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Landeshauptstadt: Wenn ein Streit vom Zaune bricht

Was wäre Potsdam ohne seine Konflikte. Auch 2014 wurde gestritten, was das Zeug hält – über die Mitte, über Spielplätze und über eine Einfriedung

Von Peer Straube

Potsdams Streitbarkeit ist legendär. Auch 2014 lieferten Konflikte unserer Redaktion Stoff für viele, viele Seiten. Es waren Klassiker darunter wie die Auseinandersetzungen um die Potsdamer Mitte, es brachen aber auch neue Fehden buchstäblich vom Zaun.

Womit wir unmittelbar beim wohl saftigsten Streit des zurückliegenden Jahres wären, dem Streit um den von Mathias Döpfner gezogenen Zaun am Potsdamer Pfingstberg. Im Auftrag der Schlösserstiftung will der Springer-Vorstand den Park der Villa Henckel und die Villa Schlieffen am Pfingstberg auf eigene Kosten sanieren. Im August zäunte der das vier Hektar große Areal ein. Dem Irrglauben erlegen, die Bevölkerung würde das Gute dieser Pläne sofort erkennen, verzichtete die Schlösserstiftung jedoch vorab komplett auf Öffentlichkeitsarbeit. Die Folge war eine Welle der Empörung: Anwohner kämpfen seitdem für eine Öffnung des Geländes, die Stadt war sauer, weil die Stiftung Döpfner erlauben wollte, den Park am Wochenende für Besucher zu sperren, und Döpfner wollte schon hinwerfen, weil sich auch Kritik gegen ihn richtete. Nun verhandeln alle Seiten über Kompromisse.

Ein Dauerbrenner gewann in diesem Jahr so richtig an Fahrt – die Auseinandersetzungen um den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Mehr als 14 000 Unterschriften sammelten die Gegner binnen weniger Monate. Zwar kam es nicht zu einem Bürgerentscheid, doch war es für das Projekt insgesamt kein gutes Jahr. Bereits im Januar musste die Wiederaufbaustiftung einräumen, dass die Zusage des Bundes, das Vorhaben mit zwölf Millionen Euro zu fördern, an eine Gesamtfinanzierung gekoppelt ist. Die aber gibt es nach wie vor nicht, es fehlen 26 Millionen Euro für den Turm. Erstmals rückten auch namhafte Befürworter von einem komplett originalgetreuen Wiederaufbau ab. So sprach sich etwa Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe dafür aus, zunächst nur den Turm aufzubauen. Das Kirchenschiff könne, wenn überhaupt, auch in moderner Gestalt errichtet werden.

Auch abseits der Garnisonkirche sorgte die Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte für Zwist. So brachte die Stadtspitze die Leitung und die Studenten der Fachhochschule mit dem Vorschlag gegen sich auf, sie sollten übergangsweise im Rechenzentrum in der Breiten Straße lernen. Der Grund: Die Stadt wollte das FH-Gebäude früher als vom Land beabsichtigt freibekommen, um es abzureißen und die lukrativen Grundstücke für die Neubebauung verkaufen zu können. Nach massivem öffentlichen Druck ruderte die Stadt zurück und verwarf die Umzugspläne. Die FH bleibt nun bis Oktober 2017.

Der Lustgarten, vor allem das Mercure-Hotel, blieb 2014 ein Zankapfel. Zwar startete die Stadt im Mai ein aufwendiges Werkstattverfahren, um eine Vision zur künftigen Gestaltung des Areals zu bekommen. Weil alle beteiligten Architekturbüros bislang aber ohne das DDR-Hotelhochhaus planen, gibt es Kritik. Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) beruhigte: Über das Schicksal des Hotels sei noch nicht entschieden.

Darf man Kindern das Spielen auf Spielplätzen verbieten, die von privaten Bauherren errichtet wurden? Diese Frage erhitzte monatelang die Gemüter in Potsdam. Auslöser war ein Nachbarschaftsstreit im Wohngebiet Ruinenbergkaserne. Anwohner hatten sich über Kinderlärm beschwert, daraufhin wurde der Spielplatz eingezäunt und kann seitdem nur noch von wenigen Kindern genutzt werden. Der Hauptausschuss beschloss im November, dass private Spielplätze von allen Potsdamer Kindern genutzt werden dürfen. Das Rathaus zweifelt aber an der juristischen Durchsetzbarkeit.

Monatelang hatte der Streit getobt, letztlich zerbrach daran sogar die alte Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, FDP und Grünen: Im Mai beschlossen die Stadtverordneten, dass in Potsdam eine Bettensteuer erhoben wird. Bei privaten Übernachtungen müssen Potsdam-Gäste nun einen Aufschlag von fünf Prozent bezahlen. Die Hotelbranche lief Sturm, eine Klage gegen die Zwangsabgabe ist anhängig. Potsdam will mit den Einnahmen – erwartet werden jährlich 870 000 Euro – einen Teil des 160-Millionen-Euro-Pakets für Bau und Sanierung von Schulen gegenfinanzieren.Peer Straube

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