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Aus dem GERICHTSSAAL: Phantom- patienten abgerechnet Arzt-Ehepaar verursachte

rund 227 000 Euro Schaden

Aus dem GERICHTSSAALrund 227 000 Euro Schaden Eine Existenzgründung der besonderen Art wurde gestern vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts verhandelt. Weil die nervenärztliche Praxis ihres Gatten im kleinen Mahlow (LK Teltow-Fläming) nicht den gewünschten Gewinn abwarf, soll ihm die Ehefrau – niedergelassene Augenärztin mit großem Patientenstamm im Teltower Gesundheitszentrum – zwischen 1998 und 2001 eine große Anzahl ihrer im Computer gespeicherten Versichertenstammdaten zum Überspielen auf sein elektronisches Abrechnungssystem zur Verfügung gestellt haben. Daraufhin soll der Neurologe bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Brandenburg mit Sitz in Potsdam pro Quartal 500 bis 800 Leistungen an Phantompatienten abgerechnet haben. Laut Staatsanwaltschaft zahlte die KV durch diese Manipulationen im Quartal zwischen 14 000 DM und 48 000 DM an die Praxis des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie. Der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg entstand durch diese fiktiven Behandlungsfälle ein Gesamtschaden von 226 544,93 Euro. Zu Prozessbeginn ließ Dr. Detlef S. (61) über seine Verteidigerin erklären, er räume die Vorwürfe ein, ihm tue sein Verhalten Leid. Der verursachte Schaden sei inzwischen beglichen. Auch seine Ehefrau Dr. Elke S. (52) legte ein Geständnis ab. Beide baten das Gericht, bei seinem Urteilsspruch Rücksicht auf ihre berufliche Zukunft zu nehmen. Die Ängste des inzwischen im Alt-Bundesgebiet lebenden Ehepaares sind nicht unbegründet. Laut Staatsanwaltschaft könne ihm wegen seiner betrügerischen Machenschaften durchaus ein Berufsverbot drohen. „Das Geld, das ich normal verdiente, reichte nicht einmal, die Betriebskosten von monatlich 10 000 Mark zu bezahlen“, berichtete der Angeklagte. Obwohl ihm Kollegen gesagt hätten, es dauere drei bis vier Jahre, ehe die Praxis richtig ins Laufen käme, habe er schon kurz nach deren Einrichtung auf die „Finanzspritzen“ der KV zurückgegriffen. „Es war ein schlechter Ausweg.“ 1998, im Gründungsjahr seiner Praxis, habe er die Hälfte der abgerechneten Leistungen zu Unrecht kassiert, schätzte der Neurologe ein. „Später wurde es etwas weniger.“ Es sei ihre gemeinsame Idee gewesen, dem Unternehmen ihres Mannes im verschlafenen Mahlow auf die Beine zu helfen, meldete sich Dr. Elke S. zu Wort. Während sich nur knapp 4000 Personen von ihm behandeln ließen, sei ihre Augenarztpraxis in Teltow mit rund 22 000 Patienten gut gelaufen. „Ich dachte, die Kassenärztliche Vereinigung würde so viele Daten nicht überprüfen“, warf der Nervenarzt ein, der an seiner Abrechnungsmethode auch dann noch festhielt, als die KV ersten Verdacht schöpfte. Die Verhandlung wird heute mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung fortgesetzt. Mit einem Urteil ist am Freitag zu rechnen. Hoga

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