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Schüler der Voltaireschule bei den Dreharbeiten ihres Films auf dem Dach des Rechenzentrums.

© Claudia Ziegenfuß/Claudia Ziegenfuß

Schüler-Doku über das Potsdamer Rechenzentrum: „Viele Künstlerinnen und Künstler können hier ihren Traum leben“

In „Wenn die Kunst zerreißt“ geben Schüler der Potsdamer Voltaireschule Einblicke in das Rechenzentrum. Der Film plädiert deutlich für den Erhalt des Kreativhauses.

Die Kamera folgt einem Riss in der Wand, der einmal vom Boden bis zur Decke geht: Gut einen Zentimeter ist er breit, an einer Stelle wurde er demonstrativ mit einem Heftpflaster „geflickt“. „Der Riss ist während der Bauarbeiten an der Garnisonkirche entstanden“, sagt die Stimme aus dem Off.

Die Sequenz gehört zu den eindrücklichsten Szenen in „Wenn die Kunst zerreißt“, dem 25-minütigen Dokumentarfilm der Klasse 9W der Voltaireschule Potsdam, in dem die Schülerinnen und Schüler sich eingehend mit dem Rechenzentrum Potsdam beschäftigt haben. Am Montag feierte der Film seine Premiere in dem Kunst- und Kreativhaus, rund 50 Besucherinnen und Besucher waren zu der Vorführung gekommen.

Zu Wort kommen vor allem die Kreativen selbst, die immer wieder die Gemeinschaft im Haus betonen: „Es gibt eine relativ gute Kommunikation über die Hauspost: Wenn irgendjemand irgendwas braucht, zum Beispiel einen Fotoapparat, fragt man einfach herum“, sagt der Fotograf Michael Lüder, der seit 2017 im Rechenzentrum ist. Er hatte sich damals die hohen Mieten in der Innenstadt nicht mehr leisten können und war deshalb hierhergekommen. „Das war wirklich ein Glücksfall“, so Lüder.

Es wird nicht nochmal so einen Ort wie das Rechenzentrum geben, mit dieser Community und all dem Wissen, das es hier gibt.

Laura Licht, Schmuckdesignerin im Rechenzentrum

„Man fühlt sich total wohl und aufgehoben, es ist preistechnisch unschlagbar und super zentral – eigentlich gibt es nur positive Dinge über das Rechenzentrum zu sagen“, sagt die Schmuckdesignerin Laura Licht. Ein Abriss des Gebäudes wäre aus ihrer Sicht fatal: „Es wird nicht nochmal so einen Ort wie das Rechenzentrum geben, mit dieser Community und all dem Wissen, das es hier gibt“, so Licht.

Filmdreh im Rechenzentrum.
Filmdreh im Rechenzentrum.

© Joao Xavier/Joao Xavier

Auch die Malerin und Filzkünstlerin Simone Westphal hat es einst ins Rechenzentrum gezogen, weil sie Kontakt zu anderen Kreativen suchte: „In meinem Atelier in Wannsee war ich viel alleine, es war mir irgendwann zu langweilig.“

Die Kamera schaut in verschiedene Ateliers und Arbeitsräume, manche sind mit Kunstinstallationen gefüllt, andere mit Staffeleien, einige haben auch einfach nur einen Tisch mit Computer. Immer wieder geht der Blick vom Dach des Rechenzentrums in die benachbarte Umgebung: die Breite Straße, die Plantage, das abgeschaltete Glockenspiel, die Baustelle des neuen Kreativquartiers und der Turm der Garnisonkirche.

In dem Film steckt ein Schuljahr Arbeit

Der Film wirkt professionell, ein ganzes Schuljahr haben die Schülerinnen und Schüler daran gearbeitet. „Wir haben uns seit dem Herbst damit beschäftigt, und es war relativ schnell klar, dass es eine Doku werden sollte“, sagt eine der Schülerinnen. Der Vorschlag, sich mit dem Rechenzentrum zu beschäftigen, kam aus der Klasse selbst. „Viele von uns kannten das Rechenzentrum vorher gar nicht“, sagt die 15-jährige June Stange.

Zuvor wurden sie in wöchentlichen Workshops zum Thema dokumentarisches Arbeiten geschult, unter anderem mit Unterstützung des professionellen Filmemachers Bruno Derksen. „Wir wussten anfangs nicht viel darüber, wir hatten bis dahin nur Filme mit dem Handy gemacht“, sagt Stange.

Anschließend folgten Recherchen und Kontaktaufnahmen zum Rechenzentrum, die Dreharbeiten fanden im Frühjahr statt. Am Ende mussten insgesamt vier Stunden und 45 Minuten Rohmaterial gesichtet und geschnitten werden.

Die Doku ergreift deutlich Partei für den Erhalt des Rechenzentrums: Da die Klasse 9W laut eigener Aussage sehr künstlerisch ausgerichtet ist, fiel die Identifikation mit den Kreativen leicht, zumal diese in unmittelbarer Nachbarschaft der Voltaireschule arbeiten.

Die Schülerinnen und Schüler zeigten sich vor allem von dem Zusammenhalt im Rechenzentrum beeindruckt: „Es ist ein richtig schöner Ort, wo viele Künstlerinnen und Künstler ihren Traum leben können“, sagt Stange. „Ich kann nicht nachvollziehen, warum es abgerissen werden soll, ich fände es richtig schade.“

Der Film entstand im Rahmen des internationalen Filmbildungsprogramms „Cinema en curs – Filmen macht Schule“, das in Brandenburg seit 2016 an verschiedenen Schulen stattfindet. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen dem spanischen Kulturverein „A Bao A Qu“ und dem Landesverband Kinder- und Jugendfilm Berlin e.V.

Claudia Ziegenfuß von Cinema en curs lobt das Resultat des Projektes: „Die Schülerinnen und Schüler erweitern den Diskurs zum Thema um eine jugendliche Perspektive.“

Gefördert wurde die Doku vom brandenburgischen Bildungsministerium, der Stiftung der Pricewaterhouse-Coopers GmbH, der Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg und der Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam. In ein bis zwei Wochen soll der Film auch online auf der Webseite www.filmen-macht-schule.de zu sehen sein.

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