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Landeshauptstadt: Potsdam bekommt neue „EOS“

Renate Wullstein will Schule für Schulabbrecher gründen / Vorab-Projekt läuft

Renate Wullstein will Schule für Schulabbrecher gründen / Vorab-Projekt läuft Berliner Vorstadt - In Potsdam soll eine Schule für Schulabbrecher gegründet werden. „EOS“ soll die Privatschule im Künstler- und Gründerzentrum in der Seestraße 11 heißen. Am vergangenen Sonntag ist Diplomsportlerin und Schriftstellerin Renate Wullstein zum ersten Mal mit ihrem Konzept zur Gründung der freien Ersatzschule an die Öffentlichkeit getreten. Nicht mehr schulpflichtige Schulverweigerer sollen dort ihren Abschluss oder eine Berufsausbildung absolvieren können. Noch existiert die EOS nur als ungewöhnliche Idee. Die Schule ist bisher weder als Ausbildungsstätte noch als schulische Einrichtung staatlich anerkannt, auch der Schulbetrieb wird frühestens in eineinhalb Jahren beginnen. „Die Anerkennung als Ersatzschule ist Zukunftsmusik, aber wir arbeiten daran“, sagt Renate Wullstein. Die Anerkennung ist besonders für die Finanzierung der Schule wichtig. „Die Chancen dafür stehen aber schlecht“, wie sie selbst sagt. Ihr Konzept fügt sich kaum in das herkömmliche Schul- und Bildungssystem ein. Darum aber geht es Renate Wullstein auch nicht. „In unserer Schule soll nicht so viel Wissen wie möglich in einer bestimmten Frist erlangt werden, sondern es soll durch alternative und moderne Formen des Schulalltags neues Interesse an Bildung geweckt werden.“ Dabei will die Gründerin auf den klassischen Frontal- und Klassenunterricht mit striktem Stundenplan und Leistungskontrollen verzichten. Die Prüfungen für die angestrebten Schulabschlüsse fallen ebenfalls völlig aus der Reihe. „Wir wollen keine klassische Prüfungssituation herstellen, es ist eher ein Gespräch, bei dem der Schüler jedes Hilfsmittel verwenden darf.“ Die Themen und Schwierigkeitsgrade seien aber an den staatlichen Prüfungen der Länder angelehnt. Sollte sich eine Einrichtung ohne Klassenunterricht und festen Stundenplan, ohne Leistungskontrollen und Zensuren eigentlich Schule nennen? „Der Name ist unangemessen für unser Konzept“, sagt Wullstein. Auch mit der erweiterten Oberschule der ehemaligen DDR, EOS abgekürzt, hat sie nichts gemein. Wie soll der Schulbetrieb aber organisiert werden, wenn jeder kommt und geht, wann und in welches Fach er will? „Der Unterricht ist auf jeden individuell zugeschnitten. Es sollen besondere Talente, Stärken und Interessen gefördert werden“, sagt Wullstein. Es werden regelmäßig Seminare und Vorträge von Schülern und Lehrern organisiert, so die Idee. Neben den klassischen Fächern wie Mathe, Deutsch, Sport und Englisch wird Hauswirtschaft, Handwerk und Spiel unterrichtet. Es gehe vor allem auch um eine berufspraktische Orientierung, weniger um theoretische Bildung. Renate Wullstein rechnet mit stärkerem Engagement der Schüler durch das positive Lernklima. Eine weitere Hürde auf dem Weg zur staatlichen Anerkennung sind die Lehrkräfte. Die Lehrer der EOS haben allesamt keine pädagogische Ausbildung. Bis der reguläre Schulbetrieb aufgenommen wird, arbeiten Renate Wullstein und mit ihr sieben weitere „Lehrer“ ehrenamtlich für das Projekt „Schule ab 18“, das einen Eindruck von ihrer Idee gibt. Finanziert wird das Programm, das seit September 2004 und noch bis Juni 2005 läuft, vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das Ministerium bestätigte die Unterstützung des Projektes als Teil des Programms „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ (LOS), das mittels des Europäischen Sozialfonds finanziert wird. Elf Schüler sollen dabei auf einen Abschluss vorbereitet werden. Praktisch geht es auch um Lebensberatung und Orientierungshilfen. „Bisher hat sich herausgestellt, dass es kaum zu einem Schulabschluss kommt, dafür aber zur Vermittlung in Arbeit oder in die Selbständigkeit.“ Das ist möglich, weil Renate Wullstein neben persönlichen Kontakten auch Kooperationspartner in Potsdam gefunden hat.

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