oder „Titanic“. Eine Woche vor den Konzerten in Potsdam habe man mit gemeinsamen Proben mit dem Filmorchester begonnen. Die Gäste im Alter von 30 bis 60 Jahren lassen Musik aus mehreren Generationen aufleben: Es erklingt Madonnas „Little Prayer“ oder Rio Reiser. Mittvierziger im Anzug singen „Ist mir egal, mit wem du chillst“ und tanzen zu „Krawall und Remmidemmi“ von Deichkind. Damit alle mitsingen können, wird auf einer Leinwand der Text eingeblendet, außerdem ein Foto der Musiker.

Cem Arnold Süzer (vorne) und Gunter Papperitz am Klavier hatten sich zur Verstärkung das Deutsche Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Robert Reimer dazu geholt.
Cem Arnold Süzer (vorne) und Gunter Papperitz am Klavier hatten sich zur Verstärkung das Deutsche Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Robert Reimer dazu geholt.

© Andreas Klaer

Sänger Cem Arnold Süzer, der sonst mit Adel Tawil auf der Bühne steht, animiert das Publikum. Alle Songs werden in Originaltonlage gesungen. Zu Totos „Africa“ versuchen sich die Gäste sogar an einer Terz für die zweite Stimme. Sie freuen sich über „schönen Schmalz“ und die gute Akustik im Nikolaisaal – denn ursprünglich ist „Sing dela Sing“ ein Freiluftevent. Um das Orchester einzubinden, stellt Süzer nach der Pause die Instrumentengruppen vor: Die Bläser mit besonders markanten Trompeten und das Schlagwerk geben den Rhythmus an. Die Streicher spielen breite Harmonien dagegen.

Das Publikum im Nikolaisaal war begeistert dabei.
Das Publikum im Nikolaisaal war begeistert dabei.

© Andreas Klaer

Auch Marimba, Xylophon und Röhrenglocken haben einen Gastauftritt, ebenso wie die moderne Klassik. Mit „Alles neu“ hat Peter Fox sich nämlich bei den surrenden Geigen aus Schostakowitschs Leningrader Symphonie bedient. Als Stilbruch dazu trommelt Schlagzeuger Bela Brauckmann auf einer Mülltonne. Die Gäste finden das großartig: „Heute beginnt die Bundesliga und es ist gleichzeitig Handball-EM, aber ich bin trotzdem lieber hier“, sagt Andreas Brinkmann aus Berlin.

Für die textlich nicht ganz so sicheren Besucher wurde der Gesangspart an die Wand projiziert.
Für die textlich nicht ganz so sicheren Besucher wurde der Gesangspart an die Wand projiziert.

© Andreas Klaer

Der zweieinhalbstündige Abend endet mit minutenlangem Applaus und mehreren Zugaben. „Niemand hier kennt alle Songs“, sagt Gunter Papperitz: „Aber das ist nicht wichtig.“ Das Singen im Chor mit dem Filmorchester habe auch so einen guten Einfluss auf Körper und Geist. Beim anschließenden Tanz im Foyer wird er zelebriert. „Das Wort Karaoke wollen wir streichen“, sagt der Pianist.

Sophie Laaß

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