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Umstrittene Männerklos in einem Potsdamer Club: Streit um Pissoirs erreicht Landespolitik

Der Frauenpolitische Rat kritisiert die Mund-Pissoirs in einem Potsdamer Club, Brandenburger CDU-Politikerinnen distanzieren sich von der Kritik. Jetzt meldet sich die Designerin zu Wort.

Potsdam - In den Potsdamer Streit um Urinale in Mundform schalten sich nun Landespolitikerinnen ein. Auch die niederländische Designerin der wie ein Frauenmund mit knallroten Lippen geformten Pissoirs, die im neuen Potsdamer Klub „Pirschheide“ hängen und für Unmut sorgen, hat sich nun zu Wort gemeldet. Die 43-jährige Meike van Schijndel erklärte den PNN am Dienstag in einer Stellungnahme, bei dem „Kisses!“-Urinal handele es sich um ein geschlechtsloses Kunstobjekt im Cartoon-Style.

Designerin: „Mein Urinal wird auch keine Schäden auslösen“

Das Design sei Teil einer schon vor Jahren aufgelegten Badezimmer-Serie, mit der sie Farbe und Fantasie in die standardisierten weißen Badezimmer der Welt bringen wollte. Dabei gehe es auch um einen Hauch von Sinnlichkeit – für den die roten Lippen des Urinals stünden. Den Gedanken an einen Mann, der in einen Frauenmund uriniert, hätte sie nie gehabt. Vielmehr sei das Urinal eher wie ein Comic designt, karikaturenhaft. „Mein Urinal wird auch keine Schäden auslösen.“ Wie berichtet hatte das Design in den vergangenen Jahren auch schon anderswo heftige Debatten ausgelöst. Insgesamt hätten die positiven Reaktionen aber stets überwogen, erklärte Meike van Schijndel. „Die Wahrheit liegt in den Augen des Betrachters.“

Wie berichtet hatte der Betreiber des vor der Eröffnung stehenden Klubs „Pirschheide“ die Pissoirs ausgesucht, in einem PNN-Bericht war ein Foto erschienen. Daraufhin hatte sich Ende der vergangenen Woche der Frauenpolitische Rat des Landes Brandenburg zusammen mit der städtischen Gleichstellungsbeauftragten und dem Potsdamer Frauenzentrum zu Wort gemeldet. „Wir schlagen vor, diese Urinale schnellstmöglich zu demontieren.“ An einem öffentlichen Ort damit „zu kokettieren, dass bereitwillig aufgesperrte Frauenmünder jederzeit für die Verrichtung der männlichen Notdurft bereitstehen“, sei gedankenlos und schlimmstenfalls frauenverachtend, so der Zusammenschluss von 20 Frauenorganisationen in einer Mitteilung.

Doch ganz offensichtlich sieht es nicht jedes Mitglied des Rates so. So distanzierte sich Anja Schmollack (CDU), eine der fünf Sprecherinnen im Rat und stellvertretende Landesvorsitzende der Frauen Union Brandenburg, von der Stellungnahme. Diese Diskussion sei überflüssig und „geeignet, Frauenpolitik in ein despektierliches Licht zu rücken. Sie ist kein Querschnitt des Meinungsspektrums der Mitgliedsorganisationen.“ Aus dem Rat hieß es, intern werde geprüft, wie man mit der Kritik nun umgehe. Die Sprecherinnen im Rat repräsentieren jeweils verschiedene Mitgliedsorganisationen.

Augustin (CDU): "Sollten wir uns nicht den wirklichen Herausforderungen stellen statt uns über Pipifax aufzuregen?"

Deutliche Worte kamen auch von der frauenpolitischen Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Kristy Augustin: „Über Geschmack lässt sich sicherlich streiten. Auch was Kunst ist, liegt im Auge des Betrachters. Ob Salz-Pfeffer-Streuer als Schweinchen beim Akt, das Telefon in Form einer Toilette, es gibt kaum etwas, was es nicht gibt.“ Ob nun aber ein Pissoir in Form eines offenen Frauenmundes einen Angriff auf die Emanzipation der Frau darstelle, sei doch fraglich. „Sollten wir uns als engagierte Frauen in unseren Verbänden nicht den wirklichen Herausforderungen stellen und für Lohngleichheit, einen höheren Frauenanteil bei politischen Ämtern, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und vieles mehr eintreten, statt uns über Pipifax aufzuregen?“, so Augustin weiter. Dadurch werde Frauenpolitik wieder einmal unglaubwürdig gemacht, „weil wir uns mit Banalitäten statt wirklichen Themen auseinandersetzen“.

Dagegen hatte die Potsdamer Grünen-Fraktion die Abnahme der Toiletten gefordert. Angesichts der Kritik hatte sich „Pirschheide“-Betreiber Ronald Engelhardt, ein Elektromontage-Unternehmer aus Werder (Havel), irritiert gezeigt – es handele sich schließlich um eine private Investition. Zudem habe seine Frau Shima die Pissoirs für den im Mai öffnenden Veranstaltungsklub ausgesucht. Der Streit hat inzwischen für ein überregionales Medienecho gesorgt. Designerin Schijndel kann die Aufregung nicht nachvollziehen. „Aber offensichtlich ist das eine Diskussion, die niemals enden wird.“ Dabei denke sie, dass es in dieser Welt viel größere Probleme gebe, an denen sich Menschen abarbeiten könnten – statt an einem einfachen Urinal. 

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Die Pissoirs in Mundform in einem neuen Club in Potsdam sorgen für Gesprächsstoff. Zu Recht werden die Männertoiletten kritisiert, meint PNN-Autor Marco Zschieck. Männer sind vor dem Pissoir eher von schlichter Natur, entgegnet PNN-Autor Alexander Fröhlich - und versteht die Aufregung nicht. Lesen Sie hier das Pro und Contra zum Thema >>

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