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Landeshauptstadt: Unterwegs im Keller Madrids

Sitzplatzwettbewerb und „schlafende Bänke“: Austauschstudentin Carlotta During über ihre Erlebnisse in Madrids Metro

In der Großstadt Madrid ist das Umherkommen erstaunlich einfach. Das Metro-Netz ist mit 16 Linien weitreichend und gut ausgebaut. Ich lege fast alle Wege mit der Metro zurück und verbringe dort jede Menge Zeit.

Zuerst fahre ich mit der Rolltreppe mehrere Stockwerke in den Untergrund. Manchmal ist es entspannt und alle stehen und quatschen auf der Rolltreppe und manchmal ist es ein irres Gerenne, weil die Anzeige am Eingang der Metrostation nur noch zwei Minuten bis zur Abfahrt anzeigt. Und die zwei Minuten sind nötig, um in den Keller Madrids und zu den Metrosteigen zu gelangen.

In der Metro selbst trifft sich ganz Madrid. Es ist nicht nur ein Transportmittel für junge Leute ohne Auto, sondern die Passagiere sind bunt gemischt. Man trifft dort zum Beispiel auf Sportler in voller Montur, die gerade aus dem Fitnessstudio kommen, gestresste Studenten, die in letzter Sekunde noch durch ihre Karteikarten blättern, Businessleute im Anzug, schicke Señoras mit viel Schmuck und Schminke, Familien und natürlich Touristen aus verschiedenen Ländern.

So unterschiedlich all diese Leute auch sind, so haben sie eines gemeinsam: Sie alle nehmen an dem unausgesprochenen Sitzplatzwettbewerb teil. Es gibt ein Gedränge und man muss schnell sein, denn sobald ein Platz in einer vollen Metro frei wird, schießen alle Blicke dort hin. Und trotz der permanenten Sitzplatzkonkurrenz sind die Madrilenen erstaunlich zuvorkommend, wenn alte Leute einsteigen. Sofort springt jemand auf und bietet seinen Platz an.

Während der Fahrt beschäftigen sich alle Passagiere anders. Dabei sind Smartphones natürlich besonders populär, ganze Bänke starren nur gesenkten Blickes auf ihr Handy. Andere wischen auf ihren Tablets herum, klicken die Seiten auf ihrem E-Reader weiter oder blättern auch ganz einfach in einem Buch. Es gibt viele ältere Damen, die angestrengt über einem Sudoku-Heft grübeln und genauso viele Mädels, die der Selfie-Kultur folgen und sich fotografieren. Am sympathischsten sind mir immer noch die „schlafenden Bänke“ – oft sieht man am späten Nachmittag nach getaner Arbeit eine ganze Reihe von fünf Sitzen einfach schlafen. Alle scheinen gemütlich vor sich hin zu träumen und bringen einen angenehmen Gegensatz zur sonst so stressigen Metro.

Einen solchen Gegensatz bilden auch die Musiker in den Stationen. An manchen Haltstellen, wo sich zwei Metrolinien kreuzen und die Leute schnell von der einen Bahn zur nächsten rennen, stehen sie, manchmal allein oder auch zu zweit. Es ist ein wunderbarer Soundtrack zum Metrofahren und zum Umsteigen, wenn die zwei Geiger in „Principe de Vergara“ fröhlich auf ihren Violinen spielen.

Metro fahren macht Spaß, ist stressig, manchmal nervig, oft entspannt und eine Gemeinsamkeit, die ganz Madrid vereint.

Regelmäßig berichten Schüler und Studenten an dieser Stelle von ihrem Leben im Ausland. Die 21-jährige Carlotta During ist Potsdamerin und studiert derzeit in der spanischen Hauptstadt Madrid.

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