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Landeshauptstadt: Schnecke auf goldenem Grund

Das Landhaus „Zankapfel“ wurde von der ersten freiberuflichen Architektin Deutschlands entworfen. Zum Denkmaltag ist es geöffnet

Von Sarah Kugler

Es erinnert an in sich gedrehte Äste: das Treppengeländer im Landhaus „Zankapfel“ in der Rosa-Luxemburg-Straße 13. In schneckenhausartigen Kurven windet es sich vom Wohnzimmer des Hauses in die oberen Etagen und erweckt den Eindruck, ein organisches Element an den Wänden zu sein. Es ist eines der wenigen Überbleibsel des um 1910/11 errichteten Hauses, das am Sonntag zum Tag des offenen Denkmals für Besucher zugänglich ist.

Das Haus ist vor allem deswegen so interessant, weil es von der ersten freiberuflichen Architektin Deutschlands, Emilie Winkelmann, entworfen wurde. Sie sei wohl auch für den Namen „Zankapfel“ verantwortlich, wie Denkmalpfleger Jörg Limberg verrät. Im Jahr 1875 geboren, lernte sie im Zimmermannsbetrieb ihres Großvaters neben einer praktischen Ausbildung auch das Anfertigen von Zeichnungen für Um- und Neubauten. Später war sie in verschiedenen Architekturbüros tätig und studierte schließlich zwischen 1901 und 1905 Architektur an der Technischen Hochschule in Hannover. Ohne Studienabschluss – das Ablegen einer Diplomprüfung wurde ihr nicht genehmigt – gründete sie 1908 ein Architekturbüro in Berlin. Sie war Mitglied des deutschen Lyceum-Clubs, in dem sich Frauen für Frauen engagieren. In dem Zusammenhang plante sie auch ein Frauen-Krankenhaus sowie zwischen 1914 und 1916 das Viktoria-Studienhaus „Am Knie“ in Berlin-Charlottenburg. Darüber hinaus plante sie zahlreiche Landhäuser. „Die zeichneten sich durch ein flaches Satteldach, kleine Anbauten wie Erker oder Wintergärten und individuelle Raumfolgen aus“, so Limberg.

So auch das Landhaus „Zankapfel“, das nach der Erbauung von der Offizierswitwe Jenny Grupe und ihren beiden Töchtern Adele und Margot bewohnt wurde. Ob die Damen-Dreierkonstellation den „Zankapfel“-Namen in Anlehnung an Homers Ilias hervorgebracht hat, ist allerdings nur Mutmaßung. Klar ist, dass Architektin Emilie Winkelmann viel mit den beiden Töchtern verband, die etwa in ihrem Alter und künstlerisch tätig waren. Ob sie auch das Haus mit ihren Kunstwerken schmückten, ist allerdings nicht bekannt, wie Jörg Limberg sagt. Überhaupt gebe es nur wenige Hinweise, wie das Haus ursprünglich im Inneren ausgesehen hat. Nachdem die Grupe-Schwestern um 1923/24 Potsdam verließen, wohnte wohl ein Offizier in dem Landhaus. Viel später gehörte es zur Potsdamer Filmhochschule, die dort Seminare gab und einen Anbau als Turnhalle nutzte. Heute ist davon nichts mehr zu sehen.

Über den Garten durch eine Terrassentür betreten, präsentiert das Haus einen kleinen Salon, von dem Wohnzimmer und Küche abgehen. So ähnlich muss es auch im originalen Grupe-Haus ausgesehen haben, wie Katharina Erbeldinger erzählt. Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie Eigentümerin des Hauses, seit 2010 wohnt die Familie in der Rosa-Luxemburg-Straße. „Wir haben das Haus 2007 erworben, es war damals in einem desolaten Zustand“, sagt sie. Trotzdem habe sie die Atmosphäre sofort angezogen und letztendlich überzeugt. Ein Jahr wurde dann erst einmal in die Planung investiert, Absprachen mit der Unteren Denkmalschutzbehörde getätigt. Im September 2008 wurde mit dem konkreten Umbau begonnen und dem Abriss der störenden Teile, wie Erbeldinger sie nennt. Damit meint sie etwa den Turnhallenanbau oder auch die Toiletten, die für die Filmstudenten im Haus eingebaut wurden. Hinweise zum Decord oder Aufbau des Hauses gab es nur wenige. „Die Treppe war zum Teil noch erhalten“, so Erbeldinger und zeigt auf das geschwungene Geländer. Gerade für dieses Original sei sie sehr dankbar, da der besondere Schwung in den Kurven sehr besonders sei. Auch die für ein Landhaus so typische Öffnung der Treppe in das Wohnzimmer habe Aufschluss über die Gestaltung des Hauses gegeben.

Darüber hinaus gaben Wandschränke im Obergeschoss Auskunft darüber, welche geometrischen Muster im Haus eventuell dominant waren. Die halbgeöffneten Kreise auf den Wandschränken hat Erbeldinger dann auf den Rest der Türen im Haus übertragen lassen.

Auch die Farbgestaltung musste aus Mangel an Informationen neu abgestimmt werden, wie Malermeister Matthias Boehlke sagt. „Stilistisch orientieren sich Landhäuser an hellen, lebendigen Farben und haben oft eine Putzfassade“, erklärt er. Und so strahlen sowohl die Fassade als auch die Innenwände in freundlichen Weißtönen. Bis auf eine Wand im Wohnzimmer. Die ist nämlich in Gold gestrichen, ein Wunsch von Katharina Erbeldinger. „Gold ist ein lebendiges Material und fügt sich somit wunderbar in die Stimmung des Hauses ein“, sagt sie. Und tatsächlich: So wie ein Teil der Treppe sich an die goldene Farbe anschmiegt, wirkt sie wie immer dagewesen.

Rosa-Luxemburg-Straße 13, Salon und Garten sind von 14 bis 18 Uhr geöffnet

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