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Enteignung in Potsdam: Showdown um den Uferweg in Groß Glienicke

Das Land will noch in diesem Jahr über alle Enteignungsverfahren in Groß Glienicke entscheiden.

Potsdam - Die Sonne glitzert auf der Wasseroberfläche, Baumwipfel wogen sanft im Wind. So ein See hat schon etwas für sich. Auch in Groß Glienicke würden sich viele darüber freuen, wenn sie das Seeufer auch erreichen könnten. Doch bekanntlich tobt die Auseinandersetzung um den Uferweg am Groß Glienicker See schon viele Jahre. Statt Badegästen und Spaziergängern beschäftigen sich seither vor allem Juristen mit dem Seeufer.

Nun wird der Streit erneut zu einem Fall für die Gerichte. Am 30. August will sich die auf Enteignungsrecht spezialisierte Kammer für Baulandsachen am Landgericht Neuruppin mit der Klage eines Seeanrainers gegen die Enteignungsbehörde des Landes Brandenburg beschäftigen. Diese hatte im Dezember 2017 entschieden, dass der betroffene Eigentümer der Stadt den Bau eines drei Meter breiten Uferwegs über sein Grundstück erlauben und dieses öffentliche Wegerecht auch als Dienstbarkeit ins Grundbuch eintragen lassen muss. Im Vorfeld waren Güteverhandlungen gescheitert.

Unterdessen treibt die Behörde die Enteignungsverfahren gegen 19 weitere Sperrer am Groß Glienicker Seeufer voran. Noch in diesem Jahr sollen alle Verfahren entschieden werden, so ein Sprecher. Dass passt der Stadt ins Konzept: Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte zuletzt gesagt, er gehe davon aus, dass die Enteignungsbehörde in den übrigen Fällen ebenso entscheide wie im ersten.

Eigentlich hatte das Land beabsichtigt, die erste Enteignung zum Musterverfahren für alle anderen zu machen. Doch dem hätten die Verfahrensbeteiligten zustimmen müssen. Die Stadt stellte sich quer. „Dem Verfahrensvorschlag der Enteignungsbehörde, die Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichts ruhen zu lassen, widersprach die Stadt“, heißt es dazu auf Nachfrage aus dem Rathaus.

Uferweg an vielen Stellen kein wirklicher Gewinn

Nach PNN-Informationen wollte man im Rathaus den Eindruck vermeiden, dass die Stadt das Verfahren bremst. Schließlich ist offen, wann und wie das Landgericht entscheidet. Zudem steht es beiden Seiten zu, weitere Rechtsmittel einzulegen. Allerdings hatten auch Seeanrainer ein Musterverfahren abgelehnt. Ob die Realisierung des Uferwegs dadurch beschleunigt wird, ist allerdings ebenfalls offen. Denn ohne Musterentscheidung bleiben Klagen gegen jede einzelne Enteignungsentscheidung des Landes möglich.

Geklagt wird auch vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg. Dabei handelt es sich um ein erneutes Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan. Die Stadt sieht dem gelassen entgegen. Man vertrete die Auffassung, dass der Bebauungsplan rechtsverbindlich sei, so Stadtsprecher Stefan Schulz, zumal das damalige Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) bereits in zwei Verfahren entschieden habe, dass der B-Plan und auch explizit die Uferwegfestsetzung rechtmäßig seien. Wann darüber entschieden wird, unklar. „Dieses relativ neue Verfahren steht derzeit noch nicht zur Verhandlung an“, teilte das Oberverwaltungsgericht auf Nachfrage mit.

Schaut man sich vor Ort um, kann man den Eindruck gewinnen, dass der Uferweg an vielen Stellen kein wirklicher Gewinn ist. Streckenweise säumen mehr als mannshohe, blickdichte Hecken den Weg auf beiden Seiten. Der See hinter den Gewächsen ist allenfalls zu erahnen. Sehen kann man ihn nicht. An anderen Stellen sind die Grundstücke zwischen Uferweg und Ufer eingezäunt. Es gibt Schilder, die das Betreten verbieten. Wo der Blick frei ist, erkennt man teilweise gestaltete Grünanlagen mit Sitzmöbeln und Spielgeräten.

Ufer als Teil der freien Landschaft, die jedermann betreten darf

Für Ortsbeiratschef Winfried Sträter steht die Durchsetzung des Uferwegs im Vordergrund. In einem Antrag für die nächste Sitzung des Ortsbeirats im September fordert er gemeinsam mit Birgit Malik „das Ziel eines fairen Interessenausgleichs“. Dem könnte der öffentliche Zugang zum Ufer geopfert werden: „Der Ortsbeirat respektiert das Vorhandensein privater Uferflächen zwischen Uferweg und See, die nicht gegen den Willen der Eigentümer betreten werden dürfen“, so der Antragstext.

Ortsbeiratsmitglied Andreas Menzel, auch Sprecher der Initiative Freies Groß Glienicker Seeufer, vertritt hingegen die Auffassung, dass das gesamte Ufer frei zugänglich sein sollte. Seine Argumentation: Das Ufer sei Teil der freien Landschaft, die jedermann betreten dürfe. Außerdem seien Zäune, Sitzecken und Pflanzungen im Landschaftsschutzgebiet Königswald mit Havelseen untersagt. Ein entsprechendes Rechtsgutachten hat er anfertigen lassen.

Menzels Sicht stimme die Stadt auch grundsätzlich zu, so Schulz. Die Stadtverwaltung kontrolliere regelmäßig und ahnde Verstöße gegen die Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet. Allerdings seien die Konsequenzen nicht öffentlich wahrnehmbar, weil sich die Durchsetzung wegen der Rechtsbehelfe „nicht kurzfristig, sondern über Jahre erstreckt“. Gärtnerische Umgestaltungen, die sich insbesondere an die Pflanzliste des Bebauungsplans halten, könnten nicht rückgängig gemacht werden.

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Lesen Sie weiter: 

Kommentar: Uferloser Streit - Im Rechtsstreit um den Uferweg am Groß Glienicker See sollte sich die Stadt auch ein waches Auge auf die Ufergrundstücke behalten. PNN-Autor Marco Zschieck über das Warten auf Wege am Ufer.

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