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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Bürgergespräch im Bügerhaus am Schlaatz.

© Andreas Klaer/PNN

Update

Macron in Potsdam: Bundeskanzler Scholz kündigt Besuch des französischen Präsidenten an

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Besuch von Emmanuel Macron in Potsdam angekündigt. Beim Gespräch im Bürgerhaus geht es aber auch um Kinderarmut und Klimawandel.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei einem Wahlkreisgespräch am Sonnabend im Bürgerhaus am Schlaatz einen Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Potsdam angekündigt.

Auf eine Frage zur Zukunft der Europäischen Union erklärte Scholz, er habe mit Macron darüber erst am Freitag beim Frühstück gesprochen. „Das tun wir öfter mal. Er kommt demnächst auch mal nach Potsdam.“ Auf PNN-Nachfrage, ob es für den Besuch schon einen Termin gebe, antwortete der Kanzler, „noch nicht, aber fast“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Wahlkreisgespräch im Bügerhaus am Schlaatz.

© Andreas Klaer/PNN

Rund 60 Personen waren nach vorheriger Anmeldung ins Bürgeraus gekommen. Scholz nahm sich nach einem Ritt durch die aktuellen politischen Themen sowie einer Betrachtung des Kriegs in der Ukraine und seiner Folgen knapp anderthalb Stunden Zeit, um auf Fragen zum Teil ausführlich zu antworten.

Hungrige Kinder sind drängendes Problem am Schlaatz

Dabei erfuhr er auch von einem drängenden Problem am Schlaatz. Die Hälfte der Kinder in der Weidengrundschule würden nicht an der Mittagsversorgung teilnehmen, kämen nachmittags oft hungrig in die Kinder- und Jugendclubs, sagte Doreen Gierke vom Awo-Büro „Kinderarmut“. Das Büro hatte mit anderen sozialen Trägern in dieser Woche in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) und an die Stadtverordneten auf die Probleme im Kiez aufmerksam gemacht.

Mit Fußaufstampfen kriegen weder Sie noch ich das hin.

Olaf Scholz (SPD)

Das Problem sei die lange Bearbeitungszeit in der Stadtverwaltung. Sechs Monate bis zu einem Jahr dauere es, bis Anträge zum Bildungs- und Teilhabepaket bewilligt werden. Eltern müssten für das Schulessen in Vorleistung gehen. Das seien bei zwei Kindern bis zu 1000 Euro in einem halben Jahr. „Eltern hier im Stadtteil melden ihre Kinder mehr und mehr vom Essen ab, weil sie die Ressourcen nicht haben“, sagte Doreen Gierke.

Eltern hier im Stadtteil melden ihre Kinder mehr und mehr vom Essen ab.

Doreen Gierke vom Awo-Büro „Kinderarmut

Michael Okrob, Geschäftsführer der in Potsdam ansässigen Kinnings Foundation für Chancengleichheit, sprach das Problem ebenfalls an. Denn viele Familien würden staatliche Leistungen, die ihnen zustehen, nicht kennen oder wegen zu hoher Hürden nicht beantragen. Hier könne seine Stiftung unterstützen.

Scholz kennt das Problem offenbar und erklärte dazu, dass der Zuschlag zum Kindergeld nur von 30 Prozent der Berechtigten auch genutzt werde. Es sei wichtig, mehr Familien zu erreichen. Wie die Angebote dann bei den Familien ankommen, das sei Sache der 11.000 Kommunen in Deutschland.

Auf die Situation in Potsdam und die lange Bearbeitungszeit ging er nicht ein, sagte aber, dass die Bundesregierung bemüht sei, „dass die Angebote, die wir machen, auch ankommen“. Kinder könnten aber nicht zwei Jahre warten, entgegnete Doreen Gierke. „Wir haben eine Notlage.“ Die Antwort des Kanzlers: „Mit Fußaufstampfen kriegen weder Sie noch ich das hin. Es braucht viel Beratung vor Ort, Digitalisierung und Vereinfachung, dass es nicht so kompliziert ist. Das ist ein großes Projekt, um das wir uns kümmern.“

Scholz will Einbürgerungen erleichtern

Auch an anderer Stelle hinkt die Stadtverwaltung hinterher. Die Anträge auf Einbürgerung, die im vergangenen Jahr in Potsdam einen Höchstwert erreichten, werden nicht abgearbeitet. Dabei sagte Scholz, dass die Möglichkeit zur Einbürgerung vereinfacht werden solle. Es müsse das größte Ziel für Migrantinnen und Migranten sein, Staatsbürger zu werden. Dazu gehöre ein Einbürgerungsfest. Solche Feiern hätten ihn als Hamburger Bürgermeister immer sehr berührt. „Wir dürfen da nicht gleichgültig hingucken“, sagte Scholz und sprach von einem „erstrebenswerten Ziel“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach im Bürgerhaus am Schlaatz auch über den Krieg in der Ukraine und über die Möglichkeiten zur Einbürgerung.

© Andreas Klaer/PNN

Bei seinen Antworten zum Klimaschutz sei Scholz viel zu unkonkret geblieben, befand Anne Ulrich von „Potsdam Zero“ nach dem Wahlkreisgespräch des Kanzlers. „Ich habe den Eindruck, er hat das Problem nicht vollumfassend begriffen oder nicht mit dem Herzen aufgenommen“, sagte die Aktivistin. Sie erwarte von der Bundesregierung ein schnelles und entschlossenes Handeln wie bei den Maßnahmen zur Corona-Pandemie oder zum Ukraine-Krieg. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“

Briefwechsel mit Verkehrsminister Wissing

Doch Scholz sprach lediglich von Elektroautos und beschäftigte sich mit Fragen zu E-Fuels, die Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) beim EU-Gipfel durchgesetzt hatte. Auch Scholz sprach sich für die E-Fuels aus, damit Verbrennermotoren in Autos nach 2035 betrieben werden könnten. Zur Frage nach dem geplanten Raststättenneubau an der A10 sagte Scholz lediglich, dazu stehe er mit dem Bundesverkehrsminister „im Briefwechsel“.

Ausführlich sprach der Regierungschef über die Wahlkreisreform des Bundestags, die von der CSU über viele Jahre verhindert worden sei. Er selbst habe seinen Wahlkreis bei jeder Bundestagswahl gewonnen, sagt Scholz nicht ohne Stolz. Im Wahlkreis 61 (Potsdam – Potsdam-Mittelmark II und Teltow-Fläming II) lag Scholz 2021 mit 34 Prozent der Erststimmen vor Annalena Baerbock (Grüne).

Die Chancengleichheit von Kindern sei ihm wichtig, sagte Olaf Scholz (SPD) in Potsdam.

© Andreas Klaer/PNN

Scholz nutzte den Vormittag, die Erfolge seiner Regierung aufzuzählen. Trotz der zusätzlichen Belastung für Rüstungsausgaben sei es gelungen, das Bürgergeld einzuführen und die bislang größte Entlastung für Menschen mit geringem Einkommen herbeizuführen. Die Gasversorgung sei für den Winter gesichert worden. „Darauf bin ich stolz“, sagte Scholz und erhielt Applaus. Eher unangenehm waren für ihn die Fragen zum Lehrermangel - dürfte Scholz das Problem doch bestens von seiner Frau, Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) kennen. Einen Lösungsansatz präsentierte der Kanzler nicht, sagte aber voraus, dass das Problem uns auch in den kommenden zehn Jahren beschäftigen werde.

Der Kanzler durfte sich auch Lob und Dank anhören, zum Beispiel von zwei Ukrainerinnen und einem Russen. Eine Frau aus der Ukraine, die seit 22 Jahren in Deutschland lebt, bedankte sich im Namen ihrer Eltern, die seit einem Jahr bei ihr in Sicherheit seien. Scholz schüttelte dem Ehepaar die Hand und freute sich. Später verriet er, dass er in der Schule neben Englisch auch Latein gelernt und in Spanien einmal eine vorgeschriebene Rede auf Spanisch gehalten habe. Seine Abiturnote sei „1,6 oder 1,7“ gewesen, verriet der 64-Jährige.

Alexander Dohayman, der nach eigenen Angaben extra aus Heidelberg angereist war, fragte Scholz, ob er bei ihm im Wahlkreis oder im Kanzleramt arbeiten könne. Er sei Finanzberater, wolle aber lieber als Politikberater arbeiten, erklärte der 35-Jährige anschließend.

Scholz nahm sich nach der Fragerunde noch Zeit für Fotos mit Gästen und für die Tanzgruppe Crosslevel, die eine eigene Choreografie aufführte und den Kanzler zum Tanzwettbewerb am 3. Juni ins Bürgerhaus einlud. „Ich guck’ mal, was geht“, sagte Scholz, nahm den Flyer mit und ließ sich mit der Gruppe noch fotografieren.

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