zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Uferweg soll frei bleiben – ohne Radler

Vor-Ort-Termin im Streit um Ufer des Griebnitzsees / Anlieger unterbreiten neuen Kompromissvorschlag

Babelsberg – In der Auseinandersetzung um die Uferflächen am Griebnitzsee deutet sich eine Verschlechterung der juristischen Position der Stadt an. Jedenfalls fühlten sich Eigentümer nach dem vom Gericht angeordneten gestrigen Vor-Ort-Termin am Seeufer in ihrer Position bestärkt. In dem Verfahren soll geklärt werden, ob es sich bei der Uferlandschaft um Bauland handelt oder, so wie die Stadt argumentiert, um freie Landschaft. Unter Berufung auf das brandenburgische Naturschutzgesetz und die dort festgelegten Bestimmungen über freie Landschaft hatte die Stadt den Zutritt für alle auf das Ufergelände – selbst auf privaten Grundstücken – bislang für rechtmäßig erklärt.

Zahlreiche Anwohner sind hingegen der Auffassung, dass das Gelände keine freie Natur sei und die Festlegung der Betretungsrechte somit den Grundstückseigentümern vorbehalten ist. Rechtsanwalt Christoph Partsch betonte gestern gegenüber den PNN, der Ortstermin habe nicht dazu gedient, eine Entscheidung zu treffen. Daher habe das Gericht mögliche Auffassungen auch nur angedeutet. „Wir sind nach diesem Termin jedoch weiterhin davon überzeugt, dass unsere Position die überzeugendere ist“, sagte Partsch. Wie ein Teilnehmer erklärte, habe sich der Richter unter anderem verwundert darüber geäußert, dass das so genannte freie Land am Ufer des Griebnitzsees in weiten Bereichen bereits gärtnerisch gestaltet worden sei. Zugleich habe er Stadt und Anlieger dringend aufgerufen, zu einem Vergleich zu kommen.

Wie Partsch betonte, seien die Vertreter der Stadt jedoch nicht mit dem Auftrag erschienen, einen Vergleich zu verhandeln. Auch auf das Angebot zu weiteren Gesprächen sei die Verwaltung nicht eingegangen. Vielmehr habe, so ein Teilnehmer, Stadtplanungschef Andreas Goetzmann erklärt, dass er erst einmal drei Wochen Urlaub habe. Goetzmann habe sich auch außerstande gesehen, einen Kontakt zu Oberbürgermeister Jann Jakobs zu vermitteln, hieß es.

Von Seiten der Eigentümer gibt es jedoch konkrete Vorschläge für einen Vergleich. Nach PNN-Informationen sind die Grundstückseigentümer nach wie vor bereit, den Uferweg öffentlich zugänglich zu belassen – allerdings nur für Fußgänger. Die Radfahrer seien ein großes Ärgernis und ein Sicherheitsrisiko, betonte Partsch. Die Anwohner wollen ebenfalls erreichen, dass sie den Bereich zwischen Uferweg und Wasser privat nutzen können – bis auf jene Grundstücke, bei denen der ehemalige DDR-Grenzerweg auf Wunsch der Eigentümer ans Ufer verlegt wird. Und die Anlieger fordern außerdem, dass Bootshäuser an den historischen Stellen wiedererrichtet werden können. Wie einer der Anwohner gegenüber den PNN betonte, sei es unproblematisch, diese Forderungen in den B-Plan Griebnitzsee, der derzeit ausgelegt wird, einzuarbeiten. Es sei eine „Abwägungsgfrage“, denn noch sei nichts entschieden. Der Kompromissvorschlag sei umsetzbar.

Rechtsanwalt Partsch geht davon aus, dass noch in diesem Jahr über den Status der Uferflächen entschieden wird. Kommt das Gericht zu der Auffassung, dass es sich nicht um freie Landschaft handelt, könnte dies weitreichende Folgen haben. Zum einen könnten die Eigentümer tatsächlich in Lage kommen selbst darüber zu entscheiden, wer ihre Grundstücke betreten darf. Dadurch würde sich die Verhandlungsposition der Anlieger verbessern. Wichtiger aber noch ist, dass der drohende Wertverlust der Grundstücke durch eine Herabstufung von Bauland zu freier Landschaft aufgehalten werden könnte. Das wiederum könnte dazu führen, dass die Stadt bei notwendigen Enteignungsmaßnahmen wesentlich tiefer in die Tasche greifen müsste, weil die zu erwerbende Fläche nach Baurecht gekauft werden müsste – pro Quadratmeter könnte es sich um mehrere hundert Euro mehr handeln. Beim gestrigen Vor-Ort-Termin habe ein Richter angedeutet, dass der Uferstreifen „keineswegs für ’nen Appel und ein Ei“ zu haben sei. Partsch mahnte gestern die Stadt, auf die Anlieger zuzugehen. Noch sei das grundsätzliche Ziel der Stadt, den Uferweg öffentlich zu belassen, möglich.

Ursprünglich wollte die Stadt das gesamte Areal einer öffentlichen Nutzung zuführen. Doch der Plan für einen großen Uferpark ist nicht mehr umsetzbar, da der Bund, der den früheren DDR-Grenzstreifen verwaltet, zwölf Grundstücke nach den Regeln des Mauergrundstücksgesetzes bereits an ehemalige Besitzer oder Erwerber von Grundstücken rückveräußerte. Juristische Bemühungen, die Veräußerungen rückgängig zu machen, schlugen fehl. Zudem befinden sich 27 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 26 000 Quadratmetern ohnehin in privater Hand.

Ziel des B-Planes ist es, den öffentlichen Uferweg planungsrechtlich abzusichern, auf den Flächen, die die Stadt erwerben kann, eine parkartige Gestaltung zu ermöglichen und, so Finanzbeigeordneter Burkhard Exner, einen Interessensausgleich mit den Anliegern herzustellen. Nach dem gestrigen Vor-Ort-Termin sollte die Stadt gerade daran größtes Interesse haben.

Michael Erbach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false