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Sport: Sumo hilft Tränen trocknen

Sandra Köppen will nun bei der WM in Riesa ein Stück Athener Judo-Enttäuschung los werden

Sandra Köppen will nun bei der WM in Riesa ein Stück Athener Judo-Enttäuschung los werden Eigentlich ist Sandra Köppen eine Frohnatur. Eine, die gern und viel erzählt und eine, die noch lieber und noch mehr lacht. Aber bei den Olympischen Spielen in Athen ist dem Judo-Schwergewicht der Frohsinn ziemlich vergangen. Dort verlor die 29-jährige Mitfavoritin schon in der 2. Runde gegen die namenlose Carmen Chala aus Ekuador – nichts war es mit der Medaille. „Die Sache ist im Kopf noch nicht ausgestanden, die Tränen sind noch nicht getrocknet“, sagt sie. Den Medien ist sie nach der Enttäuschung bisher mehr oder weniger aus dem Wege gegangen. „Ich muss das erst verdauen und das wird ein bisschen dauern.“ Ein „beschissenes Jahr“ sei es gewesen, resümiert die mit Trainer Wolfgang Zuckschwerdt bei den Eltern auf dem „Ulmenhof“ in Schenkenberg bei Brandenburg lebende 130-Kilo-Athletin schon mal vorab, obwohl noch wichtige Wettkämpfe für sie anstehen. Dabei hat sie viel investiert, geackert wie nie zuvor, sich extra operieren lassen und danach im Aufbautraining gequält ohne Ende. Die Party zu Hause, die auf dem Ulmenhof nach den Spielen stattfinden sollte, wo neben Familie Köppen 150 „Zeigetiere“ nebst Sandras Hängebauchschwein-Lieblingen Emma und Gustav ihr Domizil haben, fiel aus. „Danach war mir nicht, ich habe mich lieber erst einmal versteckt.“ Aktive Erholung war angesagt, Volleyball oder Fußball spielen – „das, was man vorher nicht machen durfte und was mir helfen konnte, vom Kopf her wieder hochzukommen“. Einstweilen ist die Bundeswehr-Sportsoldatin aber längst wieder voll in Aktion. Sportlich und darüber hinaus. Ihr Programm in diesen Tage: am gestrigen Freitag war sie Gast bei Johannes B. Kerner in dessen ZDF-Talkshow, am heutigen Sonnabend geht sie ab 11 Uhr mit ihrem Verein PSG Dynamo Brandenburg in der Judo-Bundesliga unter anderem gegen den UJKC Potsdam auf die Matte, am morgigen Sonntag greift sie bei der 12. Sumo-WM in Riesa nach dem Titel. Den hat sie 2001 schon mal gewonnen, ausgerechnet im Mutterland des den Göttern gewidmeten Zweikampfsports der Kolosse. Seitdem hat sie in Japant eine große Fangemeinde und wird fast so verehrt wie die Männer-Stars Akebono oder Takanohana. Gold in Riesa, wo bereits zum zweiten Male die Amateur-WM der Sumotori veranstaltet werden – was der sächsischen Kleinstadt den ehrenden Beinamen „Sumo-Hauptstadt Europas“ eintrug –, könnte Sandra Köppen mit dem „beschissenen Jahr“ versöhnen. Sollte man meinen. Aber die gelernte Arzthelferin wehrt ab. „Natürlich würde ich mich über einen solchen Erfolg in der Heimat und vor großer eigener Fangemeinde freuen, aber ein Ersatz für die Olympia-Pleite kann das nicht sein“, sagt sie. Zwar ist sie ein ausgemachter Sumo-Liebhaber und -Aktivist, „aber ich finde es ärgerlich, wenn Judo immer hinten dran gesetzt wird“. Für Sandra Köppen bleibt Judo die Sportart Nummer eins, von dort aus ist sie zum Sumo gekommen, „das eine wunderbare Zugabe ist“. Sozusagen ein legales „unterstützendes Mittel“, das mit dem Erfolg Motivation und Ehrgeiz schüren kann. Mitte September ist sie in Brandenburg zum -zigsten Male Deutsche Meisterin geworden, nun könnte in Riesa gegen starke Konkurrenz aus Asien, Russland und Westeuropa das internationale Championat folgen. Ihren sportlichen Abschied nehmen wird sie nach der Saison auf keinen Fall. „Das habe ich zwar irgendwo gelesen, aber da lag jemand gründlich daneben. Warum sollten die Spiele in vier Jahren nicht ein Fernziel sein? Ich will nochmal ein richtiges Ding reißen“, verkündet Sandra Köppen, die sich auch bei der Bundeswehr weiterverpflichtet hat, kampfeslustig. Bei der Sumo-WM in Riesa, mit doppelten Essenportionen und Spezialbetten für die Teilnehmer (der Este Madis Ounupuu ist mit 200 Kilo gemeldet) bestens präpariert, will sie dafür schon mal eine Anzahlung leisten.

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