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Forscherquartier mit „internationaler Strahlkraft“: Neuer Investor für nördliche Speicherstadt gefunden

Für rund 180 Millionen Euro soll in der nördlichen Speicherstadt ein neuer Stadtteil entstehen. Die Verhandlungen mit dem neuen Investor stehen kurz vor dem Abschluss.

Von Peer Straube

Innenstadt - Die Familie von Hasso Plattner ist als Finanzier aus dem Spiel, das Konzept soll trotzdem verwirklicht werden: Für das ambitionierte Projekt eines neuen Wohn-, Handels- und Gewerbequartiers in der nördlichen Speicherstadt ist ein neuer Investor gefunden worden. Die Verhandlungen mit einem „renommierten Unternehmen“, das als Investor einspringen will, befänden sich kurz vor dem Abschluss, sagte Klaas Vollbrecht vom Projektentwickler Asenticon am Donnerstag vor Journalisten.

Wie berichtet hatte Asenticon gemeinsam mit den renommierten Architekturbüros Hilmer & Sattler und Albrecht, Tchoban Voss und Hager ein Entwicklungskonzept für die gesamte rund 24 000 Quadratmeter große Brache zwischen Langer Brücke, Leipziger Straße, den Wohnhäusern der mittleren Speicherstadt und der Havel vorgelegt. Eigentlich hatte die Pro Potsdam als Eigentümerin die Fläche nicht im Paket verkaufen wollen, um eine ähnlich massive Bebauung wie in der mittleren Speicherstadt zu verhindern – doch der Entwurf kam im Rathaus und bei der Stadtpolitik so gut an, dass Asenticon der Zuschlag erteilt wurde. Als schon alles in trockenen Tüchern schien, sprang wie berichtet allerdings die Plattner-Firma HPC Germany GmbH als Investor ab. Um das ambitionierte Konzept zu retten, wurde Asenticon eine Frist eingeräumt, um einen neuen Finanzier zu finden – offenbar mit Erfolg. Er hoffe, dass die Verträge noch in diesem Jahr unterschrieben werden können, sagte Pro-Potsdam-Chef Bert Nicke. 17 Millionen Euro will die kommunale Baugesellschaft für Potsdams letzte Innenstadtbrache in Filetlage haben.

„Das Konzept hat uns absolut überzeugt“

Er bedauere zwar den Ausstieg Plattners, so Nicke, freue sich aber, dass der Entwurf nun trotzdem verwirklicht werden könne. „Das Konzept hat uns absolut überzeugt.“ Schon im Bauausschuss war es einhellig mit Lob überschüttet worden, was in diesem streitbaren Gremium selten genug vorkommt. Worte wie „Augenweide“ waren gefallen, Ausschussmitglieder hatten von einem „sehr, sehr klugen Entwurf“ gesprochen. Um den Entwurf war bislang ein Geheimnis gemacht worden, nun haben die Projektentwickler die Details öffentlich gemacht.

Geplant ist demnach ein Ensemble aus acht einzelnen Baukörpern, deren Höhe zwischen vier und sechs Geschossen variiert und das von breiten Grünzügen durchzogen wird. Auf Staffelgeschosse sei bewusst verzichtet worden, um ein optisch ansprechenderes Erscheinungsbild zu bekommen, erklärte Vollbrecht. Die Architektur ist vielfältig, manche der Gebäude nehmen sogar Bezug zum Namen des Areals und erinnern an die Speicherarchitektur des späten 19. Jahrhunderts. Die Straßenräume sind deutlich breiter als im B-Plan vorgegeben, wobei die Fahrbahnen für Autos den geringsten Teil ausmachen. Für Fußgänger und Radfahrer gibt es mehr Platz. Auch parkende Autos sollen das Bild nicht beeinträchtigen – sie verschwinden in vier Tiefgaragen mit etwa 260 Stellplätzen. Einer der architektonischen Clous ist die sogenannte Spanische Treppe – benannt nach dem berühmten Vorbild in Rom –, die zwischen geplantem Hotel und Casino von der Langen Brücke aus auf einen zentralen öffentlichen Platz führen soll, der von Cafés und Restaurants gesäumt ist. Weil Hotel und Casino prominent an der Ecke Lange Brücke/Leipziger Straße entstehen sollen, ist für deren Fassaden ein Architekturwettbewerb geplant. Für Hotel- und Spielbankbetrieb sollen derzeit auf Eis liegende Gespräche wieder aufgenommen werden. Unter anderem habe das Mercure-Hotel ebenso Interesse an einem Umzug ans andere Havelufer gezeigt wie die Spielbank in der Breiten Straße.

Kompliziert dürfte vor allem die Baulogistik werden

An den Filetlagen zur Havel sollen Wohnhäuser errichtet werden, die vor allem für Forscher, Wissenschaftler, Technologen und Angestellte im Bildungsbereich vorgesehen sind. Der nahe gelegene Wissenschaftspark auf dem Telegrafenberg, die ohnehin große Forscherdichte in Potsdam und ein Mangel an Angeboten für Gastwissenschaftler hätten den Ausschlag für dieses „Leitmotiv“ für das Quartier gegeben, so Vollbrecht. Rund 250 Wohnungen könnten dort entstehen, auch ein Boardinghaus ist geplant. Hinzu komme alles, was diese spezielle Klientel benötige – vom Friseur über Ärzte und Dienstleistungen bis hin zu diversen Freizeitangeboten. Auch Spiel- und Grillplätze sind vorgesehen. Bis zu 180 Millionen Euro, schätzt Vollbrecht, werde die Entwicklung des neuen Forscherquartiers wohl insgesamt kosten.

Kompliziert dürfte vor allem die Baulogistik werden. Denn wie berichtet will die Stadt ab 2018 den Verkehrsknoten am Leipziger Dreieck umbauen und entzerren – was im günstigsten Fall drei und im schlimmsten fünf Jahre dauern kann. Genau in dieser Zeit soll aber auch das Forscherquartier in der nördlichen Speicherstadt errichtet werden. Vollbrecht rechnet mit einem Baustart Ende 2018, vier Jahre seien für die komplette Entwicklung nötig. Erschwerend komme hinzu, dass die Stadtwerke-Tochter EWP ab Mitte 2017 für mehrere Millionen Euro neben dem früheren Heizhaus in der Speicherstadt eine Regenwasserreinigungsanlage bauen wolle. Schon jetzt sei man daher in engen Gesprächen mit Stadt und Stadtwerken, um die Baulogistik aufeinander abzustimmen.

Dass das neue Forscherquartier die Wissenschaftsstadt Potsdam weiter aufwerten und „internationale Strahlkraft“ entwickeln wird, dessen ist sich Vollbrecht sicher. Es gebe eine hohe Nachfrage nach einem solchen Angebot, auch die Universität habe Interesse gezeigt. Die Lage sei mit der Nähe zum Bahnhof ideal. P. Straube

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