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Landeshauptstadt: „Potsdams Gastwirte haben von der Krise profitiert“

Mario Kade, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands in Brandenburg, über Probleme und Perspektiven der Branche

In Krisenzeiten wird gern gespart. Wie ist die Lage in der Potsdamer Hotellerie und Gastronomie?

Es mag vielleicht verwunderlich klingen, aber Potsdams Gastwirte haben eher von der Wirtschaftskrise profitiert. Die Deutschen sind weniger verreist und haben ihr Geld im Land ausgegeben, zum Beispiel in der Touristenstadt Potsdam. Dabei spielt die Qualität des Angebotes eine große Rolle. In der Potsdamer Hotellerie steht zwischen Januar und August 2009 einer um 4,8 Prozent geringeren Gästezahl von 234  400 Besuchern ein längerer Aufenthalt gegenüber. Er stieg mit 560 913 Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr leicht an.

Eine Branche ganz ohne Schwierigkeiten?

Dann wäre ich ja als Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Land Brandenburg arbeitslos. Schon bei der Nachwuchsgewinnung fangen die Probleme an. Uns hat der Geburtenknick bereits erreicht. Ich selbst suche zum Beispiel seit drei Jahren einen Kochlehrling. Um junge Leute für Gastronomieberufe zu gewinnen, ist am 25. November – unterstützt durch die Industrie- und Handelskammer und die Oberstufenzentren – ein Ausbildungsgipfel geplant. Wir müssen mit unseren Angeboten so gut werden, dass sich der Trend umkehrt und junge Leute auch aus Süddeutschland zu uns kommen. Ab 2011 wollen wir die Freizügigkeit im Dienstleistungsgewerbe nutzen und in Polen Lehrlinge anwerben.

Hat sich die Einrichtung der neuen Potsdam-Information im Hauptbahnhof günstig auf die Branche ausgewirkt?

Wir haben generell einen guten Kontakt zur Tourismus Marketing Brandenburg GmbH, zu der ja auch der Potsdam Tourismus Service – kurz PTS – gehört. Und wenn die Information im Bahnhof seit der Eröffnung im Mai bereits 58 600 Besucher hatte und in der Brandenburger Straße laut PTS rund 700 bis 800 Gäste betreut werden, dann werden die natürlich auch immer wieder an uns als Gastwirte und Hoteliers verwiesen.

Sie haben als Restaurantchef das neu eingeführte Siegel „Potsdamer Gastlichkeit“ von Anfang an unterstützt. Hat es denn mit dem „Export“ in andere Städte und Bundesländer geklappt?

Ich bin sehr stolz darauf, dass wir inzwischen auch die Qualitätsmarke „Brandenburger Gastlichkeit“ fest verankern konnten. Diese Qualitätsplakette wird in Zukunft landesweit einheitlich vergeben. Bundesweit stehen wir an der Schwelle zur Plakette „Gastliches Deutschland“. Wir als Urzelle werden natürlich unser Aushängeschild „Potsdamer Gastlichkeit“ behalten. Wir werden als neue Kategorie nun auch noch Landgasthöfe dazu nehmen und testen lassen.

Profitiert Ihre Branche von den angekündigten Steuererleichterungen der neuen Bundesregierung?

Die Hotellerie muss ab 2010 für ihre Beherbergungsdienstleistungen nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer zahlen, aber die Gastronomiebetriebe wurden dabei leider ausgeklammert. 20 Jahre nach der Wende gibt es in Hotels und Gaststätten jedoch einen großen Investitionsstau. Wir kämpfen also weiter für sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen auch in Gaststätten. 19 Prozent Mehrwertsteuer lassen für Investitionen kaum Luft. Rechnet man dagegen, dass andere Branchen bei Investitionen neue Arbeit bekommen, wäre diese Steuersenkung gut angelegt.

Sind Sie bei der Minimierung der Gema-, Rundfunk- und Fernsehgebühren, die Hotels und Gaststätten entrichten müssen, weitergekommen?

Nein, im Gegenteil, da werden sogar Gebührenerhöhungen angedroht. Ein Hotel mit 150 Betten zahlt aber jetzt schon 25 000 Euro an Gebühren im Jahr. Der Hotelgast wird dadurch doppelt belastet. Er entrichtet seine GEZ-Gebühren ja schon zu Hause, auch für die Urlaubszeit. Wir kämpfen jetzt zumindest für eine Obergrenze der GEZ-Gebühren.

Das Interview führte Hella Dittfeld

Mario Kade wurde in diesem Jahr zum Präsidenten des Hotel- und Gaststättenverbandes Brandenburg (Dehoga) gewählt. In Potsdam führt Kade seit 1997 das Restaurant „Am Pfingstberg“.

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