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Landeshauptstadt: Wahlplakate zwischen Trümmern

Gestern vor 60 Jahren gründete sich in Babelsberg der CDU-Ortsverband

Gestern vor 60 Jahren gründete sich in Babelsberg der CDU-Ortsverband Babelsberg - Norbert Kaczmarek erinnert sich noch an das Emailleschild am Eingang: „CDU – Christlich Demokratische Union“. Doch dass sich in der Behringstraße 3 seit August 1945 die erste Geschäftsstelle der Ortsgruppe befand, war dem damals Dreijährigen egal. Gestern aber stand er mit den Mitgliedern der Potsdamer CDU vor seinem Elternhaus und gedachte der Gründung des ersten Ortsverbands für Potsdam und Babelsberg an dieser Stelle vor genau 60 Jahren. Unter den Jubiläumsgästen war auch die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche, der Kreisvorsitzende Wieland Niekisch und Kaczmareks älterer Bruder Gerhardt. Dem 1938 Geborenen ist die politische Vergangenheit seines Vaters Georg und dessen Parteifreunden noch sehr präsent. Die ersten Vorstandssitzungen in dem zwölf Quadratmeter großen Raum im ersten Stock zum Beispiel: „Darin war eine Schreibmaschine und das Allerwichtigste: ein Telefon.“ In der Nachkriegszeit und auch später in der DDR ein Privileg. „Die sieben Vorstandsmitglieder mussten zu den Versammlungen zwei Dinge mitbringen“, erzählte Gerhardt Kaczmarek: „Stullen und Kerzen.“ Die Kerzen waren notwendig, weil ständig der Strom ausfiel. Die Mutter habe vor den Sitzungen immer eine große Kanne Malzkaffee gekocht. So hätten dann alle bei Muckefuck und Kerzenschein gesessen und geredet. Zum Beispiel über die erste Gemeindewahl 1947. Und der heute 67-Jährige hat mit seinem Bruder Wahlplakate in der Stadt verteilt. An die Pfeiler der Kriegsruinen haben die beiden die Plakate, die eher „kleine Zettel“ waren, geklebt. Die CDU als neue Volkspartei habe damals sogar 40 Prozent der Stimmen in Potsdam gewonnen – „die Mehrheit“. Den Oberbürgermeister stellte aber trotzdem die Sozialistische Einheitspartei (SED). Bei ihrer „wilden Plakatiererei“ hätten die Brüder „große Angst vor den russischen Patrouillen“ gehabt und vor den „Schlägertrupps der FDJ“. Um 1950 seien fast alle Vorstandsmitglieder „verhaftet oder ermordet“ worden, einige seien auch in den Westen geflohen. 1952 erkannte die Ost-CDU die Linie der SED an und wurde zur gleichgeschalteten Blockpartei. Die Geschäftsstelle im Wohnhaus der Kaczmareks hatte der Vater 1950 „aufgegeben“. Das Emailleschild aus den Anfangsjahren lag seitdem gut versteckt im Keller des Hauses. Die derzeitigen Bewohner, die Enkel des CDU-Mitbegründers Georg Kaczmerek haben es 60 Jahre später dort gefunden. Juliane Wedemeyer

Juliane Wedemeyer

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