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Ideen. Eine Woche lang sollen 80 Plakate zur Diskussion über die Zukunft der Stadt motivieren. Am Mittwoch enthüllte Oberbürgermeister Jann Jakobs die ersten Exemplare vor dem Rathaus.

©  Andreas Klaer

Bürgerdialog zum Leitbild: Potsdam weiterreden

Ob der Bürgerdialog zum Leitbild für die Zukunft Potsdams auch die Bürger erreicht, ist noch nicht klar. Die Stadt wirbt mit Plakaten für mehr Beteiligung an der zweiten Verfahrensrunde im Juni

Die Preußenkönige konnten sich ihr Potsdam so machen, wie es ihnen gefiel. Heute hat die Stadt die Bürgerbeteiligung entdeckt, wenn es um die künftige Stadtentwicklung geht. Derzeit sollen die Potsdamer unter dem Motto „Potsdam weiterdenken“ ein Leitbild für die Jahre bis 2025 mitentwickeln. 250 000 Euro lässt sich die Stadt das Verfahren kosten.

Die Stadtverwaltung ist mit der Resonanz bei den Potsdamern schon jetzt zufrieden. Vor allem die eigens eingerichtete Internetseite www.potsdam-weiterdenken.de sei gut angenommen worden, so Stadtsprecherin Christine Weber. 200 Potsdamer haben an Veranstaltungen in den Stadtteilen teilgenommen. Insgesamt kamen bei den Stadtdialogen per Post und online 2100 Beiträge zusammen, so Weber.

Da die Nutzer auf der Seite auch als Gast kommentieren konnten, kann man von der Zahl der Beiträge nicht auf die Anzahl der Teilnehmer schließen. Selbst wenn hinter jedem Beitrag ein anderer Bürger stecken würde, wären es weniger als 1,5 Prozent der Stadtbevölkerung. Von reger Beteiligung könne man angesichts dieser Zahlen nicht sprechen, meint Oliver Wiedmann, Landesvorstandssprecher vom Verein „Mehr Demokratie“. Der Verein setzt sich bundesweit für mehr Bürgerbeteiligung und direkte Demokratieformen ein. Allerdings komme es nicht unbedingt auf die Quantität, sondern auf die Qualität der Beiträge an. Ein formales Legitimationsproblem gebe es nicht, da die Ergebnisse von Beteiligungsverfahren ohnehin noch den Stadtverordneten vorgelegt würden. Und die könnten sie im Zweifel auch ablehnen.

Problematisch sei bei dialogorientierten Verfahren wie beim Leitbild etwas anderes: Der Zeitaufwand sei groß und die Informationshürden für eine wirksame Mitsprache hoch, so Wiedmann. Das begünstige gut organisierte Interessengruppen. Die Verfahren geben nur einen Ausschnitt der Bevölkerung wieder. „Das ist nicht repräsentativ“, so Wiedmann, deshalb seien die Ergebnisse ja auch unverbindlich. Eine alternative Lösung könne eine aufsuchende Bürgerbeteiligung mit zufällig ausgewählten Teilnehmern sein.

Die Stadtverwaltung sieht diese Gefahr nicht. „Die Stadt-Dialoge wurden von sehr unterschiedlichen Gruppen besucht“, so Weber. In den Diskussionsrunden seien Senioren ebenso wie berufstätige Mütter mit Kindern, Studenten oder Menschen mit Behinderungen vertreten gewesen. Überwiegend habe es sich um Potsdamer gehandelt, die nicht aus anderen Diskussionen als Vertreter bestimmter Interessengruppen bekannt seien.

Wiedmann sieht noch ein anderes Problem: „Beteiligung soll Konflikte lösen helfen“, sagt Wiedmann. Damit sich die Bürger am Ende nicht frustriert zurückziehen, sollten die Spielregeln von Anfang an klar sein, so Wiedmann. Er verweist auf die Entscheidung zum Badstandort 2012: Vor der abschließenden Bürgerbefragung verschwanden zwei von vier Vorschlägen vom Stimmzettel.

Auch wenn das Leitbild noch vage ist, zeichnen sich in den Ideen der Teilnehmer schon Schwerpunkte ab. Zu den Themen Mobilität, bezahlbares Wohnen, Stadtgestaltung, Wissenschaft und zum Miteinander in der Stadt zwischen Jung und Alt gibt es die meisten Ideen.

Was aus den Vorschlägen zum Leitbild wird, entscheidet sich im Juni. Dann will die Stadtverwaltung, die dafür einen Dienstleister engagiert hat, Themenforen auf der Freundschaftsinsel zu den von den Bürgern eingereichten Kommentaren veranstalten – die fünf bis acht wichtigsten Themen sollen dann erneut öffentlich diskutiert, vertieft und daraus erste Leitbildthesen abgeleitet werden. Einfließen sollen dabei auch 600 Wünsche von etwa 500 Kindern und Jugendlichen, die das Kinder- und Jugendbüro an sechs Potsdamer Schulen gesammelt hat. Gleichzeitig soll auch wieder online diskutiert werden.

Auf Grundlage der Thesen aus dem Juni wird im Rathaus ein Entwurf für das Leitbild erarbeitet, der in der dritten und letzten Phase im September in mehreren Werkstattgesprächen diskutiert, geändert und ergänzt wird. Das letzte Wort haben dann im November die Stadtverordneten, die das Leitbild beschließen müssen. Marco Zschieck

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