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Wegen Personalnot: Weitere Einschränkungen beim Tramverkehr

Wegen des hohen Krankenstandes bei den Verkehrsbetrieben in Potsdam (ViP) gibt es weitere Einschränkungen. Welche Linien noch betroffen sind:

Von Peer Straube

Potsdam - Nur im 20-Minuten-Takt nach Babelsberg. Keine Verstärkerfahrten zwischen Rehbrücke und Schloss Charlottenhof. Die Bahnen der Linie 92 fahren nicht mehr in den Süden der Stadt, sondern wenden bereits am Schlaatz. Zum Bahnhof Pirschheide fährt nur noch die Linie 91. Die 94 endet am Schloss Charlottenhof, was wiederum Einschränkungen für den Nahverkehr in Potsdam-West bedeutet: Ab Montag, und damit zwei Wochen vor Ferienbeginn, herrscht wie berichtet  in Potsdam bereits Tram-Notbetrieb, ähnlich dem Ferienfahrplan, der dann ab dem 5. Juli ohnehin gilt. Sieben Prozent aller Fahrten fallen aus.

ViP-Chef badaure die "unschöne Situation"

„Wir bedauern diese unschöne Situation außerordentlich“, sagte Oliver Glaser, Geschäftsführer des Verkehrsbetriebs ViP, am Donnerstag bei der Vorstellung des eingeschränkten Fahrplans. Hintergrund ist wie berichtet der akute Personalnotstand bei den ViP-Fahrern, der neben einem generellen Fahrermangel derzeit vor allem einem unerwartet hohen Krankenstand geschuldet ist. 14 von 125 Tramfahrern sind derzeit krank geschrieben, außerdem fehlen dem ViP weitere neun Fahrer, weil die entsprechenden Stellen nicht besetzt werden konnten. Das sei auch eine Folge der zunehmenden Konkurrenz zwischen den Nahverkehrsunternehmen in und um Berlin, die allesamt steigende Fahrgastzahlen zu bewältigen haben und daher mehr Personal benötigten, sagte Glaser. Seit Jahresbeginn suche man bereits „auf allen Kanälen“ nach neuen Tram- und Busfahrern. Nicht jeder Bewerber sei allerdings auch geeignet, die Tätigkeit sei schließlich sehr verantwortungsvoll. Zudem schule der ViP weiterhin eigene Mitarbeiter, fünf hätten ihre Tram-Fahrausbildung in der vergangenen Woche abgeschlossen. Weitere kämen über den Sommer hinzu.

Kritik auch vom Betriebsrat

Glaser und der zweite ViP-Chef Martin Grießner wiesen zugleich Kritik aus dem Betriebsrat zurück, es würden Fahrer vergrault, etwa durch aufgezwungene Dienst- und Urlaubspläne oder gestrichene Zuschläge. Im Gegenteil habe sich die finanzielle Situation für die Fahrer sogar verbessert, weil besonders lange Zwangspausen, etwa an Endhaltestellen wie am Bahnhof Griebnitzsee, inzwischen nach der ersten Fahrt bezahlt würden. Zudem gebe es weitere Sonderzahlungen, einige Fahrer würden auch außertariflich bezahlt.

Dennoch sei das Gehaltsgefälle, etwa nach Berlin, ein Problem, räumte Grießner ein. Die BVG zahle besser. Gutes Personal zu gewinnen und zu halten, mache perspektivisch Lohnerhöhungen nötig. Aktuell verdienen ViP-Fahrer im Durchschnitt etwa 2000 Euro brutto im Monat. Ein weiteres Problem bei der Personalsuche sei der Wohnungsmangel in Potsdam. Daher strebe man eine Zusammenarbeit mit der kommunalen Wohnungsgesellschaft der Pro Potsdam an, um Bewerbern von außerhalb auch preiswerten Wohnraum anbieten zu können. Zudem müsse man die Gestaltung der Dienstpläne und Ruhezeiten verbessern – und mehr herausstellen, dass der ViP im Vergleich ein guter Arbeitgeber sei. Man verfüge über eine moderne Bus- und Tramflotte, einen ebensolchen Betriebshof, zahle pünktlich und biete eine zusätzliche Altersvorsorge für die Fahrer, betonte Glaser.

2400 Ausfälle bis Ende Mai

Die Personalnot beschäftigt den ViP bereits seit Monaten. Im Frühjahr hatte die Grippewelle zu zahlreichen Ausfällen von Tramfahrten geführt. Allein im März waren es mehr als 1400, bis Ende Mai summierten sich die Ausfälle auf mehr als 2400. Nach einem Abflauen im April stieg der Krankenstand im Mai wieder an. Offen blieb dabei allerdings die Frage, ob der hohe Krankenstand nur vorübergehend ist oder Fahrer möglicherweise länger ausfallen, etwa, weil der Stress bei ihnen ein Burn-out-Syndrom verursacht hat.

Glaser und Grießner räumten auch Fehler ein: „Wir haben deutlich zu spät reagiert und deutlich zu geringe Maßnahmen ergriffen“, sagte Glaser. Gemeinsam mit der Stadt werde man die Situation auswerten. Man setze alles daran, nach den Sommerferien wieder den normalen Fahrplan anbieten zu können.

Das Personalproblem wird allerdings eher noch größer. In den nächsten fünf Jahren gehen mehr als 120 ViP-Mitarbeiter in den Ruhestand. 71 davon sind Tram- oder Busfahrer.

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