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Kommen und Gehen. An der Paketstation in der Kantstraße sieht es aus wie immer. Dass dort am Donnerstag ein Paket mit Sprengstoff aufgegeben worden war, erkennt man nicht.

©  Andreas Klaer

DHL-Erpresser: Wie immer Hochbetrieb

Nach dem Fund eines Pakets mit einem Sprengsatz herrscht bei Potsdamer DHL-Kunden kaum Verunsicherung. Ein Besuch an der Packstation, von der die Paketbombe an die Potsdamer Apotheke verschickt wurde.

Potsdam - An der Kreuzung von Kantstraße und Roseggerstraße ist es am Montag ruhig. Das nasskalte Wetter lockt offenbar nur wenige Anwohner vor die Tür, kalter Wind pfeift um die Hausecken in dem Wohnviertel. Ungewöhnlich sind nur die zwei Fernsehkameras, die vor der gelben Packstation von DHL aufgebaut sind. Regelmäßig melden sich von dort Reporter von RTL und N24 zu Nachrichtenaufsagern in ihren Sendezentralen.

Die bundesweite mediale Aufmerksamkeit für die unscheinbare Straßenecke hat einen Grund: Die Packstation ist ein Tatort. Am Donnerstag gegen 7 Uhr morgens wurde dort ein Paket aufgegeben, in dem sich ein selbstgebauter Sprengsatz aus einem illegalen Böller und Hunderten Nägeln befand. Einen Tag später wurde es von einem DHL-Boten an die Königin-Luise-Apotheke in der Dortustraße zugestellt – direkt am Potsdamer Weihnachtsmarkt. Die Polizei machte den Sprengsatz mit einem Hochdruckwasserstrahl unschädlich. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, war der Sprengsatz zündfähig. Es sei „eher einem glücklichen Umstand zu verdanken“, dass das Potsdamer Paket nicht explodierte, sagte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Sonntag.

DHL geizt mit Informationen

Doch an der Paketstation ist davon nichts zu bemerken: Der große gelbe Schrank sieht aus wie immer. Kein Schild weist auf die Vorkommnisse hin. Der Logistikkonzern geizt mit Informationen. Auch eine PNN-Leserin berichtete, ihr DHL-Zusteller wusste nicht Bescheid. Sie traue sich kaum mehr, Pakete anzunehmen, die nicht an sie selbst adressiert seien. Die Polizei hatte die Bevölkerung aufgerufen, bei verdächtigen Paketen von unbekannten Absendern die Polizei zu verständigen und das Paket unter keinen Umständen zu öffnen. Wer ein unbekanntes Paket erhalte, solle es stehen lassen, weggehen und die Behörden alarmieren.

Hinter dem Sprengsatz steckt eine Erpressung gegen den Paketdienst DHL – einer Tochter der Post AG. Der oder die Erpresser verlangen von der Pakettochter der Deutschen Post mehrere Millionen Euro und drohen mit weiteren Bomben. Genaueres ist derzeit noch nicht bekannt. In der Adventszeit herrscht in der Paketbranche Hochkonjunktur, etwa sieben Millionen Sendungen werden täglich zugestellt. Geschenke sollen rechtzeitig zur Bescherung ankommen.

Paketstation so gut besucht, wie sonst

Die DHL-Kunden in Potsdam-West scheinen die Ereignisse nicht abzuschrecken. Schon seit dem Morgen sei ein gutes Dutzend gekommen, um Pakete aufzugeben oder abzuholen, weiß die RTL-Reporterin zu berichten. Auch eine junge Mutter hält am Nachmittag mit ihrem Fahrrad an der Paketstation, das kleine Kind schaut derweil vom Fahrradanhänger aus zu. Die Anwohnerin muss ein Paket loswerden. Eine Rücksendung an ein Versandhaus, sagt sie. Von der Paketbombe habe sie gehört. Eine schlimme Sache, sagt sie. Sorgen mache sie sich dennoch nicht. Sie wolle ja nur ein Paket abschicken und nicht abholen.

Auch in der Potsdamer Hauptpost am Platz der Einheit herrscht am Montag vorweihnachtlicher Hochbetrieb. Die Schlange reicht wie häufig von den Schaltern bis zur Treppe im Foyer. Auch mehrere Wartende mit Paketen unter Armen haben sich eingereiht. So viel Zeit will nicht jeder aufwenden: Ein Kunde möchte sein Päckchen über die sogenannte Paketbox im Foyer abschicken. Von der Erpressung gegen DHL hat er gehört. Er hoffe, dass die Täter schnell gefunden werden. Ein wenig erleichtert sei er dennoch, dass sich die Bombe nicht explizit gegen den Potsdamer Weihnachtsmarkt gerichtet habe. Pakete werde er dennoch weiter verschicken und auch entgegennehmen. Als Privatperson sehe er sich nicht als gefährdet an.

"Wir müssen ja arbeiten"

Während die Kunden auch andere Zustelldienste nutzen könnten, haben die DHL-Mitarbeiter keine Wahl. Es gehört zu ihrem Handwerk, nicht zu wissen, was sie transportieren. Auch am Montagnachmittag kommt ein Paketbote dort vorbei, wo wenige Tage vorher die Paketbombe aufgegeben wurde. Diesmal will er nichts abholen, sondern drei Pakete abliefern. Die Mitarbeiter seien informiert worden, sagt er. Konkrete Konsequenzen gibt es jedoch nicht. Er wisse auch nicht, welche das sein könnten. „Wir müssen ja arbeiten.“ Bemerke man etwas Auffälliges, könne man reagieren. Doch der Potsdamer Sprengsatz war eben auch unauffällig – bis er in der Apotheke geöffnet wurde, Drähte zum Vorschein kamen und es zischte. (mit dpa)

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