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So wie die Luxemburg-Grundschule werden viele Potsdamer Schulen und Kitas ab Mittwoch aussehen.

© Ottmar Winter

Kita- und Schulschließung in Potsdam: Schon 550 Anträge auf Kinder-Notbetreuung

Nach der Kita- und Schulschließung will das Rathaus Eltern in "systemrelevanten" Berufen helfen. Arbeitgeber setzen auch auf mehr Homeoffice – und kreative Lösungen gegen Infektionen.

Bei der Kinderbetreuung in Potsdam gibt es wegen der Corona-Krise weitere Einschränkungen. Nun sind auch sogenannte Tagespflegestellen ab Mittwoch von der Schließung betroffen, teilte die Rathausspitze am Montagnachmittag vor Journalisten mit. In der Kindertagespflege sei das Infektionsrisiko besonders hoch, weil Erzieher und Kinder einen engen Kontakt hätten. „Und die Tagespfleger benötigen wir auch als stille Reserve“, sagte Jugenddezernentin Noosha Aubel (parteilos).

Die Zahl der Notplätze ist begrenzt

Wie überall in Brandenburg schließen in Potsdam ab Mittwoch alle Kitas und Schulen, damit will man die Ausbreitung des Coronavirus eindämmen. Allerdings wird es eine Notbetreuung für Kinder von Eltern geben, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten, etwa als Ärzte. „Die Notplätze sind begrenzt und sollten dem Personenkreis zur Verfügung gestellt werden, der keine anderen Möglichkeiten der Versorgung hat“, teilte die Stadt dazu mit. Nach Stadtangaben waren bis Montagabend rund 550 Anträge auf eine Notfallbetreuung eingegangen. Sie sei zuversichtlich, genügend Plätze anbieten zu können. „Alle Anträge, die bis Dienstag 18 Uhr eingehen, sollen auch noch am Dienstag positiv oder negativ beschieden werden.“ Das hänge aber von der weiteren Entwicklung ab. Die Anträge müssen per Mail an Notbetreuung@rathaus.potsdam.de oder per Fax an (0331) 289842240 eingereicht werden.

Verwirrung gab es noch am Montagvormittag – aber auch schnelle Lösungen. So twitterte eine Potsdamerin, sie finde keine Notbetreuung für ihre drei Kinder, obwohl sie und ihr Mann in systemrelevanten Berufen arbeiten würden – allerdings in Berlin, nicht in Potsdam. Die Stadt Potsdam versprach via Twitter Hilfe: „Das ist tatsächlich ein Problem. Wir suchen für alle Fälle wie Ihren nach kreativen Lösungen.“ Bei den PNN meldete sich eine weitere Potsdamerin mit demselben Problem: Sie arbeite als Hebamme in Berlin, ihr Mann als Lungenarzt, schilderte sie. In der Pressekonferenz der Stadt am Nachmittag hieß es dann, der Arbeitsort sei doch egal. Man habe erst auf die entsprechende Regelung von Landesebene warten müssen, hieß es zur Erklärung.

Stadt stellt klar: Apotheker sind "systemrelevant"

Ferner hatte sich ein Apotheker an die PNN gewendet: Hartmut Kulka, Chef der Linden- und der Känguru-Apotheke in Babelsberg und Potsdam-West: Viele seiner Mitarbeiter seien verzweifelt, weil sie noch keinen Antrag stellen konnten. Denn die Mitarbeiter aus dem pharmazeutischen Bereich waren noch nicht als „systemrelevant“ eingestuft worden und waren auf einer entsprechenden Liste der Stadt nicht verzeichnet. Doch schon eine Stunde später war die Liste aktualisiert, wie eine Sprecherin des Rathauses sagte: Mitarbeiter in Apotheken haben einen Anspruch auf die Kindernotbetreuung.

Viele Branchen in der Region müssen sich nun neu organisieren. Die in Potsdam ansässige Mittelbrandenburgische Sparkasse mit rund 1500 Mitarbeitern reagiert auf die Krise. „Wir haben die Möglichkeiten, im Homeoffice zu arbeiten, stark intensiviert. Sehr viele Kolleginnen und Kollegen, deren Tätigkeiten dafür geeignet sind, können von zu Hause arbeiten“, sagte Unternehmenssprecher Robert Heiduck auf PNN-Anfrage. Mitarbeiter mit betreuungspflichtigen Kindern stünden viele Möglichkeiten offen, „wie zum Beispiel bei einem Kita-Streik“. Zudem erweitere man die sogenannten Randarbeitszeiten, „so dass Eltern, deren Tätigkeiten dafür geeignet sind, quasi in den ‚Schichtbetrieb‘ gehen können.“ Gegenwärtig habe man bereits vereinzelte Corona-Verdachtsfälle im Unternehmen, zum Beispiel Urlaubsrückkehrer: „Diese Mitarbeiter sind zu Hause in Quarantäne.“

Homeoffice und kaum noch Dienstreisen oder Konferenzen

Das Geoforschungszentrum (GFZ) auf dem Potsdamer Telegrafenberg hat seine Regelungen zur Heimarbeit so angepasst, dass insbesondere Beschäftigte mit betreuungspflichtigen Kindern von Zuhause aus arbeiten können. Das sagte GFZ-Sprecher Josef Zens den PNN auf Anfrage. Damit könne ein Großteil der 1300 Beschäftigten nun im Homeoffice arbeiten. Das GFZ hat knapp 1300 Beschäftigte über mehrere Standorte in Deutschland verteilt, unter anderem in Oberpfaffenhofen in Bayern und Niemegk in Potsdam-Mittelmark. Der größte Teil der Beschäftigten arbeitet allerdings auf dem Telegrafenberg und an mehreren Standorten in Potsdam. Zens sagte weiter: „Wir haben unsere Kantine anders bestuhlt, um größere Abstände zwischen den Tischen und Sitzplätzen herzustellen.“ Konferenzen und Treffen seien weitgehend abgesagt, interne Meetings finden mit jeweils einem freien Sitzplatz zwischen Teilnehmenden statt. „Dienstreisen werden sehr stark eingeschränkt.“ Bisher habe man es mit weniger als fünf Corona-Verdachtsfällen zu tun, diese seien in Quarantäne.

Auch an der Universität Potsdam soll vermehrt Heimarbeit möglich sein. „Vorgesetzte können vorübergehend Heimarbeit anordnen“, sagte Uni-Sprecherin Silke Engel. Im Einzelfall würde die Möglichkeit von Homeoffice geprüft, wobei von diesem Instrument insbesondere dann Gebrauch gemacht werden soll, wenn Kinder wegen der Schließung von Schulen oder Kitas betreut werden müssen oder wenn Vorerkrankungen vorliegen. So verfahre man auch bei Corona-Verdachtsfällen.

Kita-Träger fordern Elternbeiträge trotz Schließung

Für die Kinderbetreuung ist im Einzelfall aber auch die Kreativität von Einzelnen gefragt. So sagte auch Sozialdezernentin Brigitte Meier (SPD), selbstverständlich könnten Privatpersonen auch andere Kinder betreuen. „Bitte achten Sie darauf, dass die Gruppen der betreuten Kinder klein sind“, erklärt das Rathaus dazu.

Mit den Kita-Schließungen stellen sich aber auch weitere Fragen. Denn trotz der Schließungen der Einrichtungen fordern in Potsdam tätige Kita-Träger wie die Fröbel-Gruppe weiterhin Elternbeiträge: „Wir werden die Beiträge für März vertragsgemäß einziehen. Etwaige Rückerstattungen werden wir dann voraussichtlich im April weiterleiten“, sagte die Sprecherin der Fröbel-Gruppe, Beatrice Strübing, den PNN auf Anfrage. Zu allen Fragen bezüglich Umgang mit Elternbeiträgen und Essensgeldern warte man wie in vielen Kommunen noch auf die Rückmeldung der Behörden, so die Sprecherin des bundesweit aktiven Trägers, der in Potsdam rund ein Dutzend Einrichtungen der Kinderbetreuung betreibt. „Momentan kümmern wir uns um die dringendsten Fragen – vor allem eben um die Sicherstellung des Notbetriebs in unseren Kitas“, so Strübing.

Infektionsschutz Marke Eigenbau

Es gibt aber auch andere Formen, wie sich Arbeitgeber in dieser Lage kümmern können. Apotheker Hartmut Kulka sagte zum Beispiel auch, als Arbeitgeber habe er in seinen beiden Apotheken am Wochenende zum Infektionsschutz noch große durchsichtige Plexiglasplatten an den Kassenplätzen montiert – zum Schutz seiner Mitarbeiter und auch der vielen Bürger, die aktuell in die Apotheken kommen: „Der Andrang ist groß, das Informationsbedürfnis auch.“ Der angefertigte Plexiglasschutz sei auch mit der Hilfe eines Schreiners am Wochenende möglich gewesen. „Man hat natürlich Sorgen – aber wir wollen auch Zuversicht verbreiten. Es werden schließlich in Deutschland nun viele Maßnahmen gegen die Ausbreitung dieser Virus-Erkrankung ergriffen.“ mit wik/jaha

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