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Aus dem GERICHTSSAAL: Staatsanwalt: Verkettung unglücklicher Umstände

Fußgänger prallte mit Radfahrerin zusammen / Jetzt stand der Mann wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

„Ich wollte zum Bäcker in der Nansenstraße, als ich in Höhe des Hauses Zeppelinstraße 32 hinter mir das Geräusch eines Radfahrers vernahm. Um Platz zu machen, lief ich noch dichter an der rechten Seite entlang“, berichtet Lars L.* (32) vor Gericht. „Plötzlich spürte ich einen Stoß im Rücken.“ Der wissenschaftliche Mitarbeiter schaute sich laut eigener Aussage um, sah eine Frau samt ihrem Rad an der Hauswand liegen. „Zuerst dachte ich, ihr wäre nichts Schlimmes passiert. Doch dann signalisierte sie mir, sie könne nicht mehr aufstehen.“ Der Potsdamer alarmierte einen Rettungswagen, sprach bis zu dessen Eintreffen mit der Verunglückten, kümmerte sich um ihr Fahrrad. „Am Abend rief mich ihr Mann an. Er sagte, seine Frau habe sich einen Knochenbruch zugezogen. Sie müsse im Krankenhaus bleiben“, so Lars L. Von der Polizei habe er später erfahren, dass die 51-Jährige zwei Wochen nach jenem 4. April 2006 verstorben sei. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal vor Gericht lande“, so der wegen fahrlässiger Tötung Angeklagte.

Dieter D.* (58), der Ehemann des Opfers, schildert im Zeugenstand, seine Frau habe ihm kurz nach dem Unfall erzählt, der Fußgänger habe sie umgerannt. „Sie war der Meinung, der Mann wollte die Zeppelinstraße überqueren. Doch die Ampel schaltete auf rot. Da sei er zurückgekommen. Meine Frau hat noch gebremst. Trotzdem ist er ihr ins Vorderrad gelaufen. Das hatte hinterher eine große Acht.“ Er habe die Kriminalpolizisten gebeten, sich das Rad zur Auswertung eventueller Spuren anzusehen. Doch die hätten nur abgewinkt. Schließlich hätten sie keinen derartigen Auftrag von der Staatsanwaltschaft, beklagt sich der Witwer.

Die Gerichtsmediziner sehen einen kausalen Zusammenhang zwischen dem komplizierten Trümmerbruch im rechten Knie der stark übergewichtigen Frau, die an Osteoporose litt, und der Lungenarterien-Embolie, an der sie im Bergmann-Klinikum starb. „Trotz Tromboseprophylaxe, wie sie während des gesamten Krankenhausaufenthaltes der Patientin erfolgte, ist eine Vermeidung von Komplikationen nicht immer möglich, betont Dr. Christian König (45) vom Brandenburgischen Institut für Rechtsmedizin. Eine Embolie sei noch immer die häufigsteTodesursache nach Operationen, speziell an den Beinen.

Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft ist geneigt, eher der Darstellung des Hinterbliebenen zu glauben. Dennoch – so seine Ansicht – solle Lars L. nicht unnötig kriminalisiert werden. „Es war eine Verkettung vieler unglücklicher Umstände. Die Schuld des Angeklagten ist gering.“ Deshalb könne das Verfahren ausnahmsweise gegen Zahlung einer Geldbuße, die in etwa der zu erwartenden Geldstrafe entsprechen solle, eingestellt werden. Das Gericht stimmt zu, setzt die Höhe auf 1500 Euro fest. Sie werden dem Malteser Hilfsdienst zugute kommen. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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