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Im Dialog. Der neuen Studiengang Jüdische Theologie zeichnet sich auch durch seinen dialogischen Geist aus. Im Vordergrund steht der Dialog zwischen den Religionen, mit der Wissenschaft aber auch unter den Generationen.

© Ralf Hirschberger/dpa

Landeshauptstadt: Wiedergeburt jüdischen Lebens

Zur Eröffnung der „School of Jewish Theology“ versammelte sich an der Universität Potsdam ein neues, deutsches Judentum

„Welch ein Wunder, welch ein Glück“, sagte eine ältere Dame, als sie das Auditorium Maximum der Universität Potsdam betrat. Man hörte Polnisch, Hebräisch, Englisch, aber auch viele deutsche Stimmen. Worte wie historisch, Hoffnung, Chance, Ausstrahlung und Renaissance fielen immer wieder. Rund 400 Gäste aus aller Welt waren zur offiziellen Eröffnung der Jüdischen Theologie an die Uni gekommen. Und tatsächlich schien hier eine Gemeinschaft zusammengekommen zu sein, die Züge von einem neuen deutschen Judentum hatte.

Etwas vollkommen Neues beginne für die Universität, aber auch für ganz Deutschland, hatte Uni-Präsident Oliver Günther zur Eröffnung gesagt. Und das traf dann auch den Geist dieses Abends, an dem erstmals an einer deutschen Hochschule die Jüdische Theologie in den Fächerkanon aufgenommen wurde. Bundespräsident Joachim Gauck hatte die „School of Jewish Theology“ in der Festschrift als Meilenstein in der Wissenschaftsgeschichte und in der Geschichte des deutschen und europäischen Judentums gewürdigt. Hier entstehe etwas, das in der ganzen jüdischen Welt Beachtung findet. Und hier entstehe etwas, was für unser ganzes Land über die akademische Welt hinaus Bedeutung hat: „Es ist ein weiterer, notwendiger und glücklicher Schritt zur selbstverständlichen Präsenz jüdischen Lebens in Deutschland.“ Die Gleichstellung der jüdischen, islamischen und christlichen Theologien an deutschen Universitäten trage dazu bei, dass der interkulturelle Dialog zwischen den Religionen nun auch auf gleichberechtigter akademischer Basis geführt werden könne, so Gauck.

Zu der Feierstunde an der Universität waren unter anderem auch der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und der Präsident der European Union for Progressive Judaism, Leslie Bergman, gekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte unlängst die neue Potsdamer Einrichtung als ein Beispiel dafür gewürdigt, dass es heute inmitten der deutschen Gesellschaft eine wachsende jüdische Gemeinschaft gebe, die in Deutschland ihren Traditionen zu neuer Blüte verhelfe.

Margot Käßmann vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ging in ihrer Festrede mit dem Antisemitismus des Reformators Martin Luther und dem Versagen der evangelischen Kirche im Nationalsozialismus hart ins Gericht. „Der Antijudaismus Martin Luthers hat der Kirche, die sich nach ihm benannte, ein fatales Erbe hinterlassen“, sagte sie. Um so bedeutender sei es, dass nun mit dem Institut für jüdische Theologie der Ausgangspunkt für eine Begegnung der Religionen auf Augenhöhe geschaffen worden sei. Religiöser Fundamentalismus gleich welcher Prägung schätze Bildung und Aufklärung nicht, so Käßmann. „Gerade deshalb brauchen wir wissenschaftliche Theologie an öffentlichen Universitäten.“ Die Theologie gehöre an die Universitäten, um diskursfähig zu sein in der säkularen Welt und sich eben nicht in privat-religiöse Nischen zu verdrücken. Die Potsdamer Schule werde weit über Deutschland hinaus ausstrahlen.

Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman war es schließlich, der in seinem Grußwort sagte, dass fast 70 Jahre nach dem Ende der Schoah eine Wiedergeburt des jüdischen Lebens in Deutschland zu erleben sei. Nicht nur weil sich die Zahl der Juden erhöhe, sondern auch weil sich immer mehr Deutsche für das Judentum interessieren würden. Jan Kixmüller

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