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Psychiatrie-Prozess am Landgericht fortgesetzt: Was vor dem Würgeangriff geschah

Ein Zeuge erklärt, kurz vor dem Würgeangriff – für ihn überraschend – einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit der Angeklagten gehabt zu haben. Danach brachte er sie auf ihr Zimmer. Dort schlief bereits die später erwürgte Seniorin.

Potsdam - Der Prozess um eine in der Potsdamer Psychiatrie erwürgte Seniorin ist am Donnerstag mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt worden – wobei bemerkenswerte Umstände bekannt wurden. Unter anderem sagte ein 40 Jahre alter Kenianer aus, der zum Tatzeitpunkt am 10. Juli 2017 ebenso als Patient in der Einrichtung In der Aue behandelt wurde, weil er Stimmen in seinem Kopf hörte.

Er schilderte, nur wenige Stunden vor der Tat sei die 35 Jahre alte und ihm bis dato unbekannte Angeklagte weinend in sein Zimmer gekommen. Er hätte sie dann umarmt. Kurz darauf hätten sie bereits – für ihn überraschend – einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt, weswegen ein weiterer Patient das Zimmer verlassen hätte. Später habe er sie in ihr Zimmer begleitet, merkwürdig sei ihm dabei nichts vorgekommen, sagte der Zeuge in seiner von einer Dolmetscherin übersetzten und von Erinnerungslücken geprägten Aussage. In dem Zimmer der Angeklagten habe gerade noch jemand geschlafen – offenbar die nach Mitternacht erwürgte Seniorin. In dem Zimmer ließ er die Angeklagte dann zurück.

Experten hatten die Sicherheitsbedingungen in der Klinik kritisiert

Die Angeklagte steht wegen Totschlags vor Gericht, die Tat soll sie im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen haben. Wie berichtet hatte der Sohn der Getöteten dem Klinikum bereits eine Mitschuld am Tod seiner Mutter gegeben und Schmerzensgeld gefordert. Die Ärzte hätten die beiden Patientinnen nicht gemeinsam in einem Zimmer unterbringen dürfen. Auch der vom Landgericht bestellte psychologische Gutachter hatte die Sicherheitsbedingungen in der Einrichtung kritisiert. Das für die Psychiatrie zuständige Klinikum „Ernst von Bergmann“ hatte hingegen nach einer Sicherheitsüberprüfung erklärt, dass es auch „unvermeidbare schicksalhafte und nicht vorhersehbare Vorkommnisse“ gebe. Ein Experte von der Deutschen Psychiatrie-Gesellschaft hatte zudem erklärt, heutzutage werde auch aus medizinischen Gründen in der Psychiatrie das Selbstbestimmungsrecht der Patienten höher eingeschätzt als in früheren Zeiten. Eine generelle Überwachung der Patienten würde mehr schaden als nützen. Ein Urteil wird am 14. Mai erwartet. 

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