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Ines Friedrich, Berlin-Brandenburgische Auslandgesellschaft.

© Andreas Klaer

PNN-Serie „Wahlweise“: „Warum macht Potsdam Europa nicht sichtbar?“

Ein Jahr vor der Kommunalwahl geben die PNN Potsdamer Vereinen und Initiativen eine Plattform für ihre Anliegen und Wünsche an die Lokalpolitik. Heute: Ines Friedrich von der Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft BBAG.

Was ist das dringlichste Projekt/Anliegen für die BBAG?
Die BBAG setzt sich für ein friedliches Miteinander unterschiedlicher Kulturen ein. Sie unterstützt Zugewanderte und Geflüchtete in der Stadt und darüber hinaus durch Sprach- und Integrationskurse sowie Projekte der Arbeitsmarktintegration oder durch die Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten.

Frank Kupferschmidt, Opole-Club Potsdam, Kilian Kindelberger, Hauptgeschäftsführer BBAG e.V., und Ines Friedrich, Potsdam-Chefin BBAG (v.l.).

© Claudia Dombrowsky/BBAG

Sie ist aber auch Trägerin der politischen und vor allem europapolitischen Bildung und unterstützt Akteure der Potsdamer Städtepartnerschaften, um die Begegnung von Mensch zu Mensch zu fördern. Dieser Blick über den Tellerrand und das Kennenlernen des „Anderen“ fördert Toleranz und regt an, auch selbst gesellschaftlich aktiv zu werden.

Wir beobachten mit großer Sorge eine immer stärkere Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft. Stereotype nehmen zu, das oder der „Andere“ wird abgestempelt, vermeintlich Schuldige für jedes Problem sind schnell ausgemacht. Populismus wird Mainstream, und komplexe Antworten sind in einer medial schnelllebigen Zeit nicht gefragt.

Bildung und Begegnung, die auch unser Verein sich zum Ziel gesetzt hat, sind ein Weg, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Doch obwohl der Aufschrei über die steigenden Umfragewerte populistischer Parteien groß ist, bleibt die Reaktion der Politik darauf aus. Die politische Bildung und die interkulturelle Begegnung fristen ein Schattendasein und freie Träger werden alleingelassen oder mit kleinteiligen Projektförderungen abgespeist. Es sind tolle Projekte, die wir auf diese Weise umsetzen können – aber um gesellschaftlich wirksam zu sein, braucht es mehr und mehr gemeinsam.

Wie sollte Potsdams Lokalpolitik das unterstützen?
Widersprechen Sie populistischen Äußerungen, lassen Sie nicht zu, dass sich Diskurse verschieben, weil die Mehrheit dazu schweigt! Unterstützen Sie die Zivilgesellschaft! Zeigen Sie Interesse! Potsdam hat zehn Partnerstädte. Wann haben Sie das letzte Mal eine davon besucht oder nachgefragt, was im Rahmen der Partnerschaft passiert? Ermuntern Sie Akteure der Stadt, Partnerschaften aufzunehmen. Fördern Sie Engagement von Lehrpersonal. Sie sind es, die es Kindern ermöglichen, Begegnung und Partnerschaft als etwas Normales kennenzulernen. Das ist so einfach – wird aber viel zu wenig genutzt.

Potsdam profitiert massiv von der EU und europäischen Fördergeldern, mit seinen Hochschulstandorten spielt die Stadt in einer international aufgestellten Hochschullandschaft vorn mit. Gäste aus aller Welt besuchen uns. Aber meinen Sie, sie finden hier eine fremdsprachige Speisekarte?

Potsdams europäisches Profil ist da, Europa wird hier gelebt – warum macht die Landeshauptstadt das nicht sichtbar? Das können die vielen Einzel-Akteure allein nicht schaffen, aber gemeinsam und mit einer sich europäisch präsentierenden Stadtverwaltung wäre dies möglich.

Was sollte die nächste Stadtverordnetenversammlung mit höchster Priorität für Potsdam umsetzen?
Die großen globalen Probleme machen vor Kommunen wie Potsdam nicht halt. Die Folgen des Klimawandels spüren wir auch hier. Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, erhoffen sich hier Sicherheit und ein Zur-Ruhe-Kommen. Unsicherheit und Spaltung spiegeln sich auch hier im gesellschaftlichen Diskurs wider und werden durch Potsdams spezifische Situation verstärkt. Wo etwa Wohnungen ohnehin knapp sind, kommt es beispielsweise schnell zum „Wir gegen die“. Auf diese großen Herausforderungen muss die Stadtpolitik reagieren, sie müssen Priorität haben.

Klimaanpassung, Integration, Wohnen, Bildung, ein gutes gesellschaftliches Miteinander – viele Konzepte und Strukturen sind schon da. Setzen wir sie gemeinsam um! Stärken Sie die Zivilgesellschaft und deren kontinuierliche Arbeit zur Unterstützung der Stadt und ihrer Verwaltung!

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